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Kölner Flughafen-Chef Vanneste„Wir müssen anfangen, mehr Geld zu verdienen“

Lesezeit 7 Minuten

Landung auf der Hauptstart- und- Landebahn in Köln/Bonn (Archivbild)

Köln – Der neue Flughafenchef Johan Vanneste spricht im Interview über seinen Start, die wirtschaftliche Lage und seine Strategie nach dem Abzug der Langstrecke.

Herr Vanneste, Sie sind seit mehr als 100 Tagen im Amt als neuer Chef des Flughafens Köln/Bonn. Wie ist Ihr erster Eindruck vom Unternehmen?

Ich hatte einen sehr herzlichen Empfang, das habe ich so zuvor noch nie erlebt. Die Stimmung in der Belegschaft habe ich als hoffnungsvoll empfunden. Der Flughafen hat viele gute und erfahrene Mitarbeiter – an dieser Stelle sind wir gut aufgestellt.

Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Lage?

Schon vor meinem Amtsantritt habe ich in den Bilanzen gesehen, dass die wirtschaftlichen Ergebnisse nicht gut sind. Es bleibt unter dem Strich zu wenig übrig. Ein Flughafen ist ein kapitalintensives Unternehmen, das heißt, wir brauchen gute Wirtschaftsergebnisse, um zu investieren und um für Kredite gute Konditionen bei den Banken zu bekommen. Wir müssen also anfangen, mehr Geld zu verdienen.

Flughafen Grafik

Der Flughafen hat in den vergangenen Jahren einen Gewinn im einstelligen Millionenbereich erwirtschaftet? Wo wollen Sie hin?

Köln/Bonn ist insofern anders als viele andere internationale Flughäfen, weil wir zwar ein privates Unternehmen sind, das aber der öffentlichen Hand gehört. Da ist der Druck natürlich nicht so hoch, den Gewinn zu maximieren, wie im Falle einer Beteiligung eines privaten Investors. Wenn wir Köln/Bonn aber mit München oder Frankfurt vergleichen, so fällt auf, dass dort die Ebitda-Marge, also die Messgröße für Profitabilität, mit rund 35 Prozent deutlich höher liegt als hier mit 15 Prozent. Ich wäre auch schon mit 30 Prozent zufrieden.

Man kann aber auch der Auffassung sein, dass ein Flughafen selbst nicht unbedingt profitabel sein muss, sondern die Infrastruktur bereitstellt, damit andere in der Stadt und der Region Geld verdienen.

Die Einschätzung teile ich nicht. Ich finde, wir müssen in der Lage sein, unsere Eigentümern und der gesamten Region einen Mehrwert zu bieten und gleichzeitig so viele Erträge zu erwirtschaften, dass wir unsere Investitionen stärker aus eigener Kraft finanzieren können.

Johan Vanneste dpa

Johan Vanneste

Wie wollen Sie das erreichen?

Das größte Potenzial sehe ich nicht im Flugbetrieb. Es mag zunächst verrückt klingen, aber mit Flugzeugen, die starten, landen und parken, machen wir keinen Gewinn. Das ist ein Nullsummen-Spiel. Flughäfen verdienen Geld mit „Non-Aviation“, also Duty-free-Geschäften, Parkgebühren, Einzelhandel oder Gastronomie. Und da wollen wir den jeweiligen Betrag pro Passagier noch steigern. Allerdings muss man auch einbeziehen, dass der Flughafen eine Bahnanbindung hat, die immer mehr Menschen wegen der schwierigen Verkehrslage nutzen. Das schlägt sich in den Einnahmen bei den Parkgebühren wieder.

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Ist es nicht so, dass die Einnahmen des Einzelhandels an den Flughäfen zurückgehen, weil die Menschen immer mehr im Internet einkaufen?

Das Duty-free-Geschäft steigt noch immer, auch die Geschäfte mit der Gastronomie laufen immer besser. Da die Passagierzahlen in den vergangenen Jahren so stark gestiegen sind, sind die Betreiber auch bereit, mehr für ihren Shop am Flughafen zu bezahlen. Das heißt, jeder Mieterwechsel erhöht unsere Einnahmen.

Wo gibt es noch freie Kapazitäten?

Im Non-Schengen-Bereich des Terminal 2 ist noch Platz. Darüber hinaus denken wir über mobile Geschäftseinheiten nach, aber dafür braucht man eine Baugenehmigung und die dauert ihre Zeit. Auch bei Werbung und Werbeflächen gibt es noch Potenzial.

Eine weitere Einnahmequelle sind Vermietung oder Verpachtung auf dem Gelände. Es gibt landseitig noch freie Flächen.

Mir schwebt so etwas wie eine Airport City vor. Wir haben große, attraktive Flächen in Terminal-Nähe zur Verfügung, um neue Bürogebäude für Airline-Kunden oder Unternehmen zu bauen, die regelmäßig den Flughafen nutzen. Wir planen dort zunächst ein neues Hotel, für das wir nun einen Betreiber gefunden haben. Außerdem wollen wir den von Eurowings gewünschten neuen Campus für ihre Firmenzentrale mit dieser Airport-City verbinden. Wir wollen, dass Eurowings langfristig am Flughafen bleibt. Das ist uns wichtig. Aber ich sage auch: Genauso wichtig ist, dass unsere Bauprojekte Geld bringen.

Den Gewinn zu steigern, heißt auch Kosten senken. Wo setzen Sie an?

