Leverkusen – Das wertvollste Geschenk im Profi-Fußball sind drei Punkte für eine mäßige Leistung. Übertroffen vielleicht nur von drei Punkten für eine mäßige Leistung, die durch glückliche Schiedsrichterentscheidungen begünstigt wurden. Insofern hat Bayer 04 Leverkusen vor dem Totensonntag einen perfekten Samstag erlebt.
Der 1:0-Sieg über den VfL Bochum war keine Schönheit, nichts zum Angeben, aber er brachte den maximalen Ertrag und half dem Werksklub zurück auf Platz vier, wo seine Ansprüche für die Saison angesiedelt. Es war, mehr noch, der erste Erfolg nach vier in der Bundesliga sieglosen Spielen. Der letzte davor datierte vom 3. Oktober aus einem 4:0 in Bielefeld, das man schon fast vergessen hatte.
Deshalb begann Trainer Gerardo Seoane seine Einlassungen zu diesem Spiel auch mit dem Formalsatz: „Ich gratuliere meiner Mannschaft zu diesem Sieg.“ Ansonsten gab es weniger Anlass zur Lobpreisung. Den Rest der Arbeit erledigte ein Gegner, der Bayer 04 an diesem Tagen die Grenzen aufzeigte, ohne im Abschluss seine eigenen Grenzen zu überwinden. Und ein Schiedsrichter-VAR-Gespann, das in zwei mit spielentscheidenden Situationen entgegen klarer Indizien für Bayer 04 Leverkusen entschied.
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Die erste ereignete sich in der 30. Minute. Jeremie Frimpong, der das frühe 1:0 durch Not-Mittelstürmer Amine Adli von der rechten Seite aus spektakulär vorbereitet hatte, rasselte in einem Zweikampf mit dem Ex-Kölner Elvis Rexhbecaj zusammen. Schiedsrichter Daniel Schlager zeigte dem Leverkusener die Gelbe Karte. Aber schon die erste Ansicht der TV-Bilder zeigte, dass es sich um eine gefährliche, Rot-würdige Attacke mit offener Sohle handelte. Thomas Reis versuchte, bei der Kommentierung die Contenance zu behalten. „Er kommt zu spät. Und wir wurden belehrt, dass eine offene Sohle eine andere Farbe nach sich zieht“, erklärte Bochums Trainer. Für ein ähnliches Foul hatte Frimpongs Kollege Robert Andrich in Stuttgart Rot gesehen und war drei Spieltage gesperrt worden.
Die zweite, inhaltlich noch weniger umstrittene Szene passierte drei Minuten vor der Halbzeit. Nationalspieler Jonathan Tah verstrickte sich in ein missglücktes Dribbling, aus dem er sich gegen Christopher Antwi-Adjei nur mit einem rustikalen Zweikampf im Strafraum befreien konnte. Das Spiel lief weiter und war schnell am anderen Ende des Platzes angelangt, als die TV-Aufnahmen zeigten: Tah kam zu spät und trat dem Bochumer in die Hacke. Als das Spiel durch einen Leverkusener Eckball unterbrochen wurde, leuchtete das VAR-Zeichen auf der Anzeigetafel auf. Der Fortgang schien unvermeidlich: Bildschirm-Zeichen von Schiedsrichter Schlager mit beiden Armen, Pfiff, in Richtung des entfernten Strafraums ausgestreckte Hand. Elfmeter. Ausgleich. Vorsprung weg. Sieg in Gefahr.
Stattdessen erfolgte: Ein Eckball. Fortgang des Spiels, in dem sich Bayer auch dank spektakulär verschenkter Konterchancen einem 1:0 entgegen zitterte. Wie klar die Fehlentscheidung war, erklärte Jonathan Tah, der am meisten von ihr profitierte: „„Ich treffe seinen Fuß von hinten, das kann man schon pfeifen. Der Schiedsrichter hat nicht gepfiffen. Glück für mich in der Situation.“ Es spricht für den Trainer Thomas Reis, dass er bei seiner Klage diplomatisch blieb: „Klar ist: Wir hätten den Elfmeter auch erst noch verwandeln müssen. Aber klar ist auch: Mit einem Mann mehr und einem Strafstoß hätten wir viel bessere Chancen gehabt, das Spiel nicht zu verlieren.“
Sein Kollege Gerardo Seoane wollte da nicht widersprechen: „Beide fraglichen Szenen hätte man auch anders entscheiden können.“ Gemessen an Großchancen, erklärte der Bayer-Trainer, sei der Sieg verdient gewesen. Aber: „Das Spiel war viel offener, als wir es wollten.“ Ein Extralob vom Trainer bekam nur Amine Adli, der in seinem zehnten Bundesliga-Spiel erstmals traf: „Er hat sich auf der ungewohnten Position gut behauptet. Wir freuen uns, dass er sein erstes Tor macht. Ich hätte nie gedacht, dass es ein Kopfball ist.“