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Bayer 04 zittert um Europapokal:Simon Rolfes rechnet mit Spielern ab

Lesezeit 4 Minuten

Simon Rolfes, Bayer-04-Geschäftsführer Sport

Nach dem verschenkten Sieg gegen Mönchengladbach sprach der Sport-Geschäftsführer von Bayer 04 seinen Profis die Seriosität ab.

Seriös ist ein Wort, das in der modernen Fußball-Analyse so viel bedeutet wie sachlich, ernsthaft, uneitel und: hat den Beruf nicht verfehlt. Simon Rolfes hat es nach dem 2:2 von Bayer 04 Leverkusen gegen Borussia Mönchengladbach nahezu in jedem Satz verwendet. „Wir haben in vielen Phasen nicht serös genug gespielt, Gladbach hat uns ja nicht unter Druck gesetzt. Dieses Spiel kannst du unter Kontrolle halten.“

Die Werkself hatte gegen einen ungeordneten, uninspirierten, körperlich scheinbar ausgelaugten Gegner lange alles im Griff und hätte sogar höher führen müssen als 2:0 durch die Tore von Amine Adli und Kerem Demirbay. „Wir hätten auch vor der Halbzeit das dritte Tor machen können. Dann wäre das Spiel so nach Hause gegangen“, sagte der Sport-Geschäftsführer von Bayer 04.

Auch nach knapp einer Stunde deutete noch nichts darauf hin, dass Bayer 04 in Schwierigkeiten kommen würde. Bis Mitchel Bakker in einem Anfall den Ball anlasslos über 35 Meter zu Torhüter Lukas Hradecky zurückspielte. Dies war für sich schon eine fragwürdige Idee, der Pass missriet jedoch zudem und ließ dem Torhüter keine Chance zu sauberer Verarbeitung. So spitzelte ihn der Finne vor die Füße von Jonas Hofmann, der ihn ins leere Tor schoss.

Damit waren die Gladbacher, für die es im allgemeinen Zerfall nach einer verlorenen Saison um nichts mehr ging außer der Wahrung eines Restes von Selbstwertgefühl, endgültig aufgeweckt. Zur Freude ihres Trainers Daniel Farke, der nach dem 34. Spieltag trotz laufenden Vertrages wohl seinen Job verlieren wird, erspielten sie sich jetzt Chance um Chance. Als die Werkself ihren Schwächeanfall in der 90. Minute mit mehr Glück als Verstand schon überstanden zu haben schien, wollte der eingewechselte Nadiem Amiri den Ball aus 16 Metern quer durch einen mit Spielern bepackten Strafraum hindurch zu Torhüter Hradecky zurückspielen.

Nadiem Amiris Idee war der größte Unsinn seit Langem

Das war schon als Idee der größte Unsinn, der seit langem auf dem Rasen der Bay-Arena beobachtet worden war. Und hier war in dieser Saison schon viel Seltsames passiert. Genau vor Hradecky stand jedoch – nur für Amiri unsichtbar - Lars Stindl, konnte sein Glück kaum fassen, nahm das Geschenk an und schoss den Ball zum Entsetzen aller Leverkusener ins Tor. „Ich frage mich, wie wir am eigenen Sechzehner in so eine Situation kommen“, sagte Simon Rolfes fassungslos.

Damit nicht schlimm genug. Piero Hincapie, seit Wochen einer der Besten im Bayer-Dress, leistete sich in der Nachspielzeit ein Revanchefoul und sah zurecht Rot. Am Montag wurde er vom DFB für drei Pflichtspiele gesperrt. Der Ecuadorianer wird in Bochum genau so fehlen wie Kerem Demirbay, der zuvor die fünfte Gelbe Karte gesehen hatte. Nach den Ausfällen der Leistungsträger Robert Andrich, Odilon Kossounou und natürlich Patrik Schick ist das keine gute Nachricht für ein Spiel, in dem sich das sportliche Schicksal der Werkself für eine ganze Saison entscheidet. Und Karim Bellarabi, der nach zwölf Jahren Bayer 04 von den Fans stimmungsvoll verabschiedet wurde, kann wegen seiner aktuellen Verletzung auch nicht mehr helfen.

Mit mehr Seriosität hätten wir eine bessere Ausgangslage

Simon Rolfes versuchte, das einzig Gute an diesem Ergebnis in Worte zu fassen. „Auf dem internationalen Platz sechs stehen wir jetzt, das ist das Positive an diesem Spieltag“, sagte der Geschäftsführer des Werksklubs, der von den Patzern der direkten Konkurrenz profitiert hatte, fügte dann aber an: „Mit mehr Seriosität hätten wir noch eine bessere Ausgangslage. Aber so ist es eben. Jetzt müssen andere Spieler rein. Bochum wird ein heißes Spiel, für die Bochumer geht es um sehr viel. Aber wir müssen vor allem körperlich alles dagegensetzen.“

Und vor allem muss Bayer 04 gewinnen, denn nur der sechste Platz berechtigt sicher zum internationalen Wettbewerb. Platz sieben kommt als Eintrittskarte für die Europa-Conference-League nur ins Spiel, wenn RB Leipzig das Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt eine Woche nach Bundesliga-Schluss gewinnt. Dann würde Platz sechs zur Europa League berechtigen. Gewännen aber die Frankfurter, bliebe für den sechsten nur der dritte Europapokal-Wettbewerb. Und der Siebte ginge leer aus. Das könnte durchaus Bayer 04 sein. Simon Rolfes rechnet es vor: „Die Wolfsburger werden gegen Absteiger Berlin gewinnen. Davon gehen wir aus. Also müssen wir in Bochum auch gewinnen.“