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Verbrenner-Aus rückt näher: Was das für Verbraucher bedeutet

Lesezeit 4 Minuten

Brüssel/Straßburg – Geht es nach dem Willen des EU-Parlaments, dürfen Hersteller aus Klimaschutzgründen ab 2035 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkaufen. Einem Verbot müssten noch die EU-Länder zustimmen, bevor es in Kraft treten kann.

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher sorgen sich bereits vor den Folgen der Entscheidung. Das würde passieren, wenn das Vorhaben wie vom Parlament beschlossen in Kraft tritt:

Ja. Verboten würde nur der Verkauf von Neuwagen. Konkret werden in dem Gesetzesvorhaben die sogenannten Flottengrenzwerte geregelt. Das sind Vorgaben für die Hersteller, wie viel CO2 ihre produzierten Autos und Transporter im Betrieb ausstoßen dürfen. Dieser Wert soll bis 2035 auf null gesenkt werden. Wird ein Auto mit Benzin oder Diesel betrieben, stößt es CO2 aus.

Der ist von dem Gesetz nicht betroffen. Verbrennerautos dürften auch nach 2035 weiter gefahren und Gebrauchtwagen weiterverkauft werden. Wie sich eine Entscheidung auf die Preise für gebrauchte Verbrenner auswirkt, hängt von vielen Faktoren ab. Das zeigt sich auch daran, dass die Preise für Gebrauchte in jüngerer Vergangenheit enorm gestiegen sind. Treiber waren und sind vor allem Corona, ein Mangel an Mikrochips und weiteren Teilen.

Das ist unklar. Die EU-Staaten wollen sich Ende des Monats auf ihre Position einigen, bevor finale Verhandlungen mit dem Parlament aufgenommen werden. Theoretisch könnte das Verbot also noch gekippt werden. Beobachter, etwa der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke, gehen aberdavon aus: „Das Verbrennerverbot 2035 wird wohl nicht mehr zu verhindern sein.”

Rolle der Bundesregierung

Nicht im Alleingang. Der Beschluss der EU-Staaten muss nicht einstimmig getroffen werden. Selbst wenn Deutschland sich gegen ein Verbrenner-Aus ab 2035 stellt, würde nicht automatisch eine Mehrheit gegen diese Entscheidung zusammenkommen. Eine Mehrheit gegen ein Verbrenner-Aus gilt derzeit als unrealistisch.

Davon ist nicht auszugehen. Pläne, um Autos mit Verbrennungsmotor komplett von Straßen zu verbannen, sind nicht bekannt. Realistischer ist es, dass durch ein Verkaufsverbot Verbrenner automatisch immer seltener werden.

Der Bundesnetzagentur wurden zum 1. Mai gut 60 000 öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektroautos in Deutschland gemeldet. Anfang 2021 gab es knapp 41 600. Der Verband der Automobilindustrie schätzt, dass 2030 im öffentlichen Bereich ein Bedarf von rund einer Million Ladepunkte besteht. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist dennoch optimistisch: „Der Ladesäulenausbau kommt gut voran”, sagt Kerstin Andreae vom BDEW. Sie betont, Ladesäulen würden immer leistungsfähiger und verweist auf prozentual gutes Wachstum beim Ausbau. Ladesäulenbetreiber sorgten für ein auf den Bedarf zugeschnittenes Ladenetz - „heute, morgen und im Jahr 2030”.

Prinzipiell schon. Mit diesen alternativen Kraftstoffen können auch Autos und Transporter klimaneutral betrieben werden. Wenn sie richtig - also mit grünem Strom - hergestellt werden, entstehen durch diese Energieträger unterm Strich keine zusätzlichen Treibhausgase. Kritiker merken jedoch an, dass es schon zu wenig dieser „grünen” Kraftstoffe für Luft- und Schifffahrt gibt, die weniger leicht als Autos oder Transporter elektrisch betrieben werden können. Außerdem braucht es auf den Kilometer gerechnet mehr Strom, um die sogenannten E-Fuels herzustellen, als Autos direkt elektrisch zu betreiben.

In manchen Ländern gibt es bereits seit einiger Zeit ein Ausstiegsdatum: Norwegen zum Beispiel will ab 2025 keine Verkäufe von Fahrzeugen mit klassischen Benziner- oder Dieselantrieben mehr zulassen. Großbritannien, Schweden, Dänemark, die Niederlande und Belgien peilten dafür zuletzt das Jahr 2030 an, Frankreich wollte spätestens 2040 nachlegen. Sogar das riesige Schwellenland Indien will mittelfristig aus der herkömmlichen Kraftstofftechnik aussteigen. In Deutschland ist die Regierung uneins.

Einige Autohersteller mit konkreten Angaben

Eine konkrete Ausstiegsstrategie haben etwa der US-Branchenriese General Motors sowie Volvo, Jaguar oder in Europa auch Ford. Die VW-Gruppe hat bislang kein fixes Datum für einen generellen Ausstieg aus Verbrennerantrieben festgelegt - einige Marken der Gruppe haben jedoch angekündigt, sich schrittweise und örtlich abgestuft aus der Benziner- und Dieseltechnologie zu verabschieden. Mercedes-Benz forderte im vergangenen November auf der Weltklimakonferenz in Glasgow einen Verkaufsstopp für Verbrenner in den führenden Märkten ab 2035.

Es gibt den Vorschlag, den Verkehr mit in den EU-Emissionshandel (ETS) aufzunehmen. Im Emissionshandel müssen bestimmte Firmen bereits für den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen wie Kohlendioxid (CO2) bezahlen. Ein Kompromiss dazu, der zunächst nur kommerzielle Fahrzeuge in der EU betroffen hätte, scheiterte aber am Mittwoch im Europaparlament. Die Abgeordneten wollen in zwei Wochen noch einmal versuchen, eine Einigung zu erzielen. In Deutschland ist der Verkehr bereits Teil des Emissionshandels.

© dpa-infocom, dpa:220609-99-606300/2 (dpa)