Auf Schultz wartet in Köln eine große Aufgabe. Als „Feuerwehr-Mann“ sieht sich der 46-Jährige nicht. Er ist vom Klassenerhalt überzeugt.
Neuer Trainer Timo Schultz„Wenn der 1. FC Köln anruft, muss man nicht lange überlegen“
„Ich bin sicher nicht Steffen Baumgart 2.0“, sagte Timo Schultz während seiner Vorstellung am Donnerstagnachmittag am Geißbockheim, rund zweieinhalb Stunden nach seiner ersten Einheit als neuer Cheftrainer des Bundesliga-Vorletzten 1. FC Köln.
Er sei sogar, „weit davon entfernt“, sein Vorgänger Baumgart habe schließlich beim FC „fantastische Arbeit geleistet und richtig viel bewegt. Doch wenn ich nur die alten Kapitel lesen würde, könnte ich kein neues schreiben. Wir hoffen, dass wir hier gemeinsam jetzt auch schöne Dinge erleben“, sagte Schultz.
Dass der 46-Jährige in der Tat anders als Baumgart ist, war schon während des Trainings zu beobachten. Und zu hören. Baumgarts Ansagen und Kommandos hatte man oft schon vom Parkplatz am Grüngürtel aus vernommen. Schultz war zwar wahrlich auch nicht still, beließ es aber erst einmal bei motivierenden Zwischenrufen und klaren Ansagen. Doch der neue Mann muss ja auch gar nicht wie Baumgart ticken.
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1. FC Köln: Timo Schultz muss schwierige Aufgabe erfüllen
Schultz tritt aber nicht nur in große Fußstapfen, denn sein Vorgänger Baumgart, von dem sich der 1. FC Köln am 21. Dezember getrennt hatte, war nicht nur äußerst populär, sondern auch zwei Jahre lang sehr erfolgreich.
Schultz hat vor allem eine heikle, äußerst schwierige Mission zu erfüllen: Der Norddeutsche soll den abgestürzten 1. FC Köln retten und zum Klassenerhalt führen. Mit einer Mannschaft, die in 16 Bundesligaspielen nur zehn Punkte geholt und zehn Treffer erzielt hat. Und die nach dem Cas-Urteil und der Transfersperre nicht mehr verstärkt werden kann. Und das alles in einem Klub, in dem es mal wieder äußerst unruhig zugeht, in dem es zuletzt viele personelle Veränderungen gab. Es gibt wahrlich leichtere Aufgabe, für viele ist es der aktuell schwierigste Job in der Bundesliga überhaupt.
Schultz geht die Aufgabe dennoch zuversichtlich an: „Ich bin zu 100 Prozent vom Klassenerhalt überzeugt“. Der FC habe trotz des Tabellenplatzes und der Transfersperre weiterhin eine gute Mannschaft zusammen und genügend Qualität, das Ziel zu erreichen.
Timo Schultz: „Ich möchte etwas entwickeln“ beim 1. FC Köln
Über die Vertragslaufzeit hüllten sich der Klub und Sport-Geschäftsführer Christian Keller in Schweigen. Doch nach Informationen dieser Zeitung hat der gebürtige Ostfriese keinen Vertrag für die 2. Bundesliga. Bleibt er allerdings mit den Kölnern in der Liga, verlängert sich der Kontrakt offenbar automatisch.
Schultz sagte bei seiner Vorstellung: „Ich möchte etwas entwickeln. Ich bin ganz sicher kein typischer Feuerwehr-Mann.“ Als der FC angefragt hatte, habe er nicht lange grübeln müssen. „Wenn der 1. FC Köln anruft, muss man nicht lange überlegen. Das Gesamtpaket aus Mannschaft, Standort, Stadion und Fans hat schon eine Anziehung auf uns Trainer. Klar, man beschäftigt man sich mit der Tabellensituation oder der Transfersperre. Ich habe die Überzeugung, dass wir eine gute Mannschaft haben und dass wir die Situation drehen können.“
FC-Sportchef Keller ist von Timo Schultz überzeugt
Sportchef Keller blickte auf „eine große Aufgabe“ in den kommenden „Tagen, Wochen und Monaten“ voraus. Schultz bringe „die Persönlichkeit und die Kompetenz mit, um das Leistungspotenzial unserer Mannschaft zu heben. Timo konnte eindrücklich belegen, dass er in ganz vielen Punkten auf unser Anforderungsprofil passt. Er ist überzeugt, den Klassenerhalt zu schaffen.“
Zwei Wochen gingen ins Land, bis Keller den neuen, bis dato vertragslosen Cheftrainer präsentieren konnte. Er sei aber nicht der Meinung, dass dies zu lange gedauert haben. „Wir haben mit mehreren Kandidaten gesprochen, darunter waren viele tolle Trainer. Ich bin froh, dass der Kandidat, den wir haben wollten, jetzt auch hier sitzt.“ Bis zuletzt waren Matthias Kohler (zuletzt Volendam), Thomas Stamm (SC Freiburg II), Christian Ilzer (Sturm Graz) und Bo Henriksen (FC Zürich) gehandelt worden, nicht aber der nun vorgestellte FC-Coach.
