Showdown in LausanneSportgerichtshof verhandelt Fall Potocnik – 1. FC Köln hofft auf Erfolg

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Jaka Potocnik und der 1. FC Köln hoffen auf einen Erfolg vor dem Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne.

Jaka Potocnik und der 1. FC Köln hoffen auf einen Erfolg vor dem Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne.

Der Cas soll entscheiden, ob die gegen den 1. FC Köln ausgesprochen Transfersperre Bestand hat.

Am Dienstag und Mittwoch (19. und 20. September) finden vor dem Internationalen Sportgerichtshof (Cas) in Lausanne die Anhörungen im Transferstreit zwischen Olimpija Ljubljana und dem 1. FC Köln im Fall Jaka Cuber Potocnik (18) statt. Die Kölner hoffen dabei auf eine Aufhebung der Transfersperre, die bis zur Anhörung ausgesetzt wurde. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Fall Potocnik im Überblick.

Um welches Urteil geht es?

Am 1. Februar 2023 verurteilte die Kammer zur Beilegung von Streitigkeiten des Fußball-Weltverbands (Fifa) den Stürmer Jaka Potocnik wegen Vertragsbruchs gegen seinen ehemaligen Verein Olimpija Ljubljana zu einer viermonatigen Sperre sowie zur Zahlung einer Entschädigung von 51.750 Euro. Der 1. FC Köln erhielt eine Sperre für die beiden nächsten Registrierungszeiträume.

Was war passiert?

Im Juni 2021 stattete der slowenische Spitzenklub Olimpija Ljubljana den Stürmer Jaka Cuber Potocnik mit einem Profivertrag aus. Am 23. Januar 2022 schickte Potocniks Mutter eine E-Mail an den Verein. Ihrem Sohn seien individuelle Trainingseinheiten sowie die zeitnahe Eingliederung in den Betrieb der Profis zugesichert, diese Versprechen jedoch nicht gehalten worden. Außerdem teilte sie mit, dass eine Ausstiegsklausel für einen internationalen Transfer in Höhe von 100.000 Euro vereinbart sei. Die Abmachungen seien jedoch nur mündlich getroffen worden und nicht Teil des Vertragswerks, räumte Tina Potocnik ein.

Alles zum Thema Christian Keller

Tags darauf antwortete Olimpija, man sei sich des Potenzials des Spielers bewusst, jedoch nicht bereit, mündliche Abmachungen schriftlich nachzutragen. Der Spieler sei Teil der Zukunftsplanung des Vereins, daher sei man auch nicht bereit, einem Wechsel ins Ausland für 100.000 Euro zuzustimmen.

Am 30. Januar 2022 kündigte Tina Potocnik den Vertrag ihres Sohnes einseitig wegen der Nicht-Erfüllung von Vertragsinhalten. Einen Tag später, am letzten Tag der Transferperiode, unterschrieb Potocnik beim 1. FC Köln.

Im Juli 2022 reichte Olimpija Ljubljana Klage bei der Fifa ein. Der Spieler habe seinen Vertrag ohne rechtmäßigen Grund gekündigt. Ljubljana forderte eine marktgerechte Entschädigung und präsentierte einen Brief vom 2. Dezember 2021, in dem das Interesse von Dinamo Zagreb belegt sei, Potocnik gegen 2,5 Millionen Euro Ablöse zu verpflichten.

Wie urteilte die Fifa?

Die Fifa befand, dass die Nicht-Einhaltung der Versprechungen keinen ausreichenden Anlass zu einer fristlosen Kündigung bedeuteten. Daher habe Potocnik ohne triftigen Grund gekündigt. Der 1. FC Köln sei als Anstifter zu bestrafen, und zwar mit einer Sperre für zwei Transferperioden. Das ergibt sich aus Paragraf 17.4 des Fifa-Reglements.

Allerdings berechnete die das Tribunal die Kompensationszahlung nicht anhand der von Ljubljana ins Spiel gebrachten 2,5 Millionen Euro. Stattdessen nahm man das Gesamtvolumen von Potocniks Verträgen in Ljubljana (49.250 Euro) und Köln (54.250 Euro) als Grundlage und berechnete den Durchschnitt. So ergab sich die Summe von 51.750 Euro. Zu wenig, fand Ljubljana, und legte ebenfalls Beschwerde in Lausanne ein.

Das Urteil fiel einstimmig aus, allerdings entschieden die Richter nach Aktenlage. Zwar waren für die Fifa drei Juristen mit bemerkenswerten Lebensläufen im Einsatz. Allerdings sind Verhandlungstage am Sitz der Fifa in Zürich oft vollgepackt – und Urteile von den Fachabteilungen umfangreich vorbereitet. Es ist also möglich, dass die Richter sich nicht bis ins letzte Detail mit dem Fall auseinandergesetzt haben. Darin besteht die Hoffnung der Kölner, die sich in der mündlichen Verhandlung in Lausanne nun durch den Cas-erfahrenen Anwalt Gianpaolo Monteneri vertreten lassen, der zwar nicht jeden Fall gewinnt. Der aber helfen könnte, die Strafe wenigstens zu reduzieren.

Wie reagierte der 1. FC Köln?

