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Discounter auf EinkaufsmeileKik will sein Ramsch-Image loswerden – was das für die Hohe Straße bedeutet

Lesezeit 5 Minuten
12.11.2024 Köln. Der Modediscounter Kik hat einen Laden auf der Hohe Straße eröffnet. Der sogenannte Pop-up-Store soll neue Zielgruppen ansprechen. In direkter Nachbarschaft befinden sich Baustellen und leer stehende Ladenlokale. Foto: Alexander Schwaiger

Der Modediscounter Kik hat einen Laden auf der Hohe Straße eröffnet. In direkter Nachbarschaft befinden sich Baustellen und leer stehende Ladenlokale.

Der Modediscounter Kik hat einen Pop-up-Store auf der Hohe Straße eröffnet. Die Kette will sich damit ein hochwertigeres Image erarbeiten.

Als die Modekette Kik zu Halloween ihren dreistöckigen Laden auf der Hohe Straße öffnete, war die Freude in der Geschäftsführung groß. Endlich hatte man es als Discounter in die 1A-Lage Kölns geschafft - und das auf 950 Quadratmetern, mit dem kompletten Sortiment, das es sonst so nur außerhalb der Innenstadt gibt. Was für Kik einen Meilenstein markiert, lässt die Debatte über die Hohe Straße neu aufflammen: zu viele Billigläden, zu viele Süßigkeiten-Shops, zu viel Ramsch. Gleichzeitig stehen viele Flächen leer, ein Frequenzbringer wie Kik sollte also allein deshalb schon willkommen sein.

Fast neun Prozent der Flächen im Erdgeschoss stehen leer

Die Hohe Straße ist das Sorgenkind der Kölner Einkaufsstraßen. Auf der einstigen Prachtmeile standen im vergangenen Jahr 8,7 Prozent der Gewerbeflächen im Erdgeschoss leer, im Vorjahr waren es mit 8,6 Prozent ähnlich viel. Die Daten stammen aus einer Erhebung der städtischen Wirtschaftsförderung Köln-Business. Damit liegt die Hohe Straße weit über dem Schnitt der Innenstadt mit 6,6 Prozent im Jahr 2023. Auf der Shoppingmeile Schildergasse lag der Leerstand bei nur 2,9 Prozent.

Zu Wahrheit gehört aber auch, dass sich auf der Hohe Straße gerade viel tut. Während auf der Schildergasse viele Platzhirsche ihr zu Hause haben - etwa P&C Düsseldorf mit seinem Weltstadthaus -, ist die Hohe Straße von kleinteiligen Ladenlokalen geprägt. Die Gebäude stammen größtenteils aus der Nachkriegszeit und müssen dringen modernisiert werden. Deshalb wird hier viel gebaut, umgenutzt und investiert. Die Wirtschaftsförderung der Stadt sieht darin ein Zeichen des Strukturwandels. „Von Verödung kann auf keiner der beiden Straßen die Rede sein – die Nachfrage bleibt weiter hoch – der Leerstand ist oft nur augenscheinlich, tatsächlich sind Ladenlokale meist nahtlos wieder vermietet“, heißt es von Köln-Business.

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Kik hätte früher keine Chance gehabt

Für Modeketten wie Kik, die in früheren Jahren kaum eine Chance gehabt hätten, fast 1000 Quadratmeter in Kölner Toplage anzumieten, öffnet der Strukturwandel nun Türen, die sonst wohl verschlossen geblieben wären. „Bislang scheiterte das daran, dass Kik für manche Vermieter nicht attraktiv genug war oder wenn es eine Fläche gegeben hätte, die Fläche zu klein war, sodass wir unser großes, standardisiertes Sortiment nicht unterbringen konnten“, sagt Matthias Sontheimer, der die Expansion bei Kik leitet. Die Leerstandsquoten in den Innenstädten hätten ihn dazu ermutigt, solche Standorte überhaupt erst ins Auge zu fassen. „Wir wollen Kik dort platzieren, wo wir früher nicht stattgefunden haben und so Kunden ansprechen, die uns nicht kennen oder sonst bei uns nicht gekauft hätten.“

Kik hat den Standort auf der Hohe Straße für 15 Monate angemietet. Ein guter Kompromiss, wie Sontheimer sagt: „Wir können eine Lage testen, an der wir nicht standardmäßig vertreten sind, wenn wir uns für mehrere Jahre hätten binden müssen.“ Jede Filiale muss sich selbst tragen - die Mieten in 1A-Lagen schlagen kräftig zu Buche.

