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Leverkusens neuer MittelfeldspielerRobert Andrich wächst an seinen Aufgaben

Lesezeit 4 Minuten
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Robert Andrich im Trainingsdress von Bayer 04

Leverkusen – Der Tag nach ihrer Verpflichtung verlief für die beiden jüngsten Zugänge von Bayer 04 Leverkusen gänzlich verschieden. Während Robert Andrich am Dienstagvormittag direkt die Fußballschuhe schnüren durfte und in seinem ersten Training mit der Werkself gleich zu den von ihm erwünschten Grätschen ansetzte, muss sich Piero Hincapié noch etwas gedulden, ehe das Kennenlernen mit den neuen Kollegen beginnen kann. Der 19 Jahre alte Ecuadorianer begab sich nach der Vertragsunterschrift und dem obligatorischen Foto mit Bayer-Trikot (Nummer 33) in eine Hotel-Quarantäne. Am Freitag darf der Innenverteidiger nach Klubangaben das Training aufnehmen. Hincapié war für 7,5 Millionen Dollar (ca. 6,35 Millionen Euro) von Atlético Talleres aus Argentinien verpflichtet worden, er soll zusammen mit Jonathan Tah, Edmond Tapsoba und Odilon Kossounou Leverkusens Innenverteidiger-Block bilden.

Leverkusens neue Nummer 8

Eine Reihe weiter vorne wird Andrich zum Einsatz kommen. Bayer 04 überwies für den 26-jährigen Mittelfeldspieler 6,5 Millionen Euro Ablöse an Union Berlin – was ihn zusammen mit Stürmer Sebastian Andersson (1. FC Köln) zum Rekord-Verkauf der Eisernen macht. Der Potsdamer Andrich ist für Leverkusener Verhältnisse ein ungewöhnlicher Transfer. Zuletzt kamen regelmäßig hochtalentierte und unfertige Profis aus dem Ausland – alle mit dem Potenzial für einige gute Jahre bei Bayer 04 und einem anschließenden, gewinnbringenden Weiterverkauf an finanzstarke Klubs.

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Andrich fällt nicht in die Kategorie. Seinen Erfolg bei Union – 66 Einsätze in zwei Jahren, 15 Torbeteiligungen und die Qualifikation für die Conference League in der vergangenen Saison – hat der Rechtsfuß nicht hauptsächlich seinem fußballerischen Talent zu verdanken. Weder ist Andrich ein Genie am Ball noch ein außergewöhnlicher Sprinter. Der Erbe von Lars Benders Rückennummer 8 ist wie sein großer Vorgänger ein kompromissloser Zweikämpfer, ein guter Stratege und ein Vorbild an Einsatz. Alles Faktoren, an denen es der Werkself nach dem Karriereende der Bender-Zwillinge gemangelt hatte. „Robert hat in seiner Karriere jede Stufe genommen, vor der er stand. Er ist immer besser geworden – mit Professionalität, Ehrgeiz und Einsatz. Das soll er natürlich mit in die Mannschaft einbringen“, sagt Leverkusens Sportdirektor Simon Rolfes im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Auf dem zweiten Bildungsweg in die Bundesliga

Als Kind war Andrich für Turbine Potsdam aktiv, ehe er 2003 in die Jugend von Hertha BSC wechselte und dort alle Nachwuchsmannschaften durchlief. Im Bundesliga-Team konnte sich der zweikampffreudige Mittelfeldmann trotz eines Lizenzspielervertrags nicht durchsetzen, weshalb er den klassischen zweiten Bildungsweg für Profis nahm – die Dritte Liga. 2015 wechselte er zu Dynamo Dresden, wo ihm 2016 als Meister der Aufstieg in die 2.Bundesliga gelang. Über Wehen Wiesbaden und Heidenheim ging es 2019 zum damaligen Bundesliga-Aufsteiger Union. Andrich war an seinen Aufgaben gewachsen. Das erhofft man sich nun auch in Leverkusen von ihm. „So ein Lebenslauf wie der von Robert bereichert die Mannschaft“, sagt Rolfes.

Bayer 04 und Andrich waren schon seit geraumer Zeit einig über einen Wechsel, spätestens zum ursprünglichen Vertragsende in Berlin 2022. Doch ging es nun schneller über die Bühne. Leverkusen hat seinen Mentalitätsspieler, Union eine Ablöse. „Es hat mich wirklich beeindruckt, wie sehr der Verein darum gekämpft hat, mich schon jetzt und nicht erst in einem Jahr zu holen. Dieses Vertrauen in meine Fähigkeiten möchte und werde ich unbedingt zurückzahlen“, erklärte Andrich. Rudi Völler, Sport-Geschäftsführer von Bayer 04, sagte: „Der Transfer von Robert wertet unseren Kader noch einmal deutlich auf. Er hat eine sehr gute Spieleröffnung, er ist dazu außerordentlich zweikampf- und laufstark. Seine fußballerische Präsenz wird unserem Team auf dem Platz helfen.“

Porto an Wendell interessiert

Knapp zwei Wochen vor dem Ende der Sommer-Transferperiode hat Leverkusens Kader allerdings noch immer nicht seine finale Form angenommen. Der Brasilianer Wendell könnte Bayer 04 noch verlassen, der FC Porto soll am Linksverteidiger interessiert sein. Ein passendes Angebot ist aber offenbar noch nicht eingegangen. Auf der anderen Seite wird noch ein Flügelstürmer kommen. „Wir schauen uns um“, bestätigte Rolfes. Überstürzen möchte der Sportdirektor aber nichts. „Dass der Kader noch nicht ganz komplett ist, macht mir keine Sorgen. Der Großteil steht ja, und er hat Qualität“, so Rolfes. „Dieser Prozess, in dem sich eine Mannschaft finden und entwickeln kann, ist durch die späte Rückkehr einiger Spieler und durch kurzfristige Verletzungen vielleicht etwas beschleunigt. Aber das kann zusammenschweißen.“