Leverkusen – Auf der Autobahn 5 bei Karlsruhe machte der Dienstwagen von Joachim Löw schlapp. Die Panne beim VW durchkreuzte am Samstag die Pläne des Bundestrainers, nach Leverkusen zu fahren, um das gewaltige Können des 17 Jahre alten Florian Wirtz aus der Nähe zu bewundern. Nach erfolgter Reparatur drehte Löw um und fuhr zurück in seine Heimat Freiburg. Um dann – so ist es jedenfalls zu vermuten – vor dem Fernseher das erschütternde Scheitern von Wirtz und den anderen Leverkusenern beim 2:2 (1:0) gegen den Abstiegskandidaten FSV Mainz 05 zu bestaunen. Die Werkself hatte eine 2:0-Führung in den Schlussminuten noch aus der Hand gegeben und so erneut einen Rückschlag im Kampf um die anvisierte Champions League erlitten. Während die Mainzer Profis den verdienten Punkt als gefühlten Sieg in der eisigen Bay-Arena feierten, verschwanden die Leverkusener Profis schnell in der Kabine. Dort erwartete sie ein zorniger Peter Bosz.
„Ich bin ein bisschen älter, dann sind die Erinnerungen vielleicht nicht mehr so gut wie früher“, sagte der niederländische Trainer der Werkself, „aber, wie ich mich erinnern kann, war es das schlechteste Spiel, das ich von meiner Mannschaft gesehen habe“. Die von Bosz aufgezählten Defizite waren quasi allumfassend, das daraus folgende Zeugnis vernichtend. „Schlechtes Passspiel, schlechtes Positionsspiel, schlechtes Verteidigen, wir waren schlecht in den Zweikämpfen. Darum ist es auch völlig normal, dass wir dieses Spiel nicht gewonnen haben, obwohl wir nach 85 Minuten 2:0 führen“, schimpfte Bosz, „das darf niemals passieren.“
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Bayer 04 hatte zwar mit vielen Ungenauigkeiten, aber auch einem Erfolgserlebnis begonnen: Dem 1:0 durch Lucas Alario nach fantastischer Vorarbeit von Moussa Diaby (14.), der Danny da Costa auf dem linken Flügel tunnelte und dann einen perfekten Flachpass ins Zentrum spielte. Doch Selbstvertrauen gab die Führung nicht, es blieb bei vielen leichten Fehlern im Spielaufbau, schlechtem Timing im Zweikampf und mangelnder Laufbereitschaft. Am Ende sollte Mainz fast doppelt so viele Torschüsse abgegeben haben und sieben Kilometer mehr gelaufen sein.
Den ersten spürbaren Rückschlag gab es in der Pause, als Lukas Hradeckys Serie von 86 Bundesliga-Partien am Stück über 90 Minuten ein Ende fand. Der finnische Keeper blieb mit Fersenproblemen in der Kabine, ob er am Donnerstag im Europa-League-Zwischenrundenspiel in Bern einsatzbereit ist, war am Sonntag noch unklar. Gegen Mainz kam Ersatzmann Niklas Lomb zu seinem Bundesliga-Debüt. Zwar leistete sich der 27 Jahre alte Kölner keine schweren Aussetzer, doch das ohnehin schon wacklige Bayer-Defensivgebilde bekam noch weitere Risse.
Peter Bosz macht sich Sorgen
Nur der schwachen Mainzer Chancenverwertung war es zu verdanken, dass die Führung bis in die Schlussphase Bestand hatte. Von einem Leverkusener Spielkonzept konnte schon lange keine Rede mehr sein. Viel mehr hatte sich der Champions-League-Aspirant im Heimspiel gegen den Abstiegskandidaten in der eigenen Hälfte verschanzt und sich auf eine Abwehrschlacht eingerichtet. In der 84. Minute schien der wenig ansehnliche Nachmittag ein gutes Ende zu finden, als Patrik Schick nach schöner Einzelleistung zum 2:0 traf.
Doch die Knie blieben wacklig, ähnlich wie beim Pokal-Aus in Essen, als Leverkusen eine späte Führung gegen einen Außenseiter ebenfalls nicht über die Zeit brachte. Durch ein Kollektiv-Versagen der Bayer-Hintermannschaft durfte Robert Glatzel in der 89. Minute freistehend den Anschlusstreffer erzielen. Kevin Stöger sorgte in der Nachspielzeit nach einem Fehler von Sven Bender für den verdienten Ausgleich (90.+2). Nur acht Punkte sammelte Bayer 04 in den vergangenen neun Partien. „Das macht mir natürlich Sorgen“, sagte Bosz mit Blick auf die Entwicklung.
Für Leverkusens DFB-Kandidaten Wirtz, Jonathan Tah und Nadiem Amiri war das Nichterscheinen des Bundestrainers somit eine der besten Nachrichten dieses Samstags.