1. FC Köln: Das ist Timo Schultz
Schultz war Profi und Publikumsliebling beim FC St. Pauli, dort sammelte er ab 2011 auch erste Erfahrungen als Co-Trainer sowie im Nachwuchsbereich. Er betreute ab 2020 hauptverantwortlich die Profis der Hamburger, in zweieinhalb Jahren zeigte die Mannschaft höchst wechselhafte Leistungen. Im Winter 2021 war St. Pauli mit teilweise begeisterndem Fußball Herbstmeister der 2. Bundesliga. Ein Jahr später verließ der Ex-Profi das mittlerweile abstiegsgefährdete Team, mit dem sein Nachfolger Fabian Hürzeler, der zuvor der Co-Trainer von Schultz war, nun so großen Erfolg hat.
Im vergangenen Sommer heuerte Schultz dann beim FC Basel an. Schon Ende September musste er bei den Schweizern wegen der unbefriedigenden Punktausbeute aber wieder gehen. Beim tief gefallen, hoch verschuldeteten Schweizer Traditionsklub hatte er aber mit chaotischen Verhältnissen zu kämpfen. So gingen vor der Saison 22 Spieler, 24 kamen – das ist in der Schnelle der Zeit kaum händelbar.
Es folgten wenig schmeichelnde Worte nach der Trennung. Der FC Basel habe sich in einer sportlichen Krise befunden, „in der es dem Trainer nicht gelang, den absoluten Siegeswillen auf die Mannschaft zu übertragen“, teilte Klub ungewöhnlich scharf mit und fügte an, dass trotz der Veränderungen im Kader sowohl „ein internationales Weiterkommen, als auch ein viel besserer Saisonstart nicht nur möglich, sondern zwingend gewesen wäre.“ Schultz stand am Donnerstag über den Dingen, trat selbst nicht nach, sondern bekräftigte vielmehr, dass er weiterhin ein gutes Verhältnis zu den Verantwortlichen des 20-fachen Meisters habe.
1. FC Köln: René Wagner und Uwe Gospodarek freigestellt
Schultz, dreifacher Familienvater, kommt erst einmal ohne eigene Unterstützung ans Geißbockheim. Beim FC St. Pauli wie auch beim FC Basel hatte der Coach mit Loïc Favé einen langjährigen Co-Trainer an seiner Seite, doch der 30-jährige Favé soll eine leitende Funktion im Nachwuchsleistungszentrum des Hamburger SV übernehmen. „Wir sind sehr gut aufgestellt mit zwei Co-Trainern“, sagte Schultz. André Pawlak, mit dem Schultz während der ersten Einheit bereits ausführlich sprach, und Kevin McKenna bleiben demnach im Trainerteam. Das hatte Keller bereits zuvor als „unverhandelbar“ bezeichnet.
Am Dienstag hatte der FC Baumgart-Gefolgsmann und Co-Trainer René Wagner sowie Torwarttrainer Uwe Gospodarek freigestellt, Eberhard Trautner, zuvor in der Kölner U21 tätig, hatte das Training der Keeper bereits übernommen.
1. FC Köln: Timo Schultz feiert Premiere gegen Rot-Weiß Essen
Samstag (14 Uhr) nun feiert Schultz seine FC-Premiere auf der Bank beim Testspiel bei Drittligist Rot-Weiß Essen. Eine Woche später folgt dann die Liga-Premiere im Rhein-Energie-Stadion mit dem so richtungsweisenden Spiel gegen den 1. FC Heidenheim.
Auch wenn Timo Schultz selbst erklärte, „kein Steffen Baumgart 2.0“ zu sein, so gibt es dann doch zumindest eine Parallele zwischen beiden, auch wenn man die korrekterweise wohl eher als regionalen Zufall bezeichnen müsste. Denn während Schultz Anfang der 90er Jahre als Jugendlicher in seiner ostfriesischen Heimat für TuS Esens auflief und als Mittelfeldspieler fast alles in Grund und Boden spielte, schoss der junge, fünf Jahre ältere Stürmer Baumgart im nur 27 Kilometer entfernten Aurich für die dortige SpVg Aurich Tore am Fließband.Baumgart war kurz nach der Wende von Schwerin nach Ostfriesland gewechselt.
Beide landeten danach im Profi-Fußball: Schultz erst bei Werder Bremen, dann beim VfB Lübeck, Holstein Kiel und schließlich viele Jahre bei St. Pauli. Und Baumgart erst in Rostock, dann in Wolfsburg, bei Union Berlin und oder bei Energie Cottbus.