Die Corona-Krise hat den Bierkonsum in den eigenen vier Wänden spürbar angekurbelt. Und trotzdem haben die Kölsch-Brauer mit Einbußen zu kämpfen.
Kleine Gewinne stehen großen Verlusten gegenüber – eine Analyse der schwierigen Lage und was diese für die Jobs in der Stadt bedeutet.
Köln – Corona hat das Freizeitverhalten der Deutschen auf den Kopf gestellt. Das trifft die Brauereien, aber nicht ausschließlich negativ. Zumindest in einigen Segmenten konnten die Bierhersteller durch Corona-Schutzmaßnahmen und anderes Konsumverhalten auch Pluspunkte sammeln. Denn die Bierfreunde im Land stellen wegen der Pandemie nicht das Trinken ein. Sie gönnen es sich nur in anderer Form.
Die Corona-Krise hat den Bierkonsum in den eigenen vier Wänden spürbar angekurbelt. Insgesamt kauften die Deutschen im ersten Halbjahr im Einzelhandel und in Getränkeabholmärkten pro Kopf rund 38,6 Liter Bier und Biermixgetränke, wie eine Studie des Marktforschungsunternehmens Nielsen ergibt. Das seien pro Person fast acht Flaschen mehr als im ersten Halbjahr 2019.
52 Euro pro Kopf
Die Ausgaben bezifferten die Marktforscher auf gut 52 Euro pro Kopf. „Aktuell beobachten wir den stärksten Anstieg des Verkaufs von Bier und Biermixgetränken in den vergangenen 15 Jahren“, sagt der Nielsen-Getränkeexperte Marcus Strobl.Das Phänomen ist auch auf dem Kölsch-Markt zu beobachten. So verkauften die Kölsch-Brauer zwischen Januar und August einschließlich 740 000 Hektoliter. Ein Plus von vier Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie Christian Kerner, Geschäftsführer des Kölner Brauerei-Verbandes auf Anfrage mitteilt. Besonders der August sei ein sehr guter Monat für den Flaschenverkauf gewesen.
Bei einzelnen Brauereien sind die Zuwächse beim Flaschenbier in Corona-Zeiten noch deutlicher. „Wir haben vom Corona-Lockdown Mitte März bis Anfang Oktober 18 Prozent mehr Flaschenbier verkauft“, berichtet Michael Rosenbaum, Geschäftsführer der Brauerei Malzmühle. Auch Gaffel-Marketingchef Thomas Deloy bestätigt diesen Trend. Der Flaschenverkauf sei im zweistelligen Prozentbereich gestiegen.
„Es gibt ein Wachstum beim Flaschenbier, aber das reicht nicht aus, um die massiven Verluste beim Fassbier zu kompensieren“, sagt auch Dirk Heisterkamp, Marketing-Chef der Früh-Brauerei. Das Fassbiergeschäft in Köln aber habe sich halbiert. Der Kölsch-Verband berichtet von einem Rückgang beim Fass-Kölsch um 40 Prozent auf noch 260 000 Hektoliter. „Das ist für uns mehr als ein kleiner Schnupfen“, beschreibt Heisterkamp die Probleme, vor die die Privatbrauerei gestellt ist.
Früh reagierte mit Kosteneinsparungen
Früh hat auf den Absatzeinbruch mit Kosteneinsparungen reagiert, fuhr die Werbeausgaben zurück und führte in seinen Brauhäusern Kurzarbeit ein. „Die Gastronomie hat es am schwersten“, sagt Heisterkamp, „in der Altstadt ist nicht viel los.“ So berichten es die anderen Brauer unisono. Vor allem sei der Flaschenverkauf nicht so lukrativ wie der bei Festen und in Gaststätten, sagt Deloy. „Wer zu Hause mit corona-bedingt wenigen Gästen Bier trinkt, der trinkt wenige Gläser oder Flaschen, auf jeden Fall nicht so viel wie mit vielen Menschen in geselliger Runde“, sagt der Gaffel-Manager. Außerdem fehlten die großen Feste und die vielen Messegäste.
Früh-Manager Heisterkamp will keine Prognose darüber abgeben, wie sich das Geschäft in den kommenden Monaten entwickeln wird, dafür herrsche zu viel Unsicherheit. Und jetzt fällt auch noch die Karnevalssession weitgehend aus. „Karneval ist für die Getränkewirtschaft im Rheinland sonst ein herausragender Absatzimpuls in einem Zeitraum, der witterungstechnisch nicht zu den stärksten gehört“, sagt Heisterkamp. Noch habe das Unternehmen keinen seiner mehr als 400 Mitarbeiter entlassen müssen. „Jahrelang können wir unser Geschäft auf diesem Niveau aber nicht ohne Konsequenzen betreiben.“