Bayer Leverkusen bleibt auch im 20. Pflichtspiel ohne Niederlage. Doch nach dem 1:1 gegen Borussia Dortmund sind nicht alle zufrieden.
„Ein Auge ist enttäuscht, eins ist stolz“Bayer 04 rennt an, holt aber nur einen Punkt gegen Dortmund
Die Wahnsinnsserie von Bayer 04 wäre beinahe gerissen, aber eben nur beinahe. Gegen Borussia Dortmund hieß es am Ende 1:1 – Bayer war das bessere Team, es sah dennoch lange nach einer Niederlage aus. Mittlerweile hat Leverkusen in 20 Pflichtspielen die Fußballplätze in In- und Ausland ohne Niederlage verlassen. Die BVB-Elf von Trainer Edin Terzic hielt ihre frühe Führung und verteidigte fortan sehr tief, Leverkusen rannte an, brachte den Ball aber nicht im Tor unter – bis Victor Boniface den Spitzenreiter nach 79 Minuten erlöste.
„Wir haben ein hervorragendes Spiel gemacht, dass wir das 1:1 machen, war verdient. Dass Dortmund so defensiv war, lag an uns und unserer Dominanz“, sagte Sportgeschäftsführer Simon Rolfes. „Auf unserer Spielweise können wir weiter aufbauen. Dass es mal ein Unentschieden gibt, kann passieren.“ Leverkusen bleibt damit vorerst Bundesliga-Tabellenführer und behält den Vorsprung von zehn Punkten auf Dortmund. Bayern München hat aber die Chance, mit einem Sieg im Nachholspiel gegen Union Berlin vorbeizuziehen. Das Spiel gegen die Hauptstädter war am Samstag wegen des Schneechaos in München abgesagt worden.
Die wichtigste Personalie vor der Partie bei Bayer 04: Kann Florian Wirtz auflaufen oder nicht? Er konnte. Durch die Extremrotation unter der Woche beim 2:0-Erfolg in Göteborg gegen BK Häcken setzte Trainer Xabi Alonso somit auf seine Liga-Startelf im 3-4-2-1-System. Es gab in den ersten 45 Minuten dann auch keinerlei Diskussionen, wer das spielerisch bessere Team auf dem Rasen in der Bay-Arena war: 67 Prozent Ballbesitz, 58 Prozent gewonnene Zweikämpfe, 88 zu 72 Prozent Passquote, 9 zu 2 Torschüsse, 5 zu 0 Ecken: Alles sprach für die Werkself. Nur eben die wichtigsten beiden Zahlen nicht. Es stand 0:1.
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Niclas Füllkrug bereitet 1:0 vor
Die Dortmunder waren mit ihrem ersten und gefühlt einzigen Angriff im ersten Durchgang in Führung gegangen. Die Hauptrolle bei diesem Treffer spielte nicht etwa Torschütze Julian Ryerson, sondern Niklas Füllkrug. Der deutsche Nationalstürmer machte den Ball mit dem Rücken zum Tor fest und bediente dann mit dem Außenrist den Außenverteidiger, der frei vor Lukas Hradecky zum 1:0 einschob. Dieses Tor beflügelte die Gäste aber keineswegs. Der BVB konnte den Ball in vielen Situationen kaum länger als ein paar Sekunden in den eigenen Reihen halten. Leichte Abspiel- und große Abstimmungsfehler prägten das Dortmunder Spiel.
Ganz im Gegensatz dazu ließ sich Leverkusen von dem frühen Rückschlag überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. In jeder Aktion war das große Selbstvertrauen zu erkennen, das diese Mannschaft in den vergangenen Monaten aufgebaut hat. Die Hausherren hielten das Tempo hoch und stellten den BVB immer wieder vor Probleme. Zwei Fernschüsse von Granit Xhaka waren aber nicht platziert genug. Generell haperte es an nur zwei – aber eben zwei enorm wichtigen – Fähigkeiten im Fußball: dem letzten Pass und dem Abschluss. Wirtz verpasste ein präzises Abspiel auf Jonas Hofmann frei vor dem Tor, Victor Boniface köpfte über den Kasten, Jonathan Tah schlug über den Ball. Und als dann in der Nachspielzeit der ersten Hälfte doch endlich die Torhymne in der Arena erklang, griff der Videoschiedsrichter ein. Die extrem knappe Abseitsstellung von Boniface beraubte Wirtz eines Traumtors, das er unter Zuhilfenahme der Querlatte erzielt hatte.
Nach dem Seitenwechsel änderte sich am Bild der drückend überlegenen Leverkusener rein gar nichts. Dortmund stand tief und – das gehört zur Wahrheit – verteidigte leidenschaftlich das eigene Tor. Bayer 04 suchte nach Lücken, fand aber selten welche. Und wenn doch, stand im Tor Gregor Kobel, der unter anderem gegen Exequiel Palacios rechtzeitig zur Stelle war. Bezeichnend für den Spielverlauf: der laute Jubel aus der Dortmunder Kurve, als die Gäste nach gut einer Stunde erstmals einen Eckball zugesprochen bekamen. Xabi Alonso probierte es mit frischen Kräften, brachte zunächst Amine Adli, später Patrik Schick.
Und als man gerade das Gefühl bekam, dass es einer dieser Tage ist, an dem einfach kein Treffer gelingen wird, legte eben jener Schick Sekunden nach seiner Einwechslung den Ball nach feinem Kossounou-Pass quer und Boniface schob locker zum Ausgleich ein. Auch danach drückte Bayer 04 weiter, wollte den Sieg. Boniface scheiterte mit einem Volley an Kobel. „Ein Auge ist enttäuscht, eins ist stolz“, fasste Granit Xhaka zusammen. Xabi Alonso sagte: „Die Spieler hatten das Gefühl, dass wir genug gemacht hatten, um zu gewinnen. Aber wir haben in der Kabine gesprochen. Die Mannschaft ist voll überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Enger Takt bis Weihnachten
Bayer 04 geht somit weiter mit dem Nimbus der Unbesiegbarkeit in die kommenden, eng getakteten Wochen bis Weihnachten. 18 Siege und zwei Unentschieden in 20 Pflichtspielen stehen nun zu Buche. Am Dienstag wartet das Pokal-Achtelfinale gegen Zweitligist SC Paderborn, bevor es am Sonntag zum nächsten Bundesliga-Spitzenspiel beim VfB Stuttgart geht. Borussia Dortmund wird gegen eben jenen VfB schon unter der Woche im Pokal antreten.