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Schleiden zehn Monate nach der FlutSV Nierfeld freut sich über neuen Kunstrasen

Lesezeit 4 Minuten

Den neuen Kunstrasenplatz präsentieren Ralph Moritz, Karl-Heinz Büser und Reiner Gerhards.

Schleiden-Gemünd – Der SV Nierfeld hat einen Traum – und nur noch dreieinhalb Wochen Zeit, diesen umzusetzen. Das letzte Spiel der Bezirksliga-Saison gegen Bergheim soll das erste echte Heimspiel der Spielzeit werden, in der nicht nur die Pandemie, sondern vor allen Dingen die Flutkatastrophe dem Verein stark zugesetzt hat.

Der erste Schritt ist gemacht. Rund zehn Monate, nachdem das Wasser alles weggespült hat, was der Klub besaß, liegt ein flammneuer Kunstrasen in der Kloska-Arena in Gemünd. Der zehn Jahre alte wurde zerschnitten und auf 78 Rollen verteilt neben dem Platz abgelegt. Ein paar Kleinigkeiten auf dem Spielfeld fehlen noch, Tore zum Beispiel und ein Zaun. Das sollte aber alles schaffbar sein.

Im Gespräch mit dem DFB

Unklar ist nur, ob in den dreieinhalb Wochen eine Containerlösung für die Umkleiden geschaffen werden kann. Der SVN ist im Gespräch mit dem Deutschen-Fußballbund und zuversichtlich, dass zur Überbrückung, bis das Vereinsheim 2023 wieder bezogen werden kann, zwei Container aufgestellt werden, in denen sich die Mannschaften und das Schiedsrichtergespann umziehen können.

Ein Wahrzeichen der Flut: Das Häuschen mit der Ersatzbank ist noch komplett verschlammt. Vom Fangzaun steht nur das Gerippe.

Vereinschef Karl-Heinz Büser ist stolz auf das Geleistete. „Mit der großen Familie SV Nierfeld haben und werden wir das wieder erschaffen“, sagt er.

Wirft er einen Blick zurück auf die ersten Tage nach der Flutkatastrophe am 14. Juli, als das Wasser im Vereinsheim 2,70 Meter hoch stand und nicht nur das obere Tor, sondern auch eine Engelsfigur aus dem benachbarten Friedhof und sogar Reinigungsmittel aus Hellenthal angespült worden waren, dann hat er für seine Spieler der Bezirksliga- und Kreisliga-C-Mannschaft nur Lob übrig. „Als ich es zehn Tage nach der Flut zum ersten Mal ins Vereinsheim geschafft habe, hatten die Mannschaften es leer geräumt und entkernt.“

Estrich wird bald verlegt

Das ursprünglich 2004 fertiggestellte Vereinsheim ist längt trocken, die Wände bereits verputzt. Aktuell werden noch Leitungen für Heizung und Sanitär verlegt, dann kommt der Estrich drüber. Der Wiederaufbau ist nicht einfach. „Alle Leute, die sonst zupacken, sind selbst abgesoffen“, berichtet Büser von dem Dilemma, in dem der Verein mit seinen Mitgliedern steckt.

Im Vereinsheim ist noch einiges zu erledigen.

Ebenfalls schwierig: Der SV Nierfeld tritt komplett in Vorleistung. 360 000 Euro hat der neue Kunstrasen mitsamt der elastischen Tragschicht als Unterbau gekostet. Das Unternehmen Cordel Bau aus Wallenborn bei Daun, das den Platz errichtet hat, hat noch keinen Cent gesehen.

Der Antrag auf Wiederaufbauhilfe ist gestellt. Büser hofft, dass er schnell bewilligt wird. Das Vereinsheim ist zum Glück versichert. Aber die Original-Baupläne gibt es nicht mehr. Sie sind ein Opfer der Flut geworden wie auch alles andere, etwa die Pokale. „Kein Tor, kein Netz, kein Ball, kein Trikot“, nennt es Büser kurz und knapp. „Als ich nach der Flut im Vereinsheim stand und auf den Platz geschaut habe, habe ich geheult wie ein Kind“, sagt Büser. Aufgemuntert habe ihn der kleine Sohn der Jugendleiterin, der zu Büser sagte: „Das kriegen wir wieder hin.“

Trikots aus dem Gladbach-Fanshop

Eine Welle der Solidarität erreichte den Verein. Nicht nur Mannschaften aus dem Kreis, wie der SV Frauenberg und die TuS Mechernich, sammelten Spenden. Unterstützung kam auch vom FC Bayern, Borussia Dortmund, Hertha BSC und Fortuna Köln. Darüber hinaus durfte sich der Verein im Fanshop von Borussia Mönchengladbach mit Trikotsätzen eindecken. Kassierer Ralph Moritz bewarb sich erfolgreich um ein signiertes Trikot von Nationalspielerin Giulia Gwinn, das gewinnbringend versteigert wurde.

Der alte Kunstrasen wurde in 78 Rollen aufgeteilt.

Für Nierfeld endet mit der Rückkehr in die Kloska-Arena die Zeit als Globetrotter. Gespielt wurde in Nettersheim – und das nicht sehr erfolgreich. 13 Punkte wurden dort geholt, nur dreimal war der SVN siegreich. Auswärts gab es doppelt so viele Triumphe und acht Punkte mehr. Trainiert wurde außerdem in Olef und in Bessenich. Gerade Letzteres betrachtet Büser mittlerweile als Fehler.

Vier Abgänge

Denn mit Ozan Kesen und Robin Zimmer, beide seit 2018 im Verein, wechseln gleich zwei Nierfelder zur Rhenania. „Unser Training war aus heutiger Sicht ein Schaulaufen“, sagt Büser. Auch Dominik Spies wird den SVN im Sommer verlassen und nach sechs Spielzeiten zum TuS Zülpich wechseln. Alle Wechsel wurden von den neuen Klubs schon verkündet, obwohl Nierfeld noch nicht gesichert ist. „Das ist unkollegial von den Vereinen und wenig seriös“, findet Büser. Den Spielern ist er nicht böse, sie hängen sich rein. „Dominik gibt jedes Spiel 120 Prozent“, so Büser.

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Besonders schmerzt ihn, dass Ghartey Anderson nach fünf Jahren in Nierfeld aufhören wird. Der Ghanaer ist Büser ans Herz gewachsen, lebt aber mittlerweile mit Frau und Kind im Ruhrgebiet. „Ich freue mich für ihn, aber das tut weh“, sagt Büser.

Neue Spieler gebe es auch. Aber Büser will, anders als die Konkurrenz, das Saisonende abwarten, bis er die Transfers verkündet. „Wir werden nächste Saison eine sehr gute Mannschaft in der Bezirksliga stellen mit Spielern, die sich mit Nierfeld identifizieren“, sagt er.