Die Folgen der Haushaltssperre sind noch nicht absehbar. Politik und Industrie fordern nun klare Bekenntnisse und Planungssicherheit.
Nach Haushaltssperre im BundNRW fürchtet Aus für Förderungen
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst fordert die Bundesregierung nach der verhängten Haushaltssperre auf, Zusagen zu Fördermitteln für die Wirtschaft einzuhalten. „Die Ampel hat unserer Wirtschaft fest zugesagt, dass alle Förderzusagen eingehalten werden. Dieses Wort muss Bestand haben“, sagte der CDU-Politiker dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Gerade Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in energieintensiven Unternehmen bräuchten Sicherheit. „Die SPD-geführte Bundesregierung muss aufhören, Unsicherheit bei den Beschäftigten zu streuen. Das ist unverantwortlich. Stattdessen braucht es nun schnell Planungssicherheit“, so Wüst weiter.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts zahlreiche Posten im Bundeshaushalt gesperrt. „Das BMF stoppt die Verpflichtungsermächtigungen in 2023, um Vorbelastungen für kommende Jahre zu vermeiden“, hieß es am Montagabend aus Kreisen des Ministeriums. Dies betreffe Etats aller Ministerien. Eine Verpflichtungsermächtigung gibt einer Verwaltung die Möglichkeit, für künftige Jahre Zahlungsverpflichtungen einzugehen.
Auch Wirtschaftsstabilisierungsfond gesperrt
Am Dienstagnachmittag sperrte das Bundesfinanzministerium auch den sogenannten Wirtschaftsstabilisierungsfond (WSF). Aufgrund der Karlsruher Entscheidung könnten die WSF-Kreditermächtigungen „im Jahr 2023 nach derzeitiger Rechtslage nicht mehr genutzt werden“, heißt es in einem Schreiben von Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer an die anderen Ministerien. Nach Angaben aus Kreisen des Finanzressorts ist die Auszahlung der Energiepreisbremsen in diesem Jahr aber nicht betroffen.
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Die Bundesregierung hatte den WSF 2022 zur Abfederung der Energiekrise in der Folge des Ukraine-Kriegs mit 200 Milliarden Euro ausgestattet. Aus dem Fonds wurden seitdem die Strom- und Gaspreisbremsen für Verbraucherinnen und Verbraucher finanziert sowie Stützungsmaßnahmen für Firmen und wichtige Gasimporteure.
NRW-Industrie fordert Bekenntnis der Politik
Neben Wüst fürchten auch weitere Regierungsvertreter aus NRW gravierende Folgen. Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) sagte auf Anfrage, mit „der legitimen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts“ habe sich die Haushaltslage in wirtschaftlich schwierigen Zeiten noch einmal deutlich zugespitzt: „Die Entscheidung ist so tiefgreifend, dass wir momentan noch nicht alle Folgen ablesen können, weder im Bund noch für NRW. Klar ist, sie sind massiv.“ Auch Wibke Brems, Fraktionschefin der Grünen im Landtag, sieht durch die Entscheidung in Berlin „Auswirkungen auf uns alle“.
So sei zu befürchten, dass die Förderprogramme zum klimagerechten Umbau der Städte betroffen sein könnten. Thorsten Schick richtet einen Appell an den Bundeskanzler. „Die Handlungsspielräume werden kleiner. Ich erwarte, dass die Bundesregierung jetzt ihre Hausaufgaben macht“, sagte der CDU-Fraktionschef.
Die Industrie in NRW fordert derweil Klarheit. Beim Leverkusener Chemie-Konzern Covestro hieß es, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts habe „weitreichende Auswirkungen auf die weitere Finanzierung der Energiewende und der Industrietransformation“. Man baue darauf, dass die Bundesregierung „eine schnelle Lösung findet, die ein klares Bekenntnis zum Erhalt der heimischen Industrie am Standort Deutschland sendet. Wir müssen die nächsten Schritte sowie konkrete Umsetzung abwarten, um die Auswirkungen auf Covestro beurteilen zu können.“
Thyssenkrupp-Chef Bernhard Osburg hatte zuvor einen Gipfel von Bundeskanzler Scholz gefordert. Denn auch wenn der milliardenschwere Förderbescheid, den der Konzern im Sommer überreicht bekam, wohl nicht gefährdet ist, befürchtet der Konzern offenbar, dass andere Förderungen wegfallen könnten.