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Auswirkungen des Kriegs in der UkraineÄrmeren Ländern drohen Hungersnöte

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Der Krieg in der Ukraine hat auch Auswirkungen auf die globale Versorgung mit Getreide und Ölsaaten. (Symbolbild)

Berlin – Der Krieg in ihrem Land bringt Leid und Not vor allem für die Menschen in der Ukraine. Wirtschaftliche Effekte reichen aber in viele Staaten der Erde – und auch in Supermärkte und Bauernhöfe in Deutschland. Die Agrarminister der sieben großen Industrienationen (G7) berieten am Freitag unter deutschem Vorsitz und machten sich für weiter offene Märkte stark. Welche Auswirkungen hat der Konflikt auf die Ernährungssicherheit in verschiedenen Regionen der Welt? Die wichsten Fragen und Antworten.

Bei welchen Lebensmitteln könnte es Engpässe geben?

Die Organisation Germanwatch warnt vor Engpässen bei der globalen Versorgung mit Getreide und Ölsaaten. Die Ukraine gilt als eine Kornkammer Europas. In der EU sind einzelne Länder wie Frankreich oder Deutschland zwar ebenfalls große Akteure auf dem internationalen Getreidemarkt, doch die geernteten Mengen in und Exporte aus der Ukraine können die Preise weltweit beeinflussen. Weitere wichtige Agrarexporte aus der Ukraine sind Mais, Raps und Sonnenblumen.

Wo könnten sich die Folgen am meisten bemerkbar machen?

Vor allem in der arabischen Welt und einigen Ländern Asiens und Afrikas dürfte der Krieg Auswirkungen haben. Ägypten, Tunesien, Marokko oder auch Bangladesch importieren große Teile ihres Weizens aus Russland und der Ukraine – insgesamt sind nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO rund 50 Länder auf Einfuhren von dort angewiesen. Die FAO befürchtet, dass in Kriegsgebieten nicht mehr geerntet werden kann. Außerdem sei das Ausschiffen über das Schwarze Meer gefährdet. Germanwatch warnt, dass es in ärmeren Ländern zu Hungersnöten und gesellschaftlichen Verwerfungen kommen könnte.

Auch die Lage in den ohnehin von Krisen und Hunger geplagten Ländern Jemen, Syrien und Libanon kann sich nach Angaben der Weltbank deutlich verschärfen. Die Welthungerhilfe rechnet mit einer zunehmenden Zahl Hungernder. Allerdings: „Die Ukraine wird mit Abstand am meisten betroffen sein“, sagt Agrarexpertin Verena Laquai vom bundeseigenen Thünen-Institut.

Welche Folgen gibt es in Deutschland?

Ernährungsminister Cem Özdemir bekräftigte, dass die Lebensmittelversorgung in Deutschland sicher sei und warnte vor Panikmache. Preise im Supermarkt könnten aber weiter steigen. Dabei haben Rohstoffkosten etwa bei Brot und Brötchen einen kleinen Anteil am Preis. Steigende Energiepreise sind bei anderen Produkten deutlich relevanter.

Ackerbauern können bei hohen Weltmarktpreisen mehr fürs Getreide bekommen – damit wird aber auch Tierfutter teurer. Sorgen machen vielen Höfen drastische Preissprünge für Stickstoffdünger, denn beim Herstellen wird Erdgas gebraucht, das auch teurer wird.

Wer könnte Versorgungslücken schließen?

Kurzfristig könnten mögliche Lücken durch große Exporteure gedeckt werden, sagt Laquai. Längerfristig gehe dies durch eine erhöhte Produktion in allen Teilen der Welt. Es gebe Schätzungen, dass wegen der Kriegsfolgen drei Millionen Tonnen weniger Weizen aus Russland und vier Millionen Tonnen weniger aus der Ukraine exportiert würden. „Insbesondere Australien und Argentinien hatten eine sehr gute Ernte und können somit mehr exportieren“, so die Expertin. Auch die EU könne bei guten Ernten mehr exportieren. Umweltschützer und Politiker kritisieren zudem, dass viel Getreide in Futtertrögen landet.

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Der zweitgrößte Weizenproduzent der Welt, Indien, exportiert bislang nach Regierungsangaben weniger als ein Prozent der Ernte. Denn die indische Regierung legt einen Minimalpreis für Weizen fest, der lange über dem internationalen Weizenpreis lag. Dies sei jetzt allerdings angesichts der wegen der Ukraine-Krise gestiegenen Preise anders, sagte der Chef der Agricultural and Processed Food Products Export Development Authority, Tarun Bajaj, der Deutschen Presse-Agentur.

Welche politische Bedeutung hat das Thema Ernährung?

Auf Ernährungsunsicherheit folgt häufig politische Instabilität. Steigende Lebensmittelpreise gelten auch als einer der Auslöser des sogenannten Arabischen Frühlings. Im Irak und der Türkei protestierten in den vergangenen Wochen bereits viele Menschen gegen die Preiserhöhungen für Lebensmittel. Experten halten auch neue Flüchtlingsbewegungen für möglich.

Muss wegen der Krise auch die deutsche Agrarpolitik umsteuern?

Der Krieg hat den Streit über eine ökologische Wende auf den Feldern neu entfacht. Die oppositionelle Union im Bundestag forderte, Versorgungssicherheit müsse einen höheren Stellenwert haben – dazu gehöre, die begrenzte Agrarfläche in Europa zu intensivieren. Özdemir konterte: „Auch wenn manche das gerne ausblenden, Klimakatastrophe und Artensterben sind real existierende Probleme, die wir lösen müssen.“ Ein Ziel gegen das andere auszuspielen, heiße, eine Krise mit der nächsten zu bekämpfen. „Das ist weder klug noch effektiv.“ (dpa)