Es gibt konkrete Pläne, die sind aber noch nicht spruchreif. Wir schauen uns alles an bis hin zu Berater- und Anwaltskosten, Energieverbrauch, Unterhaltskosten und vieles mehr.Ihr Vorgänger Michael Garvens hat Millionen dafür ausgegeben, Airlines an den Standort zu holen und hier zu halten. Wollen Sie diese Geschäftspolitik weiterführen?Diese Form der Unterstützung ist in der Branche weltweit so üblich. Ob Köln/Bonn da deutlich höher lag als andere, kann ich nicht beurteilen, weil die Vergleichszahlen anderer Airports natürlich nicht öffentlich sind. Wir arbeiten bereits an einer Neuausrichtung, um diese Unterstützung auf einen Level zu führen, das für uns wirtschaftlich akzeptabel ist und mit dem wir nachhaltig Verkehre entwickeln können.

Heißt das, man hatte es bislang übertrieben?

Ja und nein. Ja, wenn man auf unseren Gewinn schaut, und nein, wenn man auf die Passagiere, die Einnahmen in der Region und auf die Jobs schaut, die geschaffen wurden.

Eurowings hat die Langstrecke nach Düsseldorf abgezogen. Und auch die Billigflieger generell sind kein Alleinstellungsmerkmal von Köln/Bonn mehr. Wie sieht Ihre Strategie für die nächsten Jahre aus?

Wir brauchen einen gesunden Mix. Wir sind immer noch sehr stark im Low-Cost-Geschäft. Easyjet etwa ist ein Perspektivkunde. Aber wir brauchen auch die etablierten Airlines wie Lufthansa, Turkish Airlines oder British Airways, die im Winter die Strecke nach London aufnimmt und sich hoffentlich langfristig engagiert. Außerdem sind wir sehr stark in Fracht und Express, wo wir in diesem Jahr mit 880 000 Tonnen einen Rekord verzeichnen. Und ja, die Langstrecke ist nach Düsseldorf gegangen, aber ich sehe da trotzdem noch Möglichkeiten.

Inwiefern?

Die Kapazitäten in Düsseldorf und Frankfurt sind ziemlich eng. Wir hingegen haben noch welche. Neben der Zahl der Verbindungen sind allerdings auch andere Aspekte wesentlich. Die Passagiere müssen sich wohlfühlen, da gibt es in Zeiten von Digitalisierung viele Dinge, von Valet Parking über die Möglichkeit, dass Gepäck selber einzuchecken bis hin zu automatischem Boarding durch Gesichtserkennung. Und wir müssen die Geschwindigkeit bei den Sicherheitskontrollen deutlich verbessern. In vielen Ländern Europas liegt die Hoheit dafür bei den Flughäfen und nicht wie in Deutschland bei der Bundespolizei. Wir unterstützen den Vorschlag aus der Politik, das zu ändern. Dann könnten wir auch Systeme wie „Easy Security“, das hier erfolgreich getestet wurde, aber nicht zum Einsatz kommt, schneller ans Laufen bringen. Wir wollen, das Passagiere bei uns besonders komfortabel fliegen.

Ein wichtiger Faktor für den Flughafen ist, dass es kein Nachtflugverbot gibt. Muss man nicht jetzt beginnen, politische Weichen bei der schwarz-gelben Landesregierung zu stellen, damit die Nachtfluggenehmigung, die 2030 ausläuft, schon vorzeitig verlängert wird?

Ich glaube, Sie sind zu schnell. Heute ist für uns erstmal das laufende Planfeststellungsverfahren wichtig, das zur Prüfung beim Verkehrsministerium liegt. Mit dem Verfahren wollen wir Rechtssicherheit für bestehende Infrastruktur und künftige Baumaßnahmen schaffen. Wie es dann weitergeht, auch bei der Verlängerung der Nachtflugerlaubnis, werden wir später sehen.

Frachtunternehmen wie UPS und Fedex werden frühzeitig wissen wollen, wie es beim Nachtflug weitergeht und wie sicher ihre Investitionen am Standort sind.

Natürlich können wir da nicht mehr allzu lang warten und wir sind mit den Unternehmen im Gespräch. Sie wollen hier bleiben und wachsen und wir müssen alles dafür tun, dass das gelingt. Die Nachtfluggenehmigung ist wichtig, nicht nur für den Flughafen, nicht nur für Köln, sondern für die gesamte Region, die Wirtschaft und die Arbeitsplätze. Die Politik muss aber letztendlich entscheiden, was sie für wichtig erachtet.

Lärmschützer kritisieren, dass die Zahl der Nachtflüge besonders im Passagierbereich im ersten Halbjahr erneut gestiegen ist. Was setzen Sie dem entgegen?

Wir haben schon zweimal die Nacht-Gebühren für die Airlines erhöht und wir planen noch weitere Erhöhungen, um so viele Passagierflüge wie möglich aus der Nacht zu bekommen.

In Köln/Bonn sind die Entgelte deutlich aber deutlich niedriger als etwa in Frankfurt oder Düsseldorf. Wie viele Passagierjets sollen nicht mehr in der Nacht starten oder landen?

Zunächst einmal haben Frankfurt und Düsseldorf Nachtflugverbote, insofern lässt sich das nicht vergleichen. Wir werden selbstverständlich weiterhin alles dafür tun, um die Lärmbelästigung zu vermindern. Das Verhältnis zu unseren Anwohnern ist ganz wichtig für die Akzeptanz des Flughafens.

Das Gespräch führten Constantin Blaß, Lutz Feierabend, Carsten Fiedler und Corinna Schulz

Zur Person

Johan Vanneste (Jahrgang 1960) leitete unter anderem Fracht- und Passagier-Airlines und den Flughafen Luxemburg, bevor er im Mai Chef von Köln/Bonn wurde. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.