Mit vollständigem, ausgeruhtem Kader konzentrieren sich die Leverkusener auf den nächsten Gegner: Hertha BSC Berlin.
Fußball-Bundesliga:Florian Wirtz und Bayer 04 planen die Aufholjagd
Das Handicap, mit dem Bayer das letzte Drittel der Saison angeht, ist erheblich. Fünf Punkte beträgt der Rückstand des Werksklubs auf Platz sieben, der aktuell das letzte Trittbrett in den europäischen Wettbewerb darstellt. Auf Platz sechs, das Tor zur Europa League, sind es bereits zehn Punkte. Und das eigentliche Saisonziel, Platz vier, liegt bereits 14 Zähler von Bayer 04 entfernt. Hier darf man bei zwölf noch ausstehenden Liga-Spielen von unerreichbar sprechen.
Die Wahrheit aber ist: Die größte Chance liegt für die Werkself darin, überhaupt nicht an die Tabelle und mögliche Szenarien zu denken. Aber wer schon einmal versucht hat, explizit nicht an etwas zu denken, weiß, dass es kaum etwas Problematischeres gibt.
Werkself liegt nur drei Plätze vor dem Krisenklub Hertha BSC
Dennoch sagt Geschäftsführer Simon Rolfes: „Es ergibt überhaupt keinen Sinn für uns, Hochrechnungen anzustellen. Es zählt nur das nächste Spiel.“ Dies findet am Sonntag um 15.30 Uhr in der Bay-Arena statt. Gegner ist die vom Abstieg bedrohte Hertha aus Berlin. Laut Tabelle trennen die beiden Klubs drei Tabellenplätze und acht Punkte. Gemessen am Potenzial ihrer Mannschaften aber Welten.
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Erstmals seit Saisonbeginn verfügt der Werksklub über das gesamte, gesunde Potenzial seines Kaders. Und das muss für einen Gegner wie die Hertha, der Probleme aller Art hat und um die Existenz in der Liga spielt, furchterregend sein. Mit den Top-Spielern Florian Wirtz und Patrik Schick in der Nähe ihrer Leistungsfähigkeit, einem wieder erholten Moussa Diaby, der Rakete Jeremie Frimpong auf der rechten Seite, einem immer stärker werdenden Amine Adli und dem Zentralspieler Robert Andrich, der zuletzt sogar als Mittelmann der Abwehr-Dreierkette funktionierte, gehört Bayer 04 zu den schnellsten und gefährlichsten Mannschaften der Liga. Und steht aktuell nur auf Platz elf.
Zwölf Spiele bleiben Bayer 04, um herauszufinden, was in der Liga noch möglich ist. Der Triumph in Monaco und das respektable 1:1-Unentschieden unter erschwerten Bedingungen drei Tage später in Freiburg haben angedeutet, dass Xabi Alonso und seine Spieler im Begriff sind, einen späten Turnaround zu schaffen. „Für uns zählt die Entwicklung“, sagt Simon Rolfes, „einfach Spiele zu gewinnen, damit sich die Dinge weiter festigen. Und dann werden wir sehen, was noch möglich ist.“
Ebenso, wie persönliche Krisen zu Saisonbeginn offenbar ansteckend waren, scheinen jetzt die individuellen Erfolgsgeschichten ansteckend zu sein. Florian Wirtz hat gegen Monaco und in Freiburg wieder Zeichen von Superklasse gezeigt, Patrick Schick bewegt sich annähernd wie in guten Zeiten, sein Vertreter Sardar Azmoun wurde mit einem Tor für seinen neuen Einsatzwillen in Training und Spiel belohnt. Gegen Hertha BSC kann Xabi Alonso erstmals, seit er in Leverkusen Trainer ist, auf einen vollständigen und ausgeruhten Kader zurückgreifen.
„Im Fußball ändern sich Dinge einfach so schnell“, sagt Simon Rolfes, „da können sich zwei, drei gute Spiele extrem auf die persönliche Situation eines Profis auswirken.“ Der Geschäftsführer spielt damit auf den von ihm angekündigten personellen Umbruch im Sommer an. Am Fall von Nadiem Amiri zeigt sich, dass ein bereits gescheitert Geglaubter, dessen Vertragsende 2024 schon herbeigesehnt wurde, durch gute Einsätze als Joker und in der Startelf plötzlich ein wichtiger Faktor werden kann, mit dem eine Vertragsverlängerung durchaus vorstellbar ist. „2022 war für Nadiem ein wichtiges Jahr. Er hat verstanden und sich einfach reingehängt, das Ergebnis sieht man jetzt“, sagt Rolfes. Solche individuellen Erfolgsgeschichten helfen einem Team insgesamt.
Allerdings gibt es keinen Spielraum mehr für Ergebnisversagen. In der Liga sind nur noch 36 Punkte zu vergeben. Und Bayer 04 braucht eigentlich jeden einzelnen davon.