Der Focus ist derzeit das einzige Auto, das Ford in Deutschland baut. Wegen eines Streiks stockt ausgerechnet hier die Produktion.
Streik in SaarlouisWie viel der Arbeitskampf Ford kostet
Bei Ford in Saarlouis stehen seit Freitagmorgen die Bänder still. Hintergrund ist, dass die Mitarbeiter der umliegenden Zulieferbetriebe die Arbeit niedergelegt haben. Mit Beginn der Frühschicht hatte die IG Metall die Beschäftigten von fünf Firmen im Zuliefererpark aufgerufen, in einen unbefristeten Streik zu treten.
Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Warum wird an der Saar gestreikt?
Der US-Autobauer schließt sein zweites deutsches Werk neben Köln Ende 2025. Damit ist auch für die Zuliefer-Betriebe im Industriepark Schluss, die für den Bau des Ford Focus unter anderem Motor/Getriebe, Achsen, Karosserieteile, Kabelnetzsysteme und Abgasanlagen produzieren. Für sie ist Ford der größte Abnehmer. Derzeit arbeiten nach Betriebsratsangaben noch rund 710 Beschäftigte in dem Industriepark, die ihre Jobs verlieren werden. Der Altersdurchschnitt der Mitarbeiter liegt nach Angaben der IG Metall bei über 50 Jahren. Viele der Menschen befürchten große Schwierigkeiten, einen neuen Job zu finden.
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Die Unternehmensvertreter der fünf Betriebe Magna, Benteler, Tenneco, Rhenus LMS und Lear Corp. hätten der Gewerkschaft IG Metall bei Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag seit Juli 2023 „keine einigungsfähigen Angebote, sondern lediglich ein billiges Abspeisen angeboten“, sagte der Verhandlungsführer der IG Metall Völklingen, Ralf Cavelius. Ein Ultimatum zum 29. Februar sowie ein weiteres zweitägiges Moratorium seien abgelaufen. Schließlich rief die Gewerkschaft jüngst zur Urabstimmung auf. Zwischen 90 und 99 Prozent lag die Zustimmung.
Welche Folgen hat das für Ford?
Aufgrund der kurzen Lieferketten zwischen den Zulieferern und der Focus-Produktion kam kurz nach Beginn des Streiks die Fertigung im Werk zum Erliegen. Das bestätigte auch Ford-Sprecherin Ute Mundolf auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Die Fertigung steht seit heute Morgen“. „Wenn die Teile nicht mehr geliefert werden, können wir nicht produzieren“, sagte Mundolf. Derzeit würden noch rund 600 Focus pro Tag gebaut. Bis zum Ende der Fertigung im November 2025 werde die Zahl sukzessive reduziert.
Nach Einschätzung von Ford-Gesamtbetriebsratschef Benjamin Gruschka kostet jeder Streiktag die Tochter des US-Konzerns rund eine Million Euro. Zumal der Focus derzeit das einzige Auto ist, das Ford in Deutschland baut. Der Start des elektrischen Explorers musste auf Juni dieses Jahres verschoben werden. „Mit den unbefristeten Streik wird der Druck auf die Unternehmen deutlich erhöht“, sagt Gruschka dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Auch am Wochenende gebe es seitens der Gewerkschaft das Angebot, weiterzuverhandeln.
Wie geht es für die Fordbeschäftigten weiter?
Für die Beschäftigten im Ford-Werk selbst gilt seit Ende Februar ein Sozialtarifvertrag. Die Bedingungen für verbleibende und ausscheidende Beschäftigte gelten als sehr attraktiv. Die Vereinbarungen beinhalten die Weiterbeschäftigung von 1000 der insgesamt 3750 Ford-Mitarbeitern bis Ende 2032, hohe Abfindungen und Prämien, die Bildung einer Transfergesellschaft und Qualifizierungsprogramme. Außerdem soll das Ende der Produktion des Ford Focus um ein halbes Jahr auf November 2025 verschoben werden.
Warum wird Saarlouis geschlossen?
Ford hatte im Sommer 2022 beschlossen, das Werk in Saarlouis zu schießen. Der Entscheidung vorausgegangen war ein monatelanger, hart geführter Konkurrenzkampf zwischen den Fordwerken Saarlouis und Valencia in Spanien, an welchem der beiden Standorte Elektroautos der nächsten Generation von Ford gebaut werden. Valencia bekam den Zuschlag - auch wenn im Nachgang noch gar nicht final entschieden ist, ob dort wirklich ein fordeigenes E-Auto gebaut wird.
Damit war damals aber zugleich das Ende des Werkes sowie der Produktion des Modells Focus 2025 besiegelt. Lange suchte Ford zusammen mit der saarländischen Landesregierung einen Investor. Von mehreren Interessenten blieb schließlich ein Großinvestor übrig. Immer wieder genannt wurde dabei der chinesische Autokonzern BYD. Der Konzern will, wie auch andere chinesische Hersteller, in Europa Fuß fassen. Eigentlich schienen die Verhandlungen zum Verkauf des Werkes auf einem guten Weg, als Anfang Oktober 2023 die Verhandlungen scheiterten. Der mögliche Käufer sei abgesprungen, sagte Ford-Deutschland-Chef Martin Sander damals. Der Rückzug kam dabei offenbar völlig überraschend.