- Die Lufthansa stellt ihr Kölner Tochter-Unternehmen Germanwings ein. Unser Autor analysiert die Beweggründe.
- Die Geschichte der Germanwings beginnt bereits 1996 in Köln. Vor allem aufgrund teurer Verträge ist sie der Lufthansa schon lange ein Dorn im Auge.
- Als eigene Marken treten viele Lufthansa-Töchter gar nicht auf. Auch das hat seine Gründe.
Köln – Die Lufthansa wird den Betrieb ihrer ältesten Billigflugtochter einstellen. Das Unternehmen gab am Dienstagabend in Frankfurt bekannt, dass der Flugbetrieb der Kölner Germanwings nicht wieder aufgenommen wird. Dies war von den Gewerkschaften befürchtet worden.
Bei der Kerngesellschaft Lufthansa sollen dauerhaft 18 Langstreckenflugzeuge und elf Mittelstreckenjets am Boden bleiben. Darunter sind sechs Maschinen des Superjumbos Airbus A380, die ohnehin ab 2022 an den Hersteller Airbus zurückgehen sollten. Auch das Langstreckenangebot der Eurowings wird verkleinert.
Gewerkschaften stellten sich gegen das Ende
Zudem soll die vor der Krise festgelegte Zielsetzung von Eurowings, den Flugbetrieb auf eine Einheit zu bündeln, beschleunigt umgesetzt werden, teilte Lufthansa mit. „Der Flugbetrieb der Germanwings wird beendet“, hieß es. Für alle Mitarbeiter gelte das Ziel, möglichst vielen eine Weiterbeschäftigung innerhalb der Lufthansa Gruppe zu bieten. Die Gewerkschaften hatten sich gegen ein vorschnelles Ende der Germanwings gestellt, für die bereits keine Vereinbarung zur Aufstockung des Kurzarbeitergelds zustande gekommen war.
Gegen die Einstellung des Flugbetriebs der ungeliebten Tochter mit ihren 1400 Mitarbeitern regte sich auch bei den Beschäftigten Widerstand. In einem Internetvideo wendeten sie sich an die Kunden und Lufthansa-Chef Carsten Spohr und forderten unter dem Slogan „Wir sind Germanwings“ einen Erhalt der Airline.
Die Geschichte der Germanwings ist wechselhaft, es ist auch eine Kölner Wirtschaftsgeschichte. Und noch mehr, weil Eurowings ihren Sitz in Düsseldorf hat, ist es auch mal wieder die Geschichte der beiden rheinischen Städterivalen.
1996 gegründet
Gegründet wurde die Germanwings 1996, ihren Flugbetrieb aber nahm sie 2002 auf, und zwar als 100-prozentige Tochter der Eurowings. Diese aber war damals noch kein Billigflieger, sondern eine Regionalfluggesellschaft mit kleineren Maschinen, die für die Lufthansa flog, der erst 24,9, dann 49 und schließlich 50,1 Prozent der Anteile gehörten.
Diese Germanwings operierte mit fünf Airbus A319 von Köln/Bonn aus und sollte nach dem Vorbild der Billigflieger Ryanair oder Easyjet funktionieren. Das weckte Begehrlichkeiten der großen Lufthansa, die Germanwings im Jahr 2009 vollständig von Eurowings übernahm. Bei der Lufthansa erkannte man die Attraktivität eines Billigfliegers und übergab innerhalb des Konzerns immer mehr Flüge an die Germanwings. Diese erhielt viele alte Jets der Lufthansa, bekam ein neues Design und wickelte schließlich alle innerdeutschen und europäischen Flüge des Konzerns ab.
Lufthansa-Piloten in Germanwings-Cockpits
Das Konstrukt jedoch hatte eine Haken für die Lufthansa. Denn in den Cockpits der Germanwings saßen überwiegend Lufthansa-Piloten mit den wesentlich höheren Tarifgehältern. Damit war im Grunde kein Billigfluggeschäft kostendeckend zu betreiben. Lufthansa-Chef Carsten Spohr versuchte immer wieder, diese hohen Löhne zu brechen. Bis heute weitgehend ohne Erfolg. Die Geschichte der Streiks und Auseinandersetzungen über dieses Thema ist eine lange.
2014 schließlich reißt Spohr das Steuer herum und greift zu einem Trick. Die Eurowings mit Sitz in Düsseldorf, inzwischen 100-prozentige Tochter der Lufthansa, soll die neue europaweite Billigmarke des Konzerns werden. Und die Germanwings mit ihren inzwischen 60 Jets fliegt nur für diese Airline. Wet-Lease nennen die Branchenkenner das. Offiziell heißt es von Lufthansa, der Name Eurowings eigne sich besser zur Vermarktung, weil auch Flüge zwischen europäischen Staaten ohne Landung in Deutschland angeboten würden. Tatsächlich aber hatte Spohr in der Eurowings deutlich niedrigere Tarifstrukturen durchgesetzt.
Tarifverträge bis 2022
Die Krux daran: Die Tarifverträge bei Germanwings laufen noch bis 2022. Und so kam die Lufthansa in die missliche Lage, gleich ein ganzes Bündel an Billigmarken mit eigenen Flugbetrieben nebeneinander betreiben zu müssen. Neben Germanwings und Eurowings noch die eigenständige „Eurowings Europe“ mit Sitz in Österreich, sowie Brussels aus Belgien und dem Joint Venture SunExpress mit Turkish Airlines.
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Als eigene Marke treten viele dieser Lufthansa-Töchter gar nicht mehr auf. Viele Germanwings-Flieger sind in den Farben der Eurowings lackiert, die Crews tragen blaue statt violette Uniformen. Auch vier Langstreckenjets von Brussels und SunExpress sehen aus wie Eurowings-Flieger.
Die Corona-Krise bot der Lufthansa nun die Möglichkeit, das Kapitel Germanwings vorzeitig zu schließen.