Düsseldorf/Berlin – Hat der auf 2030 vorgezogene Kohleausstieg in Nordrhein-Westfalen, den der Energiekonzern RWE Power mit der Landesregierung vor einer Woche vereinbart hat, doch nicht den positiven Effekt für den Klimaschutz, von dem NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ausgehen?
Die beiden Spitzenpolitiker der Grünen sprechen von rund 280 Millionen Tonnen Kohle und damit CO2, die durch das vorzeitige Aus im Vergleich zu einem Ausstieg acht Jahre später im Boden bleiben sollen.
Das Bündnis „Alle Dörfer bleiben“, das weiter um den Erhalt von Lützerath kämpft, bezeichnet diese Zahl als irreführend und verweist auf Berechnungen von Wissenschaftlern des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Sie gehen von maximal 64 Millionen Tonnen CO2-Einsparungen. Wahrscheinlicher sei sogar ein Szenario, das gar keine Einsparungen gegenüber dem bisherigen Abschaltplan möglich macht.
Laut Catharina Rieve vom DIW ergeben sich die 280 Millionen Tonnen CO2-Einsparung nur, wenn man davon ausgeht, dass die gesamte Braunkohle im Tagebaufeld Garzweiler noch verfeuert worden wäre. Doch nach ihren Berechnungen wäre es dazu selbst bei einem Kohleausstieg Ende 2038 mit bis dahin durchgehender Vollauslastung nicht mehr gekommen.
“Wir vergleichen drei Szenarien, in denen die Blöcke innerhalb ihrer jeweiligen Laufzeiten unter Volllast laufen. Das heißt in den Szenarien sorgt weder der Ausbau der Erneuerbaren noch der steigende CO2-Preis dafür, dass die Auslastung in den 2020ern und 30ern sinkt, sondern die Kraftwerke laufen jeweils bis zum Ende ihrer Laufzeit voll ausgelastet.
Bliebe es bei dem Kohleausstieg 2038, also beim alten Zeitplan, würde allein durch in diesem Zeitraum geplanten Abschaltungen von Kraftwerksblöcken der Bedarf an Braunkohle sinken. Dem stehe das neue Szenario des Kohleausstiegs 2030 gegenüber, dass zusätzliche Kraftwerke ans Netz zurückkehren oder länger laufen und Kraftwerke wegen des Gasmangels bis zu ihrer Abschaltung unter Volllast in Betrieb blieben. Deshalb liege die Ersparnis maximal bei 64 Millionen Tonnen. „Auf diese Weise kann es dazu kommen, dass die gleiche Menge Kohle in kürzerer Zeit verbrannt wird“, sagt Rieve.
„Das Klima interessiert sich nicht für Jahreszahlen. Entscheidend ist, weniger Treibhausgase auszustoßen. Mit dem Ausstiegspfad für 2030, wie ihn RWE und die Regierung vereinbart haben, verfeuern wir aber die gleiche Menge Kohle, nur in kürzerer Zeit. Und das wird uns mit irreführenden Zahlen als Erfolg fürs Klima angepriesen“, sagt Christopher Laumanns von „Alle Dörfer bleiben“.