Vor vier Jahren holt Pal Dardai Davie Selke nach Berlin, am Freitag tritt Selke mit dem 1. FC Köln gegen Dardais Hertha an.
Wiedersehen in MüngersdorfPal Dardai holte FC-Stürmer Selke einst zu Hertha BSC
Pal Dardai erinnert sich gut an den Tag, an dem er Davie Selke kennenlernte. Herthas damaliger Sportchef Michael Preetz hatte in einen VIP-Saal des leeren Olympiastadions geladen. Selke kam mit seinem Vater, und Dardai wunderte sich: Derart jung wirkte Selke Senior, dass er ihn glatt für den großen Bruder hielt. „Aber es war tatsächlich der Vater“, berichtet Dardai, der im Jahr 2017 Trainer von Hertha BSC war und es neuerdings wieder ist. „Zwischen Davie und mir hat es vom ersten Gespräch an funktioniert. Er soll ein Tor gegen uns machen, wir gewinnen 2:1 – danach können wir schön ein Bier trinken“, sagt Dardai.
Vor einer Woche gewannen die Berliner den Thriller gegen den VfB Stuttgart 2:1. Die Hauptstädter stehen zwar weiterhin auf dem letzten Tabellenplatz, doch die Relegation ist nur noch drei Punkte entfernt. „Vier Siege aus vier Spielen – wir ziehen das weiter durch“, bekräftigte Dardai in dieser Woche. Der Trainer will ein Wunder vollbringen: Seit Eintracht Frankfurt in der Saison 1998/99 ist es keiner Mannschaft mehr gelungen, innerhalb der letzten vier Saisonspiele sechs Punkte Rückstand aufzuholen.
Dardai ist zurück bei der Hertha, Selke hat sich nach Köln verabschiedet
Anders als Dardai ist Davie Selke nicht mehr in Berlin, der Stürmer spielt seit diesem Winter für den 1. FC Köln, der die Hertha am Freitagabend (20.30 Uhr) in Müngersdorf empfängt. Dardai denkt gern an die Jahre zurück, in denen bei Hertha ein Talent nach dem anderen anheuerte. „Die Spieler haben gespürt, dass sie sich hier entwickeln können“, sagt der Coach. Dann, im Sommer 2019, erschien der Investor Lars Windhorst bei der Hertha. „Wir hatten ein schönes Profil für den Verein aufgebaut. Dann kamen die Ansprüche, das Geld. Das Geld ist weg – und jetzt sind wir hier, um den Verein zu retten“, sagt Dardai. Auch Dardais Zeit als Hertha-Trainer endete damals. Derzeit gibt er zum zweiten Mal den Helfer in der Not.
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Sein Plan für Köln ist klar. Stabil stehen, umschalten, Aktionen sauber zu Ende bringen, Ecken und Freistöße rausholen. „Dann hat man acht bis zehn Torschüsse mehr pro Spiel und damit vielleicht ein, zwei Tore“, erklärt der 47-Jährige pragmatisch. Seit Dardai übernommen hat, steht die Mannschaft tiefer, läuft ein paar Kilometer mehr, sprintet dafür deutlich seltener. Dardai setzt auf Ruhe und Ordnung. Und auf das Spiel gegen den Ball. Auf weniger als 40 Prozent sank zuletzt die Ballbesitzquote, Berlin ist damit grundsätzlich keine Mannschaft, die den Kölnern liegt. „Sie werden alles reinwerfen, was Einsatzbereitschaft angeht. Aber sie haben nicht umsonst so wenige Punkte“, sagt FC-Trainer Steffen Baumgart.
Anders als die Hertha geht es für Köln nicht mehr um die Existenz. Der Klassenerhalt steht seit dem vergangenen Wochenende fest. Doch Baumgart will nicht nachlassen. „Wir haben nur noch zwei Heimspiele, und ich will mit meiner Mannschaft ein klares Zeichen setzen, dass hier nichts vorbei ist“, sagt der 51-Jährige. Personell hat Baumgart die meisten Fragen beantwortet. Benno Schmitz fehlt wegen einer Gelbsperre, für ihn wird der zuletzt starke Kingsley Schindler die rechte Flanke verteidigen. Eric Martel wird nach seiner Sperre ins defensive Mittelfeld zurückkehren. Fraglich ist damit, wer die rechte Position im Mittelfeld einnehmen wird. Baumgart hat die Wahl zwischen Jan Thielmann, der in Leverkusen zwei Tore vorbereitete – eines für den Gegner, das zweite dann für Köln – und Dejan Ljubicic, der Martel im Mittelfeld vertreten hatte und der Logik folgend nun auf die rechte Seite zurückkehren sollte.
Baumgart bleibt beim offiziellen Ziel. „40 Punkte sind das, was erreicht werden kann und dann auch erreicht werden sollte“, sagt er, obgleich er mit den Berlinern fühlt. „Der Abstieg wäre sportlich eine Katastrophe, obwohl sie über einen längeren Zeitraum auch viel dafür getan haben, in diese Situation zu kommen. Trotzdem ist das für mich ein geiler Verein, der in die Bundesliga gehört und der überragende Nachwuchsarbeit macht.“
Selkes Einsatz steht nicht in Frage. Noch im November spielte er mit Hertha BSC gegen Köln und gewann 2:0. Im Winter wechselte er an den Rhein – und könnte die alten Kollegen nun aus der Liga schießen. Eine Regelung dagegen gibt es nicht: Es sei nicht Teil der Verhandlungen mit Hertha gewesen, einen Einsatz des Stürmers gegen den Ex-Klub auszuschließen, bestätigt Baumgart: „In Berlin wollte man ihn schließlich loswerden. Ich finde so etwas sowieso affig.“
1. FC Köln: Schwäbe - Schindler, Hübers, Chabot, Hector - Martel, Skhiri - Ljubicic, Kainz, Maina – Selke; Hertha BSC: Christensen - Kenny, Uremovic, Kempf, Plattenhardt - Tousart, Dardai - Lukebakio, Jovetic, Richter – Niederlechner; Schiedsrichter: Jablonski (Bremen).