Der Schweizer war gleich im ersten Spiel Chef der Kölner Abwehr und rührte seinen Vater zu Tränen
Sofort in der ChefrolleFC-Zugang Joel Schmied überzeugt und rührt seinen Vater zu Tränen
Nach dem Debüt in Müngersdorf fiel Joel Schmied seinem Vater in die Arme. Der war übers Wochenende nach Köln gereist, „er wollte miterleben, wenn sich sein Sohnemann seinen Lebenstraum erfüllt. Er ist halber Deutscher, fühlt den Fußball mit. Ich hoffe, ich konnte ihn am Wochenende mit Stolz erfüllen“, beschrieb Schmied nach dem Training am Mittwochmittag. Schmied Senior war vom Auftritt seines Sohnes gerührt. „Er musste weinen. Wir haben uns innig umarmt, zehn Sekunden lang. Und beide realisiert, dass mein Traum wahr geworden ist“, sagte Schmied, der Jüngere.
Der größte Traum bleibe zwar die Bundesliga. Doch auch so war das erste Spiel seit seinem Wechsel vom FC Sion zum 1. FC Köln ein besonderer Moment. „Es war ein unglaubliches Gefühl. Ich komme aus der kleinen Schweiz, das größte Stadion dort fasst etwas mehr als 30.000 Zuschauer und ist selten ausverkauft. Jetzt vor 50.000 Menschen zu spielen, die auch noch abgehen: Das ist der größte Unterschied zur Schweiz.“ In Köln erhalte ein Fußballer die direkte Rückmeldung der Massen. „Hier merkt man, wenn man eine Aktion wegverteidigt hat oder wir in den gegnerischen Sechzehner kommen. Da geht das Stadion ab, da bekommt man fast Tinnitus. Das pusht einen, auch wenn man schwere Beine hat. Es ist unglaublich.“
Große Verantwortung von Anfang an
Das 1:0 über die SV Elversberg löste zwar keine Jubelstürme aus. Aber für den 26-Jährigen war es „ein guter Einstieg. Es gibt aber noch Details, die wir abstimmen müssen“. Trainer Gerhard Struber hatte schon im Vorlauf der Partie festgestellt, er sehe in Schmied einen Kandidaten für alle Positionen in der Abwehr. Dass er Schmied dann gleich die Zentrale der Dreierkette anvertraute, kam trotz der Trainingseindrücke überraschend. „Bei den Transfergesprächen war ein Thema, dass Köln flexible Verteidiger braucht, die links, rechts und in der Mitte spielen können. Am Ende entscheidet der Trainer im Büro, wer für welche Position am besten geeignet ist. Ich bin froh, dass ich die Verantwortung übernehmen durfte.“ Struber war insgesamt zufrieden mit seiner Entscheidung. „Ich habe viele Dinge gesehen, die mich sehr zuversichtlich stimmen. Er adaptiert schnell“, sagte der Trainer.
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Es war Teil des Profils, in der Winter-Transferphase einen schnellen Lerner zu holen. Einen Spieler zudem, der als Kapitän des FC Sion bereits seine Führungsqualitäten unter Beweis gestellt hatte. „Er ist sehr stabil und giftig im Zweikampf. Er ist sehr kommunikativ“, beschied Torhüter Marvin Schwäbe, wie Schmied ein Mann, der es versteht, seinen Vorder- und Nebenleuten Halt zu geben.
Zwar rannte Kapitän Timo Hübers den neuen Kollegen in der zweiten Halbzeit einmal über den Haufen. Doch darüber konnte Schmied am Mittwoch schon wieder lachen. Überhaupt gelang die Zusammenarbeit mit Hübers und Dominique Heintz ordentlich, wenngleich nicht alles perfekt lief. „Ich kenne die beiden noch nicht so gut. Aber sie sind unglaubliche Leadertypen, die mir mit ihrer Erfahrung helfen“, erklärt Schmied.
Nach zwei Wochen am Geißbockheim hat Schmied die entscheidenden Unterschiede zur Schweiz bereits erkannt. 80 Spiele absolvierte er für Vaduz und den FC Sion in der Super League. „Wir spielen in der Schweiz einen sehr ähnlichen Fußball. Aber weniger davon: Weniger Intensität, weniger Sprints, weniger Kilometer. Das ist aber etwas, das man gut trainieren kann. Ich hoffe, dass ich mich da bald adaptiere“, sagte er: „Jeder will laufen, jeder ist schnell. Ich muss mich vielleicht mal ein paar Sekunden länger erholen als ein Dauerbrenner wie Jan Thielmann. Aber das kommt Schritt für Schritt.“
Persönlich habe er einen angenehmen Start gehabt. Der Sauerbraten in einem traditionellen Kölner Restaurant habe „wunderbar“ geschmeckt, mit seinem Vater habe er am Wochenende „ein bisschen Touriprogramm gemacht“, der Vater absolvierte sogar eine Stadionführung und weiß also nun, wo der Sohn sich umzieht. Joel Schmied genießt den Zauber des Anfangs. „Was ich bisher gesehen habe, ist sehr, sehr cool.“
Menschlich haben sich seine Hoffnungen damit erfüllt. „Die Leute sind interessiert an meinem Leben, stellen Fragen. Es gibt einem ein gutes Gefühl, wenn man merkt, dass sich die Menschen für einen interessieren. Das möchte ich gern zurückgeben“, sagt er.
Am Samstag (13 Uhr) in Braunschweig wird Schmied erneut im Kölner Abwehrzentrum wirken. Viel weiß er noch nicht über den Gegner, kennt aber aus der Vorbereitung auf die Partien in Hamburg und gegen Elversberg die Qualitäten der Kölner Video-Analysten. Er kenne die Braunschweiger bislang nur aus den Zusammenfassungen der „Sportschau“, und auch vom FC wusste er vor seinem Wechsel nicht viel. Hanspeter Latour (77), fiel ihm ein, wie Schmied ein Mann aus dem Kanton Bern und im Jahr 2006 als FC-Trainer angestellt. Latours sportlicher Erfolg blieb damals überschaubar, doch menschlich setzte der Mann aus dem Berner Oberland am Geißbockheim Maßstäbe. Es wäre ein gutes Zeichen, würde sich Schmied seinen Landsmann zum Vorbild nehmen wollen.
Sein weiteres Wissen über den FC hat Schmied aus dem Fernsehen. Jonas Hector fällt ihm ein, und etwas sehr Grundsätzliches: Köln sei „ein Traditionsverein, der nicht den Luxus zelebriert, sondern die Arbeit. Ich mag diese Leidenschaft, die absolute Unterstützung“, sagt der Verteidiger – offenbar hat Sportchef Christian Keller den 1. FC Köln gut verkauft. Und dann ist da noch Hennes, das lebendige Maskottchen. Die Nennung des Geißbocks bringt Schmied in Fahrt. „Meine Freundin und ich feiern den übertrieben und wollen ihn ganz bald im Zoo besuchen“, sagt er fröhlich, schränkt dann aber beinahe vorsichtig ein: „Ich habe nur gehört, er stinkt extrem. Aber das nehmen wir dann gern in Kauf.“