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Neue Kölner Möglichkeiten mit SchmiedGerhard Struber denkt über die Viererkette nach

Lesezeit 4 Minuten
Gerhard Struber wechselte erfolgreich den Torwart und seine Abwehr-Formation. Dennoch denkt der Trainer darüber nach, zur Viererkette zurückzukehren.

Gerhard Struber wechselte erfolgreich den Torwart und seine Abwehr-Formation. Dennoch denkt der Trainer darüber nach, zur Viererkette zurückzukehren.

Mit dem Torwart wechselte Gerhard Struber im Herbst auch die Formation, dennoch denkt er über die Viererkette nach

Der 25. Oktober markierte einen Umkehrpunkt in der Kölner Zweitliga-Saison 2024/25. Nach dem 1:2 in Paderborn und dem Sturz auf Rang 10 sah Gerhard Struber die Zeit für grundsätzliche Veränderungen gekommen. Der Trainer stellte auf eine Fünfer-Abwehrkette um. Außerdem entband er Jonas Urbig von seinen Aufgaben als Stammtorwart. Marvin Schwäbe kehrte ins Tor zurück, das Kölner Spiel veränderte sich maßgeblich. Und auch die Resultate stimmten plötzlich: Nach neun Siegen in den folgenden elf Pflichtspielen stehen die Kölner auf einem Aufstiegsplatz und im Viertelfinale des DFB-Pokals.

Zu den Folgen der Umstellungen gehört auch, dass Struber dem 1. FC Köln einen neuen potenziellen Vereinsmythos geschaffen hat. Schließlich weiß niemand, wie die Saison und damit Urbigs Karriere verlaufen wäre, hätte Struber nur die Formation gewechselt und die Hierarchie im Tor belassen. Man wird es nie herausfinden, denn auch das war eine Folge der Anpassungen im vergangenen Herbst: Jonas Urbig wechselte in dieser Woche zum FC Bayern. Sollte der gebürtige Euskirchener beim Rekordmeister zur Weltkarriere ansetzen, wird eines Tages noch über die Monate zu sprechen sein, in denen er als 21-jähriger Torwart des Absteigers 1. FC Köln einmal 20 Treffer in zehn Spielen kassierte.

Urbig wird vorerst nicht ins FC-Tor zurückkehren und daher nicht erleben, dass vor ihm eine Kölner Fünferkette verteidigt. Statistisch steht jedenfalls fest, dass die veränderte Ausrichtung einen Effekt hatte, für den der Torhüter nur bedingt etwas konnte: Seit Schwäbes Rückkehr hat sich die Zahl der gegnerischen Schüsse auf das Kölner Tor fast halbiert. Daran mögen Schwäbes Fähigkeiten in der Anleitung seiner Abwehr ihren Anteil gehabt haben. Doch eine derartige Reduzierung liegt nie allein im Wirken des Keepers. Der FC steht mit Fünferkette deutlich besser.

Allerdings hat Schwäbe auch deutlich besser gehalten als Urbig. Das ergibt sich aus den xG-Werten. Diese Kennzahl gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein bestimmter Schuss zu einem Tor führt und wird mit Millionen vergangener Abschlüsse verglichen. Ein Algorithmus schätzt dann die Trefferwahrscheinlichkeit zwischen 0 und 1.

Zunächst einmal hat sich die Zahl der statistisch zu erwartenden Gegentore mit Marvin Schwäbe signifikant verringert. In den ersten zehn Saisonspielen, in denen Jonas Urbig das Kölner Tor hütete, betrug der xG-Wert für die Gegner insgesamt 15,1. Tatsächlich kassierte Urbig jedoch 20 Gegentore und damit rund 30 Prozent mehr, als angesichts der Qualität der gegnerischen Torchancen statistisch zu erwarten gewesen wären. Mit Schwäbe im Tor sank der Wert auf 6,4 erwartbare Gegentore in neun Partien. Tatsächlich kassierte Köln in diesen Spielen aber nur vier Treffer, die Ergebnisse waren nun nicht mehr schlechter, sondern besser als statistisch zu erwarten – und zwar um rund 38 Prozent.

Am vergangenen Samstag nahm Gerhard Struber eine weitere Veränderung seiner Defensive vor. Gegen Elversberg (1:0) debütierte Joel Schmied in der Dreierkette. Der Schweizer war vor zwei Wochen vom FC Sion nach Köln gekommen. „Wenn man zu Null spielt, war es ein guter Einstieg. Es gibt Details, die wir noch abstimmen müssen“, sagte der 26-Jährige in dieser Woche. Die Abwehrleistung sei „für den Anfang sehr solide“ gewesen: „Ich bin froh, dass ich die Verantwortung in der Mitte übernehmen darf.“

Speziell in der Dreierkette unterstreicht die Halbverteidiger-Position die Spielidee noch einmal mehr. Man braucht eine gewisse Zeit, um da reinzuwachsen
FC-Trainer Gerhard Struber

Tatsächlich schien es kühn von Gerhard Struber, den neuen Mann gleich im Zentrum aufzubieten und die erfahrenen Timo Hübers und Dominique Heintz an Schmieds Seite zu stellen. Doch der Österreicher hatte ganz andere Gedanken, als seinem neuen Spieler gleich die maximale Verantwortung aufzubürden. Im Gegenteil: „Speziell in der Dreierkette unterstreicht die Halbverteidiger-Position die Spielidee noch einmal mehr. Man braucht eine gewisse Zeit, um da reinzuwachsen. Wir wollten ihn nicht in eine Situation bringen, in der die Spielidee interpretiert werden muss“, beschrieb der Trainer.

Schmied bringe Faktoren ein, die ihm im Zentrum helfen: „Er kann was ablaufen, weil er Tempo hat. Und er kann unsere Halbverteidiger über seine technische Qualität gut ins Tempo bringen“, erklärte Struber. Doch in den Augen des Trainers ist in einer Fünferkette nicht der Mann in der Mitte der Chef. Es sind die beiden Spieler auf den Halbpositionen. Und zwischen denen war Schmied gut aufgehoben, nannte Hübers und Heintz nach der Partie „unglaubliche Leader“.

Marvin Schwäbe blickt auf eine beeindruckende Zwischenbilanz, der Torhüter hat sich seinen Stammplatz zurückerobert.

Marvin Schwäbe blickt auf eine beeindruckende Zwischenbilanz, der Torhüter hat sich seinen Stammplatz zurückerobert.

Der Plan seines Trainers ging damit auf. „Er saugt die Dinge auf wie ein Schwamm, er lernt sehr schnell“, sagte Struber am Donnerstag über Schmied, und weiter: „Ich gehe davon aus, dass er früher oder später in dieser Halb-Position, aber auch als Innenverteidiger einer Viererkette die Dinge dann so bewerkstelligt, wie wir uns das gemeinsam vorstellen.“

Womit der Coach einen interessanten Hinweis auf seine weiteren Planungen gab. Denn während ein Wechsel im Tor zurück zu Jonas Urbig ausgeschlossen ist, scheint eine Rückkehr zur Viererkette denkbar. Was wiederum eines Tages bei der Beantwortung der Frage helfen könnte, woran es nun gelegen hat: am Torwart? Oder an der Formation?