Zeit bis zum Bauantrag überbrücken

Und auch für Vermieter können Pop-up-Stores, die nur eine gewisse Zeit da sind, eine gute Alternative sein. So wie im Fall von Kik: „Die Gewerbefläche ist sanduhrförmig geschnitten, wird in der Mitte enger und nach hinten wieder breiter. Drei Etagen benötigen entsprechend viel Personal, gleichzeitig nimmt die Kundenfrequenz nach oben ab“, sagt Christian Heuchert, Teamchef für die Einzelhandelsvermietung in Köln beim Maklerunternehmen JLL. Heuchert hat die Ladenfläche auf der Hohe Straße an Kik vermietet und sieht in der Partnerschaft auf Zeit eine Win-win-Situation. „Der Eigentümer kann sich nun in Ruhe überlegen, wie die Gewerbefläche umgebaut werden muss, um künftig attraktiv zu sein. Bis Bauanträge in der Stadt genehmigt werden, vergeht ja auch einige Zeit.“

Schon vor einem Jahr hatte Kik für einige Monate einen Pop-up-Store auf der Schildergasse angemietet. Die Fläche war allerdings zu klein für das Sortiment des Discounters. Der neue Kölner Standort soll nun wichtige Einsichten und eine Verhandlungsgrundlage für künftige Lagen liefern. Expansionschef Sontheimer hat schon die nächste Luxuslage im Blick: „Wenn wir in Kölner 1A-Lage gewisse Umsätze einfahren, können wir es auch auf der Schadowstraße in Düsseldorf probieren.“


Kik will sein Ramsch-Image loswerden

Schon Verona Pooth trat vor 15 Jahren vor die Kamera und berichtete Fernseh-Deutschland: „Kik ist eben besser, als wie man denkt.“ Die Zeiten von Pooth als Kik-Werbegesicht sind zwar vorbei, der Anspruch des Unternehmens aus Bönen im Kreis Unna sind indes gleichgeblieben. Um das Ramsch-Image endgültig abzuschütteln, baut Kik seit diesem Jahr alle 4200 Filialen europaweit um. Wühltische und Ramschecken soll es keine mehr geben, stattdessen helle Beleuchtung und breite Laufwege. Das Sortiment ist klarer zwischen Textilien und sogenannten Non-Food-Artikeln getrennt, die Ware hängt oder steht im Regal.

Das neue Konzept soll auch neue Kunden anlocken. Normalerweise kaufen hier Familien mit Kindern ein, jetzt will Kik auch die Leute erreichen, denen Kik bislang nicht schick genug war. Dazu sollen die Standorte in Toplagen beitragen. Allein in diesem Jahr hat Kik mehr als 670 Filialen umgebaut, in den kommenden vier Jahren werden alle 4200 Läden europaweit generalüberholt. Pro Standort lässt sich Kik das eine fünfstellige Summe kosten. In Köln betreibt Kik 19 Läden sowie den Pop-up-Store auf der Hohe Straße.

Dass die Geschäfte bei Kik entgegen dem Branchentrend so gut laufen, begründet Sontheimer unter anderem mit striktem Kostenmanagement und Rabatt-Disziplin. Kik ist kein Fast-Fashion-Anbieter, wenn die Ware einmal in den Läden hängt, bleibt sie da auch, bis sie verkauft wird. „Kik schmeißt keine Ware weg, wir bereinigen die Flächen nicht mit großen Rabattaktionen. Bei uns bleiben 0,46 Prozent der Ware übrig“, sagt Sontheimer. Die Ware wird zudem nicht mit dem Flugzeug verschickt, sondern über Schiff und Bahn transportiert. Und am Ende ist es eben das Prinzip der Discounter: große Stückzahlen, niedriger Preis.

Das kommt bei den Kunden gut an. Der Discounter profitiert davon, dass die Kunden noch stärker auf den Preis achten als ohnehin schon. „Unsere Aufgabe ist es jetzt, den Kunden zu überzeugen, dass sich der Einkauf bei Kik mehr lohnt als bei anderen. Wir haben gerade die Chance, mehr Menschen von uns überzeugen zu können, einfach weil sie preissensibler geworden sind“, sagt Expansionschef Matthias Sontheimer. Kik beschäftigt eigenen Angaben zufolge 31.000 Mitarbeiter und setzt 2,4 Milliarden Euro um.