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RWE arbeitet an seinem Öko-ImageWie der Braunkohle-Konzern klimaneutral werden will

Lesezeit 4 Minuten
Rolf-Martin Schmitz

RWE-Chef Rolf Martin Schmitz zieht sich das Jackett erst auf der Bühne an, alle Signale bei RWE sollen „Aufbruch“ bedeuten.

Essen/Köln – Kein Konzern in Deutschland ist für so viel Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich wie der Energiekonzern RWE. Laut Geschäftsbericht verursachte das Essener Unternehmen 2018 118 Millionen Tonnen an CO2, das ist ungefähr so viel wie Heidelberg-Cement, Lufthansa und BASF zusammen, und alle gehören zu den Top-Fünf-Verursachern des Klimagases in Deutschland. Kein Wunder, dass RWE daher angesichts der aktuellen Klimadebatte für Umweltaktivisten das Feindbild Nummer eins ist.

Jetzt will ausgerechnet dieses Unternehmen vom Saulus zum Paulus werden. „Bis zum Jahr 2040 wird unser Unternehmen klimaneutral sein“, sagte Vorstandschef Rolf Martin Schmitz am Montag vor mehr als 100 Journalisten am neuen Firmensitz mit der ebenfalls neuen Adresse „RWE-Platz 1“. Der Satz ist perfekt inszeniert. Demonstrativ zieht sich der RWE-Boss erst zu Beginn der Pressekonferenz sein schwarzes Jackett an und zeigt einen emotionalen Kurzfilm, wie er sich die Zukunft des Energieriesen vorstellt. Die Firmenoptik ist neu. Eine blonde, nachdenkliche junge Frau vor Windrädern ist das neue RWE-Gesicht. „Nahbar, transparent, freundlich“ soll das modernisierte Erscheinungsbild sein, gestaltet von der Werbeagentur Scholz & Friends. „Heute beginnt die Ära der neuen RWE“, sagte Schmitz stolz. Viel Pathos in einem im wahrsten Sinne unvollendeten Rohbau des „RWE-Campus“ im Essener Norden. Alles soll Aufbruch signalisieren.

Tag eins der „neuen RWE“

Der Montag ist deswegen der Tag eins der „neuen RWE“, wie Schmitz sie nennt, weil seit dem Tag das größte Tauschgeschäft der deutschen Wirtschaftsgeschichte abgeschlossen wurde. Der Wandel von RWE zum Ökostrom-Anbieter ist Folge eines weitreichenden Deals mit dem Erzrivalen Eon. Die beiden Energieriesen haben Innogy unter sich aufgeteilt. Eon übernimmt das Netz- und das Endkundengeschäft und reicht die eigenen Erneuerbaren und die von Innogy an RWE weiter. Die Wettbewerbshüter der EU-Kommission hatten das Geschäft mit einem Gesamtwert von mehr als 40 Milliarden Euro vor kurzem genehmigt.

Deutschlands größter Braunkohleverstromer wird durch die Übernahme der erneuerbaren Energien des bisherigen Konkurrenten Eon zu einem der international führenden Unternehmen beim Ökostrom – bei Strom aus Windkraftanlagen auf See rangiert RWE nach eigenen Angaben sogar weltweit auf Platz zwei. Der Konzern gehe „weit über das hinaus, was nationale und internationale Klimaschutzziele verlangen“, sagte Schmitz.

Keine Investitionen in deutsche Windkraft

In Deutschland sieht Schmitz derzeit nur geringe Investitionsmöglichkeiten beim Ökostrom. „Im Moment ist das Umfeld schwierig.“ Vor allem bei der Windkraft an Land dauere alles viel zu lange. „Das ist kein Geschäft in Deutschland für uns.“ Die aktuelle Konzentration von RWE auf Projekte im Ausland wird auch an den Zahlen zur Erzeugungskapazität deutlich, die Schmitz präsentierte. Von den neun Gigawatt, die derzeit am Netz sind, entfallen nur 1,5 Gigawatt auf Deutschland. Die großen in Bau befindlichen Wind- und Solarparks sind in den USA und Australien. Auch im asiatisch-pazifischen Raum will RWE aktiver werden.

Pro Jahr sollen 1,5 Milliarden Euro in die Erneuerbaren investiert werden. Geld für die Investitionen soll auch aus der Beteiligung von 16,7 Prozent am bisherigen Rivalen Eon kommen, wie Finanzchef Markus Krebber sagte. Den Aktionären, darunter sind zahlreiche Kommunen, stellte er eine langfristig leicht steigende Dividende in Aussicht. Bei den gesetzlichen Regelungen für den Kohleausstieg fordert Schmitz mehr Tempo. „Mich befremdet es auch etwas, dass es länger braucht, es umzusetzen als es zu erfinden“, sagte der RWE-Chef. „Das sollte vielleicht die Bundesregierung mehr beunruhigen als uns.“ Je eher man in den Ausstieg einsteige, desto früher gingen auch die Emissionen zurück. Deshalb sei der Gesetzgeber „stärker am Zug als wir“.

Kritik von Umweltverbänden

Bei Umweltverbänden stieß die Ankündigungen auf Kritik. „RWE muss für einen glaubwürdigen Kurswechsel deutlich mehr tun, als erneuerbare Energien einzukaufen“, sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND. Der Konzern bleibe so lange unglaubwürdig, wie er zugleich Braunkohle auf Hochtouren verstrome und seine Bagger weiter ungebremst Richtung Hambacher Wald vorrückten. Greenpeace betonte, bis 2040 werde in Europa längst kein Braunkohlekraftwerk mehr laufen. RWE müsse alle europäischen Kohlekraftwerke schrittweise bis spätestens 2030 vom Netz nehmen.

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An der Börse kommt die neue RWE bislang gut an. Die Aktie hat seit Jahresbeginn fast um die Hälfte zugelegt und gehört damit zu den Top Drei im Dax. Damit schneidet RWE deutlich besser ab als Eon. Der Aktienkurs des bisherigen Konkurrenten, der durch den Deal mit RWE keine eigene Stromproduktion mehr hat, kommt seit Monaten nicht von der Stelle. (mit dpa)