Der Leverkusener Jung-Star schwärmt von seinen Freiheiten und will der Werkself mit seiner fußballerischen Intelligenz helfen.
Bayer 04Florian Wirtz hat sein Tor von 2021 gegen Ferencvaros vergessen
Die meisten Fußballer haben Probleme damit, über sich zu sprechen, wenn der Trainer neben ihnen sitzt. Was immer sie sagen, könnte ihnen entweder als Überheblichkeit oder gespielte Kleinmütigkeit ausgelegt werden. Ein falsches Wort, und schon wäre der Status innerhalb der Gruppe gefährdet. Florian Wirtz gehört nicht zu dieser Gruppe Fußballer.
Er gehört, wenn überhaupt, zur extrem kleinen Gruppe derer, die können, was andere auch im Hochleistungsbereich deines Sports nicht können. Deshalb darf er auch, wie am Tag vor dem Europa-League-Hinspiel gegen Ferencvaros Budapest (Donnerstag, 18.45 Uhr, Bay-Arena), ganz frei über sich selbst als Fußballer sprechen. „Ich genieße die Freiheiten, die ich mit Ball habe“, erklärt der 19-Jährige auf Nachfrage, „ich glaube, so kann ich meine Stärken am besten ausspielen.“
Florian Wirtz kann es mit und ohne Ball
Wie diese Stärken aussehen, haben zuletzt Gegner wie AS Monaco und Hertha BSC zu spüren bekommen, die durch Tore und Vorlagen des Jung-Stars erledigt wurden. Wenn er den Ball am Fuß hat, werden Raum und Zeit in der Nähe von Florian Wirtz unkontrollierbar, und wenn die Mitspieler seine fußballerischen Geistesblitze verstehen, hat das fast immer direkte Auswirkungen auf das Ergebnis.
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Allerdings muss Wirtz, damit er diese Freiheiten mit Ball genießt, wie alle anderen Kollegen schuften, wenn der Gegner den Ball hat. Das macht er allerdings leidenschaftlich und ohne zu klagen. „Das ist bei uns selbstverständlich“, sagt Xabi Alonso, „er muss das auch tun.“
„Ich kann nicht auf dem Platz herumlaufen, wie ich will“, erklärt der Jung-Nationalspieler, „ich muss es schon so machen, dass ich der Mannschaft mit meiner fußballerischen Intelligenz am besten helfen kann.“ Seit sich Florian Wirtz nach seinem überstandenen Kreuzbandriss mit anschließender Reha wieder der Bestform annähert, spielt Bayer 04 Leverkusen wieder wie Bayer 04 Leverkusen. „Mit Florian wird die Verbindung zwischen Abwehr und Angriff immer besser“, erklärt Trainer Xabi Alonso. „Ich habe wieder Freude und Spaß am Spiel und lebe das auf dem Platz aus“, sagt Wirtz.
Xabi Alonso hat Respekt vor Budapest und muss im Mittelfeld umbauen
Das Achtelfinale im attraktiver gewordenen Zweitwettbewerb des europäischen Fußballs scheint aktuell die beste Bühne für weitere spektakuläre Darbietungen von Florian Wirtz, Moussa Diaby, Jemerie Frimpong & Co. Allerdings will keiner das Karma durch mangelnde Demut herausfordern. „Ich habe großen Respekt vor Ferencvaros Budapest“, sagt Xabi Alonso über das Team des ehemaligen russischen Nationatorhüters Stanislaw Tschtschessow, „sie haben sich in der Gruppenphase vor Monaco durchgesetzt. Das ist eine gute Mannschaft.“ Den Spanier plagen vor allem im Mittelfeld Personalprobleme. Die etatmäßige Doppelsechs Robert Andrich/Exequiel Palacios fällt durch Gelb-Sperre aus. Für sie werden wohl Kerem Demirbay und Nadiem Amiri einspringen. „Unser Kader ist gut, da mache ich mir keine Sorgen“, sagt der Bayer-Trainer.
Immerhin ist Jeremie Frimpong, der gegen Berlin mit Muskelbeschwerden nach einer halben Stunde das Spielfeld verließ, wieder fit. Ein Problem ist allerdings Mitchel Bakker auch außerhalb des Spielfeldes geworden. Weil er wieder einmal den Beginn einer Teamsitzung verpasst hatte, war der Niederländer zuletzt aus dem Kader geflogen. Gegen den ungarischen Rekordmeister Budapest, aktuell wieder unangefochten Spitzenreiter der heimischen Liga, wird Bakker allerdings wieder mit dabei sein. „Die Strafe ist erledigt“, sagt der Trainer, „aber in Zukunft darf so etwas nicht mehr vorkommen.“ Florian Wirtz ist im Gegensatz zu Bakker in der Lage, durch andere Eigenschaften als den Mangel an Disziplin auffällig zu werden.
Und das ja schon seit rund drei Jahren bei Bayer 04. Beim letzten Aufeinandertreffen mit Ferencvaros, damals unter Trainer Peter Stöger, hatte er im September 2021 in der Gruppenphase der Europa League sogar das Siegtor zum 2:1 erzielt. Ein wunderbares Tor nach einem schönen Solo. Als ein ungarischer Journalist den 19-Jährigen fragt, ob er sich daran erinnern könne, muss der passen. „Ehrlich gesagt nicht mehr so gut. Ich habe das nicht mehr wirklich im Kopf, denn seitdem ist so viel passiert. Alleine meine Verletzung.“ Und Tore sind für Florian Wirtz generell keine außergewöhnlichen Ereignisse, die sich auf ewig ins Gedächtnis einbrennen. Im Endspiel des Wettbewerbes wäre das allerdings anders. „Das Finale ist unser Ziel, wir wollen dahinkommen“, sagt der 19-Jährige, der noch ein zweites großes Ziel hat: Die Nationalmannschaft.