Durch den Klimawandel werden die Sommer heißer und die Winter milder. Die Erderwärmung wirkt sich auch auf den Herbst aus. Buntes Laub, Nebel am Morgen? Was bleibt in Zukunft von dieser Jahreszeit?
Von wegen kalt und neblig!Wo ist der Herbst, wie wir ihn kannten?
Seit Jahren sagen Klimaforscherinnen und -forscher es voraus: Die Temperaturen werden steigen, extreme Wetterlagen sich häufen. Der Sommer 2023 machte die Vorhersagen mit seiner außergewöhnlichen Hitze – es war der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen – und Extremwetterereignissen wahr. Doch was macht der Klimawandel mit dem Herbst?
Draußen wird es kälter, Nebel und Regen halten Einzug, der Altweibersommer bringt die letzten goldenen Tage – all das verbinden wir mit der Jahreszeit. Ein Klischee, von dem wir uns in den kommenden Jahrzehnten verabschieden müssen.
September und Oktober sind milder geworden
„Prinzipiell kann man sagen, dass der Sommer in die Verlängerung geht: Die Temperaturen im September und Oktober sind im Schnitt um rund ein halbes Grad angestiegen“, sagt Bianca Plückhahn vom Deutschen Wetterdienst (DWD). „Im November ist es sogar um 0,8 Grad wärmer“ Auch die Sonnenscheindauer habe im Herbst deutlich zugenommen, vor allem im September, so die Agrarmeteorologin.
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„Wir sehen auch, dass die Nebeltage insgesamt weniger geworden sind, vor allem aufgrund der höheren Temperaturen“, sagt Plückhahn. Die langsam kühler werdenden Tage, die wir aus dem Herbst kennen, verschieben sich immer weiter in die Wintermonate. Und da sich die Wetterextreme häufen, werde es immer mehr nasse Phasen, aber auch mehr lange Trockenphasen geben.
Das alles hat Folgen für die Vegetation. Schließlich ist der Herbst die Zeit, in der die Früchte vieler heimischer Pflanzen reif werden. Äpfel, Zwetschgen, Rüben und Wein haben Saison, das Pilzesammeln gehört zu den typischen Herbstaktivitäten. Wird das in den kommenden Jahrzehnten so bleiben?
Antworten darauf gibt die sogenannte Phänologie, die sich mit den Entwicklungen im Tier- und Pflanzenreich im Laufe eines Jahres beschäftigt: Forscherinnen und Forscher beobachten, in welchem Rhythmus Pflanzen austreiben oder Tiere sich paaren. Demnach beginnt der phänologische Frühherbst, wenn die Beeren des Holunders reif sind. Das war im Zeitraum 1961 bis 1990 im Schnitt der 5. September, sagt Plückhahn. Doch in den vergangenen drei Jahrzehnten waren die Holunderbeeren im Deutschland-Mittel schon am 24. August reif. Auch die Reife weiterer Früchte hat sich nach vorn verschoben.
Zwei Wochen länger Herbst als noch vor 30 Jahren
Der phänologische Spätherbst endet, sobald die Stieleiche ihre Blätter verliert. Auch dieses Ereignis habe sich in den vergangenen 30 Jahren verschoben, und zwar zwei Tage nach hinten. „Der Herbst dauert jetzt also zwei Wochen länger als noch im Zeitraum 1961 bis 1990“, fasst Plückhahn zusammen.
Auch die Phase, in der die Bäume ihr Herbstlaub tragen, wird länger. Eine Studie der ETH Zürich aus dem Sommer 2023 kam zu dem Ergebnis: Weil es in der frühen Phase des Sommers heißer ist, setzt die Verfärbung der Blätter früher ein, schreitet aber langsamer voran.
Stress für Pflanzen und Landwirte
„Als ich ein Kind war, bin ich in den Herbstferien in die Weinlese gegangen“, erzählt Plückhahn. „Wenn jetzt im Oktober die Herbstferien stattfinden, ist längst alles im Keller.“ Auch die anderen Erntezeiten rückten weiter nach vorn, so die Meteorologin. „Das typische Bild, das wir vom Herbst haben, gibt es so nicht mehr.“
Auch der November hat sich verändert. Spätestens Mitte November sind die meisten Pflanzen früher in die Winterruhe gegangen – kahle Alleen und blattlose Hecken prägten das Bild. „Diese Ruhephase ist für die Pflanzen wichtig, um Kraft zu schöpfen“, erklärt Plückhahn. „Aber in den vergangenen Jahren haben wir gesehen, dass das nicht mehr der Fall ist.“ Häufig trete die Vegetationsruhe jetzt erst Ende November bis Mitte Dezember ein. „Und anders als vor 40 oder 50 Jahren ist es so, dass sie immer wieder unterbrochen wird.“
Beliebte Jahreszeiten
Auch wenn der Herbst seine Fans hat: Die beliebteste Jahreszeit der Deutschen ist laut einer Umfrage des Onlineportals Statista der Sommer. 44 Prozent der befragten Männer und Frauen bezeichneten ihn als ihre Lieblingssaison. Auf dem zweiten Platz landete der Frühling – 34 Prozent stimmten für ihn. Als Anhänger und Anhängerinnen des Herbstes bezeichneten sich 12 Prozent der Befragten. 7 Prozent nannten bei der Erhebung den Winter als ihre liebste Saison. 3 Prozent gaben an, keine bevorzugte Jahreszeit zu haben.
Das werde zum Problem: „Für einige heimische Pflanzen ist es Stress, wenn sie in milden Phasen denken, der Winter ist vorbei, und austreiben – und dann wird es doch wieder kalt.“ Obstbäume etwa brauchