Der mittlerweile 61-jährige Schwarzwälder hat Großartiges für den deutschen Fußball geleistet. Löw hat in 15 Jahren als Cheftrainer eine Ära geprägt. Löw hat den deutschen Fußball auch international zu höchstem Ansehen verholfen. Und dies nicht nur durch sportliche Erfolge wie dem Weltmeistertitel von 2014, der ihn in eine Reihe mit Sepp Herberger, Helmut Schön und Franz Beckenbauer stellt. Sondern auch durch sein Auftreten, seine Empathie und Menschlichkeit.
Für viele Außenstehende kam die Entscheidung zu diesem Zeitpunkt überraschend. Löw soll der Gedanke an einen vorzeitigen Abgang auch erst seit ein paar Wochen begleitet haben. Er hat offenbar in sich reingehört und festgestellt, dass es an der Zeit ist, den Weg frei zu machen. Er hatte offenbar genug von Dauerkritik und ständigen Personal-Debatten um Nominierungen.
Löw hofft durch seinen Schritt, dass vor der EM-Endrunde neue Energie freigesetzt werden kann. In seinen Entschluss weihte er vorerst nur einen kleinen Kreis ein. Er informierte die DFB-Führung allerdings rechtzeitig über seine Entscheidung, so dass diese über die notwendige Zeit verfügt, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Löw ging damit ähnlich vor wie Angela Merkel, mit der ihn seit dem „WM-Sommermärchen 2006“ eine enge Beziehung verbindet. Beides sind Machtmenschen, die das nicht offensiv zeigen, aber leben. Merkel entschied, nach 16 Jahren im Amt zur kommenden Bundestagswahl nicht mehr anzutreten.
DFB ist hoffnungslos zerstritten
Doch auch von Löw sind die großen inhaltlichen Schnitte, die neuen Impulse, die der deutsche Fußball dringend benötigt, nicht mehr zu erwarten. Es wurde allerspätestens nach dem WM-Debakel 2018 immer deutlicher, dass er sich nach 15 Jahren als Cheftrainer und 17 insgesamt bei der DFB-Auswahl verbraucht hat und der Mannschaft keine neuen Impulse mehr geben kann. Der Rückzug hätte schon früher erfolgen sollen. Doch Löw tat sich lange Zeit schwer, das einzugestehen. Und beim hoffnungslos zerstrittenen und überforderten DFB war offenbar keiner in der Lage, dies zu erkennen geschweige denn Konsequenzen zu ziehen.
Präsident Fritz Keller, der bisher in seiner Amtszeit nicht immer ein gutes Bild abgegeben hat, ist nun gefordert, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Eine schwierige Aufgabe, aber er muss sie lösen. Der Neue muss einer sein, der für eine Aufbruchsstimmung sorgt. Und da sind die Kandidaten rar.
Jürgen Klopp der beste Kandidat
Ralf Rangnick gilt zwar als Fachmann und ist verfügbar, doch von dem 62-Jährigen ist diese Aufbruchsstimmung nicht zu erwarten. Julian Nagelsmann hat dieses Feuer, steht aber noch am Anfang seiner Karriere. Thomas Tuchel ist gerade erst zum FC Chelsea gewechselt und hat dort ehrgeizige Ziele. Und der vielfach gehandelte Hansi Flick fühlt sich beim FC Bayern rundum wohl. Allerdings verfügt er weiterhin über beste Drähte zum DFB.
Auch wenn es schwierig werden dürfte, so sollte der Verband alles dran setzen, Jürgen Klopp zu bekommen. Er ist nicht nur Fachmann, sondern hat auch das Standing, ist zudem Kommunikator und Menschenfänger. Und mit dann 54 Jahren wäre er im besten Alter für das Amt. Vor einigen Wochen noch schien es völlig illusorisch, dass Klopp den FC Liverpool verlassen könnte. Doch der frühere BVB-Coach befindet sich mit den Reds in einer veritablen Krise. Er könnte nach der Saison zu dem Schluss gelangen, dass er nach sechs Jahren in Liverpool mit der ersten Meisterschaft nach 30 Jahren und dem Titel in der Champions League alles erreicht hat. Sein Denkmal in Liverpool hat er bereits sicher. Er wäre der Typ Trainer, der dem deutschen Fußball durch seine Emotionen wieder neues Leben einhauchen könnte.
Doch vorerst sind im deutschen Fußball alle dazu aufgerufen, ihren Teil beizutragen, um Joachim Löw bei der EM im Sommer jenen großen Abschluss zu ermöglichen, den er verdient.