Köln – Das Handy streikte. Das Mobiltelefon des Kölner Tennisprofis Oscar Otte konnte die Glückwünsche und Gruß-Botschaften per Whatsapp und SMS nicht mehr bewältigen. „Da kamen teilweise Nachrichten von Leuten, die ich Jahre nicht mehr gesehen oder gesprochen habe“, sagt der 25-Jährige. Die Welle an Aufmerksamkeit hatte ihren Grund: Der Kölner trifft am Mittwoch bei den French Open auf den Schweizer Roger Federer.
Sich beim größten und wichtigsten Sandplatzturnier der Welt mit dem wohl besten Spieler aller Zeiten messen zu dürfen, ist der bisherige Karrierehöhepunkt des Kölners. „Es ist natürlich der Wahnsinn, aber ich versuche, mir gar nicht so einen Kopf zu machen“, sagt Otte, der es gewohnt ist, bei Challenger-Turnieren vor etwa 100 Zuschauern zu spielen. „Hier in Paris ist alles anders. Ganz andere Dimensionen. Hier wird einem alles abgenommen“, erzählt er.
Otte will Wirbel genießen
Und plötzlich wollen alle etwas von ihm wissen: „Wie fühlst du dich? Was denkst du über das Duell mit Roger? Glaubst du, dass du eine echte Chance hast?“ Otte versucht, die Interviews, Pressekonferenzen und TV-Auftritte zu genießen. Das ist oft leichter gesagt als getan, denn Otte ist zwar Profi, aber betritt bei solch einem Medieninteresse eben auch Neuland.
Und am Mittwoch wird es ernst: Dann steht das Duell der Nummer 144 der Welt mit dem „Maestro“ an, und einige Tausend Zuschauer werden live dabei sein. An den ersten Auftritt in einer der großen Arenen bei einem Grand Slam-Turnier erinnert sich jeder Tennisprofi später noch. Und viele konnten ihre Nervosität dabei nicht ablegen oder kontrollieren. Auch für Otte ist es eine Feuertaufe, wenngleich der Bundesligaspieler von Rot-Weiss Köln auch in Heimspielen schon von mehr als 1000 Zuschauern unterstützt wurde.
Eine neue Dimension
Aber das Duell in Paris hat eine andere Dimension. Und der Respekt vor dem Center Court ist groß. „Ich bin aber froh, dass ich die Möglichkeit habe, Yannick Hanfmann vor seinem Duell mit Rafael Nadal einspielen zu dürfen. Dann habe ich wenigstens schon mal ein bisschen ein Gefühl für den Platz“, sagt Otte. Zudem kann er sich auf die Unterstützung seiner Freunde und der Familie verlassen. „Das ist schon ein tolles Gefühl, wenn man weiß, dass so viele Menschen hier sind, um dich zu unterstützen.“
Die letzten eineinhalb Wochen glichen schon einem Tennis-Märchen für Otte. Nach der Niederlage in der dritten Qualifikationsrunde waren die Hoffnungen auf einen Startplatz im Hauptfeld auf ein Minimum gesunken. Dann profitierte Otte als Lucky Loser von dem verletzungsbedingten Rückzug des Australiers Nick Kyrgios und rutschte ins Hauptfeld. Das Spiel gegen Malik Jaziri, die Nummer 94 der Weltrangliste, verlief dann wie erhofft. Ottes Trainer Peter Moraing (Onkel von Tennisprofi Mats Moraing) hatte ihn gut eingestellt. Otte gewann die ersten beiden Sätze klar. Auch im dritten Durchgang lag er mit einem Break vorn. Aber dann folgte ein kleiner Bruch im Spiel, bevor der Kölner das Match mit einem beeindruckenden 6:0 nach Hause brachte.
Als Federer kurz nach Otte sein Match gewonnen hatte, war die Frage auf der Pressekonferenz logisch: „Kennen Sie Oscar Otte?“ Die Antwort des Schweizers überraschte nicht: „Nein – aber ich werde mir sicher von meiner Crew über seine Spielweise berichten lassen.“ Die Hoffnungen, einen 20-maligen Grand-Slam-Sieger zu überraschen, sind gering. Otte wünscht sich vor allem eines: „Ich möchte die Tage hier und das Spiel genießen. Aber ich will auch mutig spielen!“