Leverkusen – Es ist gut, dass Peter Bosz den guten alten Wilhelm Busch nicht kennt, der in seiner Bildergeschichte „Die fromme Helene“ vor 130 Jahren zynisch gedichtet hat: „Es ist ein Brauch von alters her, Wer Sorgen hat, hat auch Likör.“ Mit der Vielzahl von Sorgen, die Peter Bosz als Trainer von Bayer 04 Leverkusen aktuell plagen, könnte er einen Spirituosenladen aufmachen. Alleine das Thema Corona, das schon sechs seiner Spieler und zuletzt das Supertalent Florian Wirtz eingeholt hat, treibt ihn um. „Wir werden gerade fast jeden Tag getestet, und jeden Abend habe ich Angst, dass wieder etwas passiert ist. Wenn ich sehe, dass unser Mannschaftsarzt anruft, geht mein Puls auf 200“, sagt der Trainer vor dem Spiel bei Borussia Mönchengladbach (Samstag, 15.30 Uhr).
Das ist aber nur ein Problemfeld, auf dem sich Peter Bosz zurechtfinden muss, denn seine Mannschaft kann keine Spiele mehr gewinnen. Nach dem Aus im DFB-Pokal und in der Europa League droht dem Bundesliga-Tabellenführer des zwölften Spieltages der Kontaktverlust zur Champions-League-Zone. Bereits fünf Punkte trennt die Werkself von Platz vier, der bei der Klubführung immer noch als Saisonziel gilt. Damit einher geht eine fast schon gespenstische Serie von Verletzungen und Ausfällen, die mehr als ein Drittel des Kaders umfasst.
Im Detail: Timothy Fosu-Mensah (Kreuzbandriss), Lukas Hradecky (Achillessehnenverletzung), Julian Baumgartlinger (Kreuzbandriss), Santiago Arias (Wadenbeinbruch), Lars Bender (Operation am Kreuzband), Dailey Sinkgraven (Muskelfaserriss, siehe Meldung), Sven Bender (Sprunggelenk) Paulinho (Aufbautraining nach Kreuzbandriss), dazu Florian Wirtz (Covid-19), Daley Sinkgraven (Muskelfaserris): Gegen Gladbach fehlt außerdem Leon Bailey, der seine fünfte Gelbe Karte absitzt.
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Hier sind ganze Achsen weggebrochen, inklusive aller erfahrenen Wortführer wie den Benders, Torhüter Hradecky und Routinier Baumgartlinger, die das Team vor allem in Problemzeiten zusammenhalten. Zudem ist Zentralspieler Charles Aranguiz nach seinem Comeback nicht in der Verfassung, die Mannschaft durch Leistung zu führen. Mit Worten hat er das als großer Schweiger noch nie getan. Immerhin sieht Peter Bosz Anzeichen der Besserung. „Charly hat drei Monate nicht trainieren können, da ist es normal, dass er Anpassungsschwierigkeiten hat. Aber die Daten aus den letzten Spielen zeigen, dass er wieder in seine normale Verfassung kommt.“
Peter Bosz hat die geschlossene Rückendeckung der Klubführung in den letzten Tagen gern registriert („Das hilft schon sehr“), weiß aber, dass ihre Haltbarkeit wie alles im Fußball von Siegen abhängt. „Das Allerwichtigste sind die Ergebnisse. Wir brauchen Ergebnisse. Guter Fußball kann dann auch später kommen“, sagt er.
Ein Problem ist, dass der Gegner nach vier Niederlagen in den letzten fünf Spielen das ganz genauso sieht. Auch in Mönchengladbach stellt sich die Vereinsführung wie ein Mann vor den sportlich Verantwortlichen. Sportdirektor Max Eberl, der dieser Mann ist, erklärt: „Ich bin überzeugt davon, dass Marco Rose der beste Trainer für uns ist bis zum Sommer. Da müssen uns die Leute mal vertrauen.“ Vor der Fan-Wut über den Abschied des Trainers in Richtung Dortmund bewahrt ihn erst einmal der Geisterspielmodus. Man wolle, so sagt Eberl „den Bock umstoßen“.
Und die Leverkusener scheinen dafür der richtige Gegner dazu. Laut Rückrundentabelle trifft der 14. der Bundesliga (Leverkusen) auf den 15. Zumindest der Verlierer wird am Samstagabend ein noch größeres Problem haben.