„Offene Kriegserklärung“Möglicher Weselsky-Nachfolger attackiert Deutsche Bahn trotz GDL-Einigung

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Claus Weselsky (l.), Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und sein designierter Nachfolger Mario Reiß auf dem Weg zu Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn.

Claus Weselsky (l.), Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und sein designierter Nachfolger Mario Reiß haben mit teils umstrittenen Warnstreiks einen neuen Tarifvertrag erkämpft. Die Kritik an der Deutschen Bahn bleibt allerdings deutlich.

GDL und Deutsche Bahn haben sich auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Der mögliche Nachfolger von Claus Weselsky verschärft dennoch den Ton.

Der Streit zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) droht weiter zu eskalieren. Trotz der jüngsten Einigung über einen neuen Tarifvertrag hat Mario Reiß, designierter Nachfolger des GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky, den Vorstand des Konzerns vergangene Woche scharf attackiert.

Reiß, der derzeit stellvertretender Bundesvorstand der GDL ist, nannte die Anwendung des Tarifeinheitsgesetzes (TEG) bei der Deutsche Bahn im „Tagesspiegel“ „eine offene Kriegserklärung gegen die GDL“. Er forderte deutliche Veränderungen für künftige Verhandlungsrunden, um eine erneute Eskalation des Tarifkonflikts zu verhindern.

GDL: Möglicher Nachfolger von Claus Weselsky wirft Deutscher Bahn „Kriegserklärung“ vor

Das Tarifeinheitsgesetz schreibt vor, dass in den 300 Subunternehmen der Deutschen Bahn jeweils nur der Tarifvertrag der dort größeren Gewerkschaft gilt. Dadurch befinden sich viele GDL-Lokführer in „blauen Betrieben“, wo die Konkurrenzgewerkschaft EVG die Mehrheit hat. Sie profitieren also nicht von dem von ihrer Gewerkschaft ausgehandelten Tarifvertrag.

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Eine Versöhnung mit der EVG schließt Reiß im Interview klar aus und sieht keinen Spielraum für eine Fusion. „Unsere gewerkschaftliche Konkurrenz hat in der Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber versucht, ihre Schwäche zu kaschieren“, so der designierte Weselsky-Nachfolger weiter.

Claus Weselsky: Massive Kritik an GDL-Chef nach tagelangen Streiks im Tarifkonflikt

Deutsche Bahn und GDL hatten sich erst Ende März auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt, der unter anderem die Absenkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich vorsieht. GDL-Chef Claus Weselsky nannte das Ergebnis „einen Erfolg auf nahezu ganzer Linie“. Er geht im Herbst in den Ruhestand.

Die GDL hatte im Tarifkonflikt zeitweise fast sechs Tage am Stück die Arbeit niedergelegt, kurz vor der Einigung drohte Weselsky mit weiteren Wellenstreiks. Speziell in den vergangenen Wochen hatte es massive Kritik an den Maßnahmen der GDL gegeben, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) erklärte, ihm fehle für die Streiks teilweise das Verständnis.

Tarifstreit mit der Deutschen Bahn: Mario Reiß stellt Bedingungen für keine weiteren Streiks

Der designierte Weselsky-Nachfolger Reiß hat Hoffnung, dass es bei der nächsten Tarifrunde nicht erneut zu einer derartigen Eskalation kommt: „Es ist durchaus möglich, dass wir auch in der nächsten Tarifrunde mit der Deutschen Bahn ohne großen Stress ein ordentliches Ergebnis erzielen können. Klar ist aber auch, dass man beide Seiten dafür braucht“, sagte Reiß.

Die GDL ist im Vergleich zur EVG die kleinere Gewerkschaft innerhalb der Unternehmen der Deutschen Bahn. Auch die EVG hatte im vergangenen Jahr mehrfach für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt, im Gegensatz zur GDL aber nicht per Urabstimmung den Weg für unbefristete Streiks freigemacht. (shh)

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