Wesseling/Köln – Der Mineralöl- und Erdgaskonzern Shell hat in der Rheinland-Raffinerie in Wesseling eine der weltweit ersten Anlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Betrieb genommen. Die Anlage hat nach Angaben des Shell-Werksleiters Marco Richrath eine Leistung von zehn Megawatt und kann pro Jahr bis zu 1300 Tonnen „grünen“ Wasserstoff produzieren.
Nachweis über grünen Strom
„Wir setzen dazu ausschließlich grünen Strom ein und werden das auch nachweisen“, versprach Fabian Ziegler, Chef von Shell Deutschland, bei der feierlichen Eröffnung auf dem Raffinerie-Gelände. Die neue Anlage trägt den Namen „Refhyne“.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) legte – gemeinsam mit Firmenvertretern, Politikern und Branchenvertretern – symbolisch den Hebel um für die Elektrolyse zur Wasserstoffproduktion. Laschet, der auch Kanzlerkandidat der Unionsparteien ist, sagte wörtlich: „Das ist der Startschuss in ein klimaneutrales Industrieland – Wasserstoff marsch“. Laschet wertet Wasserstoff als sehr wichtig, um zukünftig Industrie-Arbeitsplätze in Deutschland zu halten und zugleich beim Klimaschutz voranzukommen.
Stahlhütten, Chemiefabriken und Zementwerke benötigen Wasserstoff, um künftig bei der Produktion kein klimaschädliches Kohlendioxid mehr auszustoßen. Auch synthetische Brenn- und Kraftstoffe können mit Wasserstoff hergestellt und im Transportbereich eingesetzt werden. Die EU und der Bund unterstützen den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft mit Milliardensummen.
„Beispielgebend für Europa“
„Diese Wasserstoff-Anlage ist beispielgebend für Europa und weist den Weg in Richtung Klimaneutralität“, sagte Laschet, der den Brennstoff als Möglichkeit sieht, NRW als Industrieland auch mit der Energiewende zu erhalten. „Wir werden auch in 20 Jahren noch Autos und Stahl herstellen, aber klimaneutral“, sagte Armin Laschet vor genau 100 geladenen Gästen, vor allem aus der Industrie.
Allerdings macht man bei Shell offen keinen Hehl daraus, dass man von einer wirtschaftlichen Nutzung des „grünen“ Wasserstoffs noch weit entfernt ist. Wasserstoff, hergestellt mit Strom aus erneuerbaren Energien, kostet zurzeit 8,30 Euro je Kilogramm und damit fünf Mal so viel wie solcher, der mit konventionellem Strom gewonnen wird. „Wie genau der grüne Wasserstoff ökonomisch produziert werden kann, ist noch unklar. Ein Stück haben wir geschafft, den Rest der Distanz kann ich noch nicht überblicken“, sagte Shell-Deutschlandchef Ziegler. Mögliche Wege dorthin seien steigende Preise oder eine weitere Skalierung sowie eine CO2-Bepreisung, so Ziegler.
Ungeachtet der mangelhaften Wirtschaftlichkeit will Shell den Ausbau der Kapazitäten zur Produktion des „grünen“ Wasserstoffs vervielfachen. So ist eine weitere Refhyne 2 genannte Elektrolyse-Anlage in Planung. Sie soll eine Leistung von 100 Megawatt haben. „Sie könnte schon Ende 2024 fertiggestellt sein“, sagte Ziegler am Rande der Eröffnung. Eine endgültige Investitionsentscheidung sei aber noch nicht gefallen. Ministerpräsident Armin Laschet deutete in seiner Laudatio Unterstützung durch das Land NRW an, ohne aber konkrete Zahlen oder Ähnliches zu nennen.
Für neun Prozent der Emissionen verantwortlich
Shell ist nach eigenen Angaben direkt für ein Prozent und indirekt über den Verbrauch der Kunden zu neun Prozent für die gesamten CO2-Emissionen Deutschlands verantwortlich. Damit gehört das Unternehmen zu den Spitzen-Emittenten. Sechs Prozent der Emissionen entfallen allein auf Thyssen-Krupp, ein Prozent auf den Essener Aluminiumproduzenten Trimet.
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Für Shell soll der umweltfreundlich erzeugte Wasserstoff aber nur ein Bestandteil auf dem Weg zur langfristig angestrebten Klimaneutralität sein. „Wir möchten auch in die Herstellung grünen Stroms einsteigen“, sagte Ziegler. Die Rheinland Raffinerie in Wesseling und Köln-Godorf ist die größte Raffinerie in ganz Deutschland.