Der Profi von Tabellenführer Bayer 04 ist derzeit bei Julian Nagelsmann außen vor. Bis zur EM will sich Hofmann aber ins Team zurückdrängen.
NationalmannschaftJonas Hofmann singt die Hymne im Wohnzimmer – und hofft auf EM-Ticket
Samstagabend, kurz vor 21 Uhr. Im Groupama Stadium in Lyon erklingt die Nationalhymne. Jonas Hofmann steht und singt die Verse der dritten Strophe des „Lied der Deutschen“. Allerdings nicht im neuen DFB-Trikot in Südfrankreich, wie seine Leverkusener Teamkollegen Florian Wirtz, Robert Andrich und Jonathan Tah. Hofmann steht vor dem Fernseher im eigenen Wohnzimmer.
„Sobald die Hymne läuft, ist man bereit, steht auf und singt mit“, sagt Hofmann am Dienstag – in Leverkusen. Denn der 31-Jährige ist bei den Länderspiel-Klassikern gegen Frankreich und die Niederlande außen vor. Als einziger Bayer-04-Stammspieler mit deutschem Pass wurde Hofmann nicht von Julian Nagelsmann nominiert.
Jonas Hofmann fehlt derzeit das „Momentum“
Das vielzitierte „Momentum“ ist nach Ansicht des Bundestrainers derzeit nicht auf Hofmanns Seite. So habe es der Coach Hofmann auch in einem kurzen Telefonat vor der Nominierung erklärt, berichtet Hofmann. „Aber“, so ergänzt der 23-malige Nationalspieler, „mir wurde auch gesagt, dass der Zug nicht abgefahren ist.“
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Hofmann betont, dass er die Entscheidung des Bundestrainers zu akzeptieren habe. Auf die Nachfrage, ob er sie auch versteht, zögert er einige Momente. „Naja, wir stehen an erster Stelle. Ich weiß jetzt nicht, ob es ein besseres Momentum für einen Spieler gibt. Aber das betrachtet der Bundestrainer sehr individuell“, sagt Hofmann. „Und wenn er der Meinung ist, dass das Momentum gerade nicht auf meiner Seite ist, habe ich das zu akzeptieren. Ich muss alles daranlegen, das Momentum wieder auf meine Seite zu ziehen.“
Nach Jonas Hofmanns herausragendem Saisonstart verließ ihn das Glück
Bei alleiniger Betrachtung von Hofmanns Saisonstatistiken lässt sich Nagelsmanns Argumentation nachvollziehen. Bis zum zwölften Bundesliga-Spieltag sammelte der langjährige Gladbacher überragende zwölf Scorerpunkte. Seitdem kam in der Meisterschaft nur ein weiterer dazu.
Seit Beginn von Xabi Alonsos großer Personal-Rotation in der Rückrunde hatte Hofmann deutlich weniger Einsatzzeiten als viele seiner Teamkollegen. Es ist Kritik auf hohem Niveau: Viele Dinge, die ihm zuvor scheinbar mühelos gelungen waren, führten nun zu Ballverlusten oder vergebenen Torchancen.
Der 31-Jährige selbst will seine Form allerdings nicht nur an Treffern und Vorlagen festmachen. „Manchmal ist es einfach so, dass man ein paar Wochen lang nicht trifft. Aber das schmälert nicht immer die Leistung. Man kann auch durch andere Aktionen glänzen“, sagt er, um anzufügen: „Es war schon immer irgendwie mein Ding, ein bisschen unter dem Radar zu spielen.“
Für die kommenden Wochen erhofft sich Hofmann wieder ein besseres Gefühl im Abschluss und mehr Glück bei der Entscheidungsfindung vor dem Tor. „Natürlich ist es nicht zufriedenstellend, wenn man an weniger Treffern beteiligt ist. Da versuche ich dran zu arbeiten. Ich bin kein Typ, der den Kopf in den Sand steckt“, sagt er.
Julian Brandt, Leroy Sané und Serge Gnabry als Konkurrenten
Für Anfang Juni sind die abschließenden Länderspiele vor der Heim-EM (14. Juni bis 14. Juli) geplant. In Nürnberg geht es gegen die Ukraine (3. Juni), in Hofmanns einstiger Heimstätte Gladbach gegen Griechenland (7. Juni). Bis dahin will sich der Leverkusener wieder in Nagelsmanns Fokus drängen. „Die Besten sollten mit zur EM fahren. Und es sind noch genügend Spiele da, um sich zu zeigen und um auf den Zug aufzuspringen. Es liegt an mir selbst, die Leistung zu bringen.“
Gleiches gilt allerdings für andere Offensivspieler, die ebenfalls nicht im aktuellen DFB-Aufgebot stehen – mit prominenten Namen und erfolgreichen Vitas: Borussia Dortmunds Julian Brandt oder die einst unantastbare Bayern-Flügelzange aus Serge Gnabry und Leroy Sané. „Für mich gilt das Leistungsprinzip“, sagt Hofmann selbstbewusst.
Am Samstag ist die TSG Hoffenheim zu Gast in Leverkusen
Einen Schritt in Richtung Nationalmannschaft und hin zur Heim-EM könnte der Leverkusener Routinier mit einem erfolgreichen Startelf-Einsatz im Bundesliga-Heimspiel am Samstag gegen die TSG Hoffenheim (15.30 Uhr/Sky) machen. Seine muskulären Probleme aus dem Spiel gegen Freiburg (3:2) sind auskuriert, am Dienstag zog er die knapp einstündige Trainingseinheit durch. „Ich fühle mich wieder gut, bin wieder voll dabei und schmerzfrei“, sagt Hofmann.
Dass die Werkself nicht mehr durchgängig den Spektakel-Fußball der Hinrunde anbietet, bereitet dem Rechtsfuß keine Sorgen. Vielmehr sieht Hofmann es als Stärke, trotz teils durchwachsener Leistungen den Nimbus der Unbesiegbarkeit zu wahren. „Das ist eine große Stärke. Gute Spieler werden auch daran gemessen, wie sie sich an nicht so guten Tagen präsentieren, was man dann von ihnen bekommt. Wenn du dann trotzdem Woche für Woche Siege einfährst – dann kann man schon was“, sagt Hofmann.
Noch ist das M-Wort in Leverkusen tabu
Sollte die einmalige Leverkusener Erfolgsserie andauern, könnte die Meisterschafts-Entscheidung bereits im April fallen. Noch ist das M-Wort bei Bayer 04 allerdings tabu. Erst nach einigen weiteren Siegen könne über „Endszenarien“ gesprochen werden, so Hofmann. „Dafür müssen wir weitere Grundsteine legen. Dann erreichen wir am Saisonende hoffentlich etwas ganz Großes.“
Eine EM-Nominierung und das Singen der Hymne im Stadion statt vor dem eigenen Fernseher wären dann das Tüpfelchen auf dem i für Jonas Hofmann.