RWE will Ökostrom ausbauenKonzern gewinnt weniger Energie aus Braunkohle
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Essen – Deutschlands größter Kohleverstromer RWE baut auch in der Corona-Krise seine Ökoenergien kräftig aus. In diesem Jahr haben die Essener bereits 1,3 Milliarden Euro in neue Windkraft- und Solaranlagen sowie Batteriespeicher investiert, wie Finanzvorstand Markus Krebber am Donnerstag bei der Vorlage der Geschäftszahlen für die ersten drei Quartale des Jahres berichtete.
Kapitalerhöhung im Sommer
Im Sommer hatte sich der Konzern mit einer Kapitalerhöhung frisches Geld für den Ausbau besorgt. Bis Ende 2020 soll die Erzeugungskapazität an Wind- und Solaranlagen auf 10 000 Megawatt steigen.
Der Wandel bei RWE lässt sich auch an der Stromproduktion ablesen. Sonne, Wind, Wasser und Biomasse lieferten von Januar bis September mit 21,3 Milliarden Kilowattstunden schon annähernd so viel Strom wie die Braunkohlekraftwerke. Die Kraftwerke im rheinischen Revier produzierten 23,4 Milliarden Kilowattstunden, ein Drittel weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der Schwenk zum Ökostrom zahlt sich für RWE auch finanziell aus. Für Solar- und Windstrom habe RWE zumeist eine über dem Marktniveau liegende Vergütung erhalten, heißt es im Quartalsbericht.
Operativ konnte der Konzern in den ersten neun Monaten zulegen. Unter Berücksichtigung des in diesem Jahr abgeschlossenen Tauschgeschäfts mit dem einstigen Konkurrenten Eon verbesserte RWE sein bereinigtes operatives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in den ersten drei Quartalen von nahezu 2,0 auf 2,2 Milliarden Euro. Das bereinigte Nettoergebnis lag nach den ersten neun Monaten bei 762 Millionen Euro. RWE hatte die erneuerbaren Energien von Eon und der eigenen Ex-Tochter Innogy übernommen.
Besonders gute Ergebnisse lieferten in diesem Jahr bisher die Windanlagen auf See, weil die Anlagen deutlich besser ausgelastet waren. Vom operativen Ergebnis macht das Offshore-Segment etwa ein Drittel aus. Auch in der Sparte Biomasse/Wasser/Gas konnte RWE deutlich zulegen. Abstriche musste der Versorger dagegen beim Energiehandel machen. In kleinerem Umfang macht sich hier die Corona-Krise bemerkbar, weil die Rohstoffpreise im Zuge der Pandemie eingebrochen waren. Dennoch nennt RWE die Entwicklung „zufriedenstellend“.
Die Auswirkungen des aktuellen Teil-Lockdowns auf RWE werden „sehr überschaubar sein“, sagte Krebber. In Deutschland gebe es keine niedrigere Stromnachfrage. Auch ein über den Winter gehender Lockdown werde keine größeren Auswirkungen auf RWE haben.
RWE sieht durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Entschädigungen für den Atomausstieg seine Ansprüche bestätigt. „Nach erster Einschätzung wird sich unsere Rechtsposition definitiv nicht verschlechtern“, sagte Krebber. Die Entscheidung müsse aber noch genau geprüft werden. RWE erwarte als Entschädigung für nicht mehr nutzbare Reststrommengen seiner Atomkraftwerke ungefähr einen „mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag“.
Die Karlsruher Richter hatten nach einer Klage des Energiekonzerns Vattenfall entschieden, dass der finanzielle Ausgleich für bestimmte Kraftwerksbetreiber wegen des beschleunigten Atomausstiegs nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima noch einmal komplett neu geregelt werden muss.