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Bahn, Brücken, StraßenMarode Infrastruktur – Minister machen Druck auf Wissing für Sondervermögen

Lesezeit 3 Minuten
05.08 2024 Köln. Die Rodenkirchener Brücke. Foto: Alexander Schwaiger

Auch die Rodenkirchener Brücke muss dringend saniert werden. Ein Infrastrukturfonds könnte die Bautätigkeit beschleunigen, glaubt NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer.

Zur Finanzierung eines Infrastrukturfonds sollen laut Verkehrsministerkonferenz auch Mittel aus der Lkw-Maut oder Gewinne der InfraGO fließen.

Die Autofahrer, die wie jeden Tag auch an diesem Donnerstag auf der völlig überlasteten und maroden Stadtautobahn 59 in Duisburg im Stau stehen, dürfte herzlich wenig interessieren, dass sich die Verkehrsminister aller Bundesländer bei ihrem Herbsttreffen in der Mercatorhalle vollkommen einig sind. Bis zur kommenden Bundestagswahl wollen sie einen Grundstein legen - zwar noch nicht für die Sanierung der A59, sondern für die Finanzierung. Es geht um einen milliardenschweren Infrastrukturfonds in Form eines Sondervermögens des Bundes für die maroden Straßen, Schienen und Brücken in ganz Deutschland.

Seit April ist nichts passiert

Die Idee stammt nicht von ihnen, sondern von Bundesverkehrsminister Volker Wissing. „Ohne einen Infrastrukturfonds wird es uns nicht dauerhaft gelingen, das Land in dem Tempo zu modernisieren, das wir brauchen“, hatte der FDP-Politiker im April betont. Doch seither ist nichts passiert.

„Wissing hat die Diskussion angestoßen, aber es gibt bis heute keine Konkretisierung“
Oliver Krischer (Grüne), NRW-Verkehrsminister

Deshalb machen die Länder jetzt Druck. „Wissing hat die Diskussion angestoßen, aber es gibt bis heute keine Konkretisierung“, sagt NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). „Wir nehmen jetzt das Heft des Handelns in die Hand.“ Die Länder wollen noch in diesem Jahr eine Arbeitsgruppe gründen, die alle Details für den Infrastrukturfonds ausarbeiten soll. Der Bund wird aufgefordert, sich an diesem Gremium zu beteiligen.

Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne), Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr, spricht bei der Konferenz des NRW-Verkehrsministeriums zur Infrastruktur im Land.

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) macht Druck auf den Bund: Ein Infrastrukturfonds soll mehr Geld für die Sanierung maroder Straßen, Schienen und Brücken bringen.

Ob das Sondervermögen für die Erneuerung der maroden Infrastruktur noch von der alten oder einer neuen Bundesregierung nach der Wahl im September 2025 beschlossen wird, sei unerheblich, so Krischer. Auch eine neue Regierung werde nicht darum herumkommen, sich mit dieser Frage zu befassen. Die Eckpunkte sind aus Sicht der Länder aber jetzt schon klar. Der Fonds müsse aus „verkehrsbezogenen“ staatlichen Mittel wie beispielsweise der Schienen- und der Lkw-Maut finanziert werden, fordert Krischer. Auch privates Kapital könne einfließen.

Doch was ist der Vorteil dieser Lösung? „Das Stop-and-Go der jährlichen Haushalte hat in der Vergangenheit zu unnötigen Verzögerungen und Unsicherheiten geführt. Davon wollen wir wegkommen und stattdessen die dringend notwendige Sanierung der Infrastruktur schnell und konsequent finanzieren“, sagt Krischer.

Sanierungsstau von 127 Milliarden Euro auf Schiene und Straße

„Wir müssen den Strategiewechsel vornehmen, um den Standort Deutschland zu stärken. Die Menschen und die Unternehmen im Land sind auf eine intakte Verkehrsinfrastruktur angewiesen“, so Krischer weiter. „Daher bin ich froh, dass sich alle Länder über Parteigrenzen hinweg für die Errichtung eines Infrastrukturfonds ausgesprochen haben. Jetzt ist der Bund am Zug. Denn eines ist klar: Die gewaltigen Herausforderungen, unsere Verkehrsinfrastruktur zukunftsfest zu machen, werden wir nur gemeinsam schaffen.“

Wie viele Milliarden in ein solches Sondervermögen fließen müssen, ist offen. „Am Ende reden wir über eine Multimilliardensumme“, sagt Krischer. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft in Köln und das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung kamen im Mai gemeinsam zu dem Ergebnis, dass die Sanierung und der Ausbau von Schienen und Straßen 127 Milliarden Euro kosten könnten.

Das ist keine Kleinigkeit. Zwar ist auch Wissings Parteifreund Christian Lindner der Überzeugung, dass die Infrastruktur schnellstens auf Vordermann gebracht werden muss, nur über den Weg ist man sich nicht einig. Der Finanzminister will dafür keine neuen Schulden machen, sondern die Mittel aus dem vorhandenen Haushalt nehmen.

Kritik an höheren Trassenpreisen bei der Deutschen Bahn

Die Verkehrsministerkonferenz sprach sich außerdem einstimmig gegen die geplanten Erhöhungen der Trassenpreise aus und warnte den Bund vor gravierenden Folgen für alle Bereiche des Schienenverkehrs. Die vorgesehenen drastischen Preiserhöhungen der Deutschen Bahn würden die angespannte Finanzierungssituation im Personennahverkehr nochmals erheblich verschärfen.

„Eine derart saftige Erhöhung der Schienenmaut bremst die Verkehrswende aus. Dadurch würden wesentliche Teile des Nahverkehrs unattraktiv. Die Konsequenz sind noch mehr Autoverkehr, noch mehr Staus und eine noch schlechtere Klimabilanz des Verkehrs“, kritisierte Krischer. Allein für NRW bedeute eine Erhöhung der Trassenpreise von mehr als 20 Prozent ab 2026 eine Zusatzbelastung im dreistelligen Millionenbereich. „Dabei müsste der Bund gerade jetzt Bereitschaft zeigen, über eine auskömmliche Finanzierung des Nahverkehrs zu sprechen.“