Köln – Zwei große Händler in der Region schließen sich zusammen: Die Kölner Rewe Group will den Frechener Großhändler Lekkerland kaufen. Durch die Übernahme soll das Geschäft mit der Unterwegsversorgung innerhalb der Rewe Group ausgebaut werden. Wie die Unternehmen am Dienstag bekanntgaben, soll in Zusammenarbeit der neue Geschäftsbereich „Convenience“ entstehen. Die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden steht allerdings noch aus. Rewe erwartet eine Entscheidung bis Ende 2019 oder Anfang 2020.
„Die Unterwegsversorgung und der Außerhaus-Verzehr gehören zu den stärksten Trends unserer Branche und werden zukünftig eine noch wichtigere Rolle spielen“, sagte Rewe-Chef Lionel Souque. Dabei soll Rewe nun von der Lekkerland-Expertise im Großhandel, zum Beispiel in Logistikfragen, profitieren. Im Gegenzug bringt Rewe seine Stärken im Sortimentsmanagement mit. „Die Aktivitäten und Kompetenzen von Rewe und Lekkerland sind im hohen Maße komplementär“, sagte Lekkerland-CEO Patrick Steppe.
Kein Arbeitsplatzabbau geplant
Zu den Details des Vertrags haben beide Parteien Stillschweigen vereinbart. Auch zu möglichen Synergien äußerten sie sich zunächst nicht. Sprecher beider Seiten betonten jedoch, dass kein Arbeitsplatzabbau geplant sei. Die Lekkerland-Zentrale in Frechen soll außerdem weiterbestehen bleiben.
Lekkerland ist ein Großhändler, der vor allem Tankstellen, Kioske, Bäckereien und Lebensmittelhändler regelmäßig europaweit beliefert – mit Speisen, Tabak und Prepaid-Angeboten. 91.000 Verkaufsstellen hat Lekkerland in sieben Ländern Europas. Mittlerweile entwickelt das Unternehmen aber auch Shopkonzepte für Tankstellen und bietet Logistikdienstleistungen an. Europaweit hat die Gruppe 4900 Mitarbeiter.
Lekkerland litt unter Vertragskündigung
Im vergangenen Jahr musste Lekkerland starke Umsatzeinbußen hinnehmen, weil einer ihrer größten Kunden, die Tankstellenkette Aral, den Vertrag mit dem Großhändler gekündigt hatte. Stattdessen entschied Aral, nun rund die Hälfte aller 2500 Tankstellen-Shops mit Produkten von Rewe auszustatten oder gleich eigene Rewe-to-go-Shops zu eröffnen. Nur selbstständige Aral-Tankstellenbetreiber können dann noch größere Lebensmittel- und Getränkesortimente bei Lekkerland bestellen.
Außerdem bekam das Unternehmen zu spüren, dass immer weniger Menschen rauchen. Im vergangenen Jahr gingen die Erlöse bei den Tabakwaren um insgesamt 3,1 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro zurück. In diesem Bereich erzielt das Unternehmen bislang aber immer noch die höchsten Einnahmen. Im Bereich Food/Non-Food sank der Umsatz um rund drei Prozent auf 2,5 Milliarden Euro.
Immer mehr Rewe-to-go-Geschäfte
Rewe hingegen hat im vergangenen Jahr einen Rekordumsatz von 61,2 Milliarden Euro gemacht. Dem Convenience-Sortiment kommt dabei eine immer wichtigere Bedeutung zu. Mittlerweile betreibt das Unternehmen 19 eigene Rewe-to-go-Geschäfte in Deutschland, weitere acht sollen bis Ende des Jahres folgen.
Aral will die Anzahl der Tankstellen mit entsprechendem Konzept in diesem Jahr um 85 auf 550 ausbauen. Bislang betreibt Rewe mit der Aral-Belieferung aber nur ein kleines Großhandelssortiment – das würde sich mit der Lekkerland-Übernahme ändern. Der Großhandel würde damit für Rewe zum eigenen Geschäftsfeld.
Konsequente Fortsetzung der Strategie
„Rewe hat schon seit einigen Jahren ein Auge auf den Markt mit Außerhaus-Produkten geworfen“, sagte Michael Gerling, Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts EHI, am Dienstag dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Aus der Sicht des Unternehmens ist die Übernahme eine konsequente Fortsetzung dieser Strategie“. Lekkerland bewege sich in einem extrem attraktiven Markt: Zurzeit mache der Außerhaus-Verzehr mit 80 Milliarden Euro etwa ein Drittel des gesamten Lebensmittelmarktes aus. Dieser Anteil nehme weiter zu. In den USA liege er beispielsweise schon bei 50 Prozent.
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Lekkerland sei hingegen durch das schwierige Tankstellen- und Tabakgeschäft angeschlagen und könne von der Stärke Rewes profitieren. Zwischen beiden Unternehmen könnten sich einige Synergien ergeben.
Rewe übernimmt die Anteile im Falle einer Zustimmung des Kartellamtes von den fünf Gründerfamilien, die in einer Holding zusammengefasst sind und 74,9 Prozent halten. Größter alleiniger Anteilseigner ist die Austria Tabak mit 25,1 Prozent.