Nach dem 1:0-Sieg in Kaiserslautern zieht der 1. FC Köln eine positive Halbzeitbilanz – für einen Spieler hätte es ohne Pause weitergehen dürfen
Nach Sieg in Kaiserslautern1. FC Köln geht glücklich in die Feiertage
Marvin Schwäbe hat im nun endenden Jahr eine Achterbahnfahrt hinter sich gebracht, die sogar für einen Spieler des 1. FC Köln eine besondere war. Als Stammtorwart mit Nationalelf-Ambitionen in die Saison gestartet, stieg er mit dem FC im Sommer aus der Bundesliga ab. Anschließend galt er als sicherer Wechselkandidat – so sicher, dass weder er noch die Kölner Klubführung ihn weiter als Keeper einplanten.
Dann blieb er doch, wurde zugunsten des im Sommer noch 20-jährigen Ausnahmetalents Jonas Urbig ohne weiteren Konkurrenzkampf degradiert. Um nach einer verkorksten Kölner Auftaktphase ins Tor zurückzukehren. Der Rest ist eine Erfolgsgeschichte: Seit Schwäbes Rückkehr ist Köln ungeschlagen, gewann acht von neun Partien und blieb zuletzt auswärts viermal ohne Gegentor. Nie zuvor schaffte der FC eine solche Serie auf fremdem Platz.
Die Antwort auf die Frage nach dem Warum schien somit einfach, und es war logisch, sie Marvin Schwäbe zu stellen. Doch der 29-Jährige sieht den Ursprung der Wende nicht in seiner Person. Stattdessen betonte er das Wirken der Mannschaft, die beim 1:0 in Kaiserslautern am Sonntag eine erneute Leistungsschau geboten hatte. „Die letzten Minuten waren sinnbildlich: Wie jeder alles reinhaut, wie wir alles wegverteidigen“, beschrieb der Keeper. In den Druckphasen der zweiten Hälfte hatte zwar auch Schwäbe versucht, seine Mitspieler nach vorn zu brüllen, um ein wenig mehr Befreiung zu haben. Doch echte Sorgen hatte Schwäbe nicht, dafür war Kaiserslautern zu schwach.
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Und Köln zu entschlossen in der Abwehrarbeit. Auch das ist Teil der jüngsten Erfolge: Man legt eine Ernsthaftigkeit an den Tag, die „erwähnenswert“ sei, wie Schwäbe anfügte: „Natürlich gibt es Situationen, die nicht einfach sind und in denen wir auch mal hinten drinstehen. Einfach mal verteidigen. Aber wie wir die Motivation an den Tag legen, das ist schon Extraklasse. Da gewinnen wir gern nur 1:0.“
Schwäbes Rückkehr fiel mit dem Wechsel der Formation zusammen, seitdem war Köln nicht mehr zu schlagen. „Natürlich ist es jetzt kein Fußball mehr, in dem wir vier, fünf Tore schießen. Aber wenn wir jedes Mal 1:0 gewinnen, um die Punkte zu holen, ist mir das absolut recht“, bekannte der Keeper. Die Herbstmeisterschaft sende ein klares Signal für den Rest der Saison: „Man sieht jetzt, wo wir stehen können. Wir haben jetzt alles in der Hand“, sagte Schwäbe. Ein Abschied in diesem Winter scheint dabei vorerst vom Tisch. „Jetzt bleiben wir erstmal zusammen und gucken, was noch geht im kommenden halben Jahr. Dann schauen wir weiter“, sagte er, bevor er sich in den Familienurlaub verabschiedete: „Es ist schön, so zu überwintern.“
Markus Anfang kennt eine sehr vergleichbare Kölner Situation. Auch der jetzige Trainer des 1. FC Kaiserslautern musste in seiner Zeit beim FC das favorisierte Spielsystem anpassen, um erfolgreich zu sein. Dass er nun gegen eine Kölner Mannschaft verlor, die nicht auf den Betzenberg gestiegen war, um einen Schönheitspreis mitzunehmen, machte ihn nicht gerade glücklich. Der Heimersdorfer zeichnete das Bild eines Gegners, der sich hinten reingestellt hatte – und angesichts einer Kölner Ballbesitzquote von 33 Prozent im zweiten Durchgang lag Anfang gar nicht falsch. „Köln ist hauptsächlich über Umschaltmomente gekommen, das war uns aber klar. Wir hatten die Kontrolle, wir haben permanent auf ein Tor gespielt“, sagte Anfang. Musste allerdings einsehen, dass Köln die klar besseren Torchancen gehabt hatte.
Gerhard Struber hatte zuvor den Pressesaal im Kaiserslauterer Stadion mit einer weiteren Aufführung seiner Hochenergiesprache beglückt. Der Österreicher kann sich in einen heiligen Ernst steigern, wenn er über die Erfolgsfaktoren seiner Mannschaft spricht. „Es ist ein hartes Rennen, im Moment sind wir ganz vorn. Es erhöht den Anspruch, den Standard nach oben zu treiben und besser zu werden, um die Wahrscheinlichkeit des Siegens zu erhöhen“, sagte er mit geballten Fäusten. Im Herbst sei „ein mittleres Erdbeben auf uns zugedonnert“, beschrieb Struber, und man traute sich kaum, nach links zu Markus Anfang zu schauen, der mit verschränkten Armen dasaß, als überlegte er, einfach aufzustehen und zu gehen.
Doch Struber war nicht nur Gast, sondern auch Sieger. Und Sieger dürfen fast alles. Also blickte der Kölner Trainer noch einmal zurück auf die Tage des Donners, denen eine stabile Schönwetterphase gefolgt war. „In Krisenmomenten kann man jammern und ins Tal der Tränen fallen. Oder man sieht es als Chance. Wir haben es mit einem unglaublichen Schulterschluss hingekriegt. Haben technisch-taktisch ein paar Dinge angepasst, haben einen Erfahrungszufluss gehabt in der Startelf. Da haben mehrere Zahnräder ineinandergegriffen. Das waren keine Magic Moments, sondern die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit. Das hat uns geholfen – und die gute Energie der Burschen und ihr Glaube an ihre Stärken. Das hat uns bewegt, die Spiele zu gewinnen“, fasste Struber zusammen.
Und um den Kreis zu schließen, blickte er auf den Saisonbeginn zurück. „Der Sommer war nicht einfach. Den Abstieg wegzustecken, das war für viele ein Prozess. Alle haben gemeinsam dazugelernt“, formulierte Struber.
Florian Kainz, Österreicher aus dem wunderschönen Graz, wird die Feiertage in Köln verbringen, was ja auch ein Zeichen ist. Für den Kapitän der Abstiegsmannschaft, der sich im Sommer schwer am Fuß verletzte und zuletzt wieder in die Spur fand, war es ebenfalls eine schwierige Phase – mit eindeutiger Tendenz. „Es war jetzt nicht das beste Spiel zum Anschauen. Aber es gibt uns schon ein gutes Gefühl, dass wir als Winterkönig in die Pause gehen. Es gibt uns den Glauben, dass unser Spiel funktioniert. In den letzten Minuten haben wir es gut runtergespielt“, sagte der Familienmensch, dessen Lust am 1. FC Köln eindeutig zurück ist: „Ich freue mich auf die freien Tage. Aber wie es gelaufen ist, hätte es auch gern weitergehen können.“