Droht Köln und der Region eine De-Industrialisierung, ist unser Wohlstand in Gefahr
KommentarFords Kurzarbeit ist ein Alarmsignal
Kurzarbeit ist eigentlich ein gängiges Mittel deutscher Unternehmen, um in der Flaute oder bei bestimmten konjunkturellen Phasen einen Weg zu finden, Personalkosten zu senken, ohne gleich Kündigungen aussprechen zu müssen und wertvolle Mitarbeiter zu verlieren. Auch gehen „nur“ 2000 von 13.000 Beschäftigten von Ford in Köln in die Kurzarbeit. Dennoch schaffte es die Meldung des „Kölner Stadt-Anzeiger“ binnen weniger Minuten in alle großen deutschen Tageszeitungen und die Tagesschau.
Warum schlug diese Nachricht mit vergleichsweise überschaubaren Folgen so vehement ein? Eine Antwort darauf ist, dass Ford ein besonderes Unternehmen für Köln ist. Das Werk steht wie keine andere Institution für die Industrialisierung Kölns, und damit auch für dessen Wohlstand und das Wirtschaftswunder in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg.
13.000 Mitarbeiter und ihre Angehörigen sind wirtschaftlich unmittelbar vom Wohl oder Wehe der Ford-Werke abhängig. Und viele Ehemalige und sonstige Kölner Bürger sind auch emotional mit dem größten industriellen Arbeitgeber der Region verbunden. Darüber hinaus hat Ford in Köln eine Art Frühwarnfunktion. Wenn Ford niest, hustet bald ganz Köln. Ein Grund, warum so viele Medien sensibel auf die Nachricht von der erneuten Kurzarbeit reagieren, ist, dass man es als erstes, aber deutliches Zeichen einer beginnenden De-Industrialisierung Kölns und der Region interpretieren kann. Und die roten Zahlen von Bayer schlagen in dieselbe Kerbe.
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Kölner Werk verliert an Bedeutung
Es gibt noch mehr Zeichen, die auf einen Bedeutungsverlust von Ford in Köln hindeuten. Neun Geschäftsführer hatte Ford Köln einst, dann wurden es vier, jetzt bleiben noch zwei. Alle anderen berichten an die Entscheider in der Konzernzentrale in Detroit. Sogar einen Ford-Deutschland-Chef soll es nicht mehr geben und auch keinen Stellvertreter. Das sind nicht gerade Signale, die zeigen, wie rosig sich die Amerikaner ihr Geschäft am Standort Köln ausmalen.
Auch die Politik, ob in Land, Stadt oder Bund, sollte die Kurzarbeits-Entscheidung des Autobauers als deutliches Warnsignal wahrnehmen. Denn oftmals ist die deutsche Politik auf allen Ebenen offen industriefeindlich. Dazu gehört auch das Auf und Ab beim Thema Elektroauto. Erst gab es hoffnungsvolle Förderung. Die Industrie stellte ihre Produkte um, und als alle auf dem wünschenswerten Weg zur Elektromobilität waren, wurde der Rückwärtsgang eingelegt.
Und ohne einen massiven Ausbau öffentlicher Ladenetze wird es für die meisten Großstadt-Bewohner ohne eigene Einfahrt mit Wallbox ohnehin illusorisch, sich ein E-Auto zu kaufen. Beim Netzausbau ist nun der Staat am Zug.
Umstrittene Hochpreis-Strategie
Viele geben Ford die Schuld an der Absatzkrise. Die neuen Elektromodelle Explorer und Capri kosten fast dreimal so viel wie der Fiesta, der einst in Köln vom Band lief. Setzt das Unternehmen also auf zu teure Autos? Das mag aus Sicht des Autokäufers so sein. Aus Sicht des Kölners, insbesondere des Ford-Mitabeiters, ist es aber anders.
In Köln sollte man froh sein, dass Ford sich für diesen Standort als Elektroauto-Werk entschieden hat. Denn einen elektrischen Billigheimer für 20.000 Euro Einstandspreis würde Ford ganz sicher nicht an einem Hochlohnstandort wie Köln vom Band laufen lassen. Da sind die Werke in Rumänien oder der Türkei sicher deutlich attraktiver. Explorer und Capri, die ab 45.000 Euro kosten, bieten schon größere Chancen.
Eine nächste Regierung, welcher Couleur auch immer, muss Wege finden, die Industrie am Standort zu halten. Ohne sie mit ihren gut bezahlten Jobs und hoher Wertschöpfung gehen bald die Lichter aus. In Köln, in NRW, in Deutschland.