Als den Kölnern das Urteil inklusive Begründung am 29. März 2022 zuging, war man am Geißbockheim vollständig überrascht. Bei Olimpija Ljubljana hatte man dagegen längst mit einem Sieg gerechnet. Denn grundsätzlich gibt die Fifa ihre Urteile sofort an die Vereine und liefert die Begründung nach. Dass zwischen Verhandlung und der Veröffentlichung des Urteils so viel Zeit verging, war für Ljubljana ein Indiz dafür, dass der kleine Verein gegen den Bundesligisten gewonnen hatte und die Fifa daher das Urteil erst herausgeben würde, wenn die Begründung verfasst ist. Die Höhe der Strafe ergab sich aus den Statuten, entsprechend überrascht reagierte wiederum Olimpijas Spitze um Anwalt Christian Dollinger auf die Reaktionen aus Köln.

Wie fielen die aus?

FC-Geschäftsführer Christian Keller befand, die Fifa habe eine Strafe verhängt, die „drakonischer kaum geht“. Man sei „massiv überrascht“, das Urteil „ohne jede Grundlage“ und eine „Farce“. Was objektiv nicht der Wahrheit entsprach.

Wie ist nun der Stand?

Nachdem der Cas die Strafe Ende Mai ausgesetzt hatte, durfte der FC im Sommer auf dem Transfermarkt aktiv werden. Allerdings droht nun die Sperre für die Registrierungsphasen im Winter 2023/24 und Sommer 2024. Potocnik ist mittlerweile 18 Jahre alt, hat aber auch in Köln noch nie mit den Profis trainiert. Beim aktuellen slowenischen Doublesieger war das für den damals 16-Jährigen einer der Gründe für die fristlose Kündigung. In Köln ist er offenbar geduldiger.

Wer will nun was?

Olimpija verlangt eine erhöhte Entschädigungszahlung in Höhe von 2.507.200 Euro sowie 69.972,60 Euro Ausbildungsentschädigung. Der 1. FC Köln beantragt die Aufhebung der Entscheidung. Potocnik beantragt, dass die sportlichen Sanktionen aufgehoben werden und die Entschädigung nicht höher ist als die 51.750 Euro aus dem Fifa-Urteil.

Der Sitz des Internationalen Sportgerichtshofes im schweizerischen Lausanne.

Der Sitz des Internationalen Sportgerichtshofes im schweizerischen Lausanne.

Welche Zeugen sind benannt?

Andy Bara (40), Spielervermittler, der zuletzt den Transfer von Josko Gvardiol aus Leipzig zu Manchester City eingefädelt hat, soll im Dezember 2021 die Offerte von Dinamo Zagreb übermittelt haben. Olimpijas Führung um den Münchner Unternehmer Adam Delius sowie den Wirtschaftsanwalt Christian Dollinger und Geschäftsführer Igor Barisic wird ebenfalls nach Lausanne reisen. Die Kölner haben Olimpijas ehemaligen Präsidenten Milan Mandaric als Zeugen benannt. Der mittlerweile 85-jährige Serbe soll Potocnik beim Vertragsschluss besagte Versprechen gegeben haben. Ebenso soll der damalige Kölner Interims-Sportchef und aktuelle Vorstandsberater Jörg Jakobs (52) gehört werden, dazu der damalige FC-Nachwuchschef Matthias Heidrich. FC-Geschäftsführer Christian Keller und Vizepräsident Carsten Wettich werden nach Lausanne reisen.

Wer wird das Urteil fällen – und wann?

Bis zum Urteilsspruch können mehrere Wochen vergehen, vielleicht sogar Monate. Die Namen der beteiligten Richter sind nicht öffentlich einsehbar. Auf der offiziellen Liste des Cas stehen derzeit 349 Richter aus rund 80 Ländern. 168 dieser Richter sind für Verhandlungen im Fußball vorgesehen. Die Hoffnung der Kölner dürfte sein, ein Urteil vor der Winter-Transferphase zu erhalten – und nur für den Winter 23/24 gesperrt zu werden.

Wie sind die Aussichten, vor dem Cas gegen ein Urteil der Fifa vorzugehen – und gäbe es eine weitere Instanz?

Von 61 Schiedssprüchen des Cas im Jahr 2022 hoben nur acht das Fifa-Urteil auf. Da das Cas seinen Sitz in der Schweiz hat, können seine Urteile ausschließlich durch das Schweizer Bundesgericht aufgehoben werden. Mehr als 80 Prozent der Berufungen gegen Cas-Entscheidungen werden durch das Bundesgericht aber gar nicht erst zugelassen. In unter drei Prozent der Fälle wird einer Berufung stattgegeben. Wer also vor dem Cas verliert, hat grundsätzlich verloren.

Für den finanziell und auch sportlich angeschlagenen 1. FC Köln bedeutet das Verfahren möglicherweise eine Zäsur. Wie geht der Verein damit um?

Angesichts der Zeugenliste scheint man beim 1. FC Köln weiter darauf zu setzen, dass Jaka Potocniks Kündigung berechtigt war – und will das in der mündlichen Verhandlung in Lausanne überzeugend darlegen. Der Verein selbst schweigt seit Monaten mit Verweis auf ein „laufendes Verfahren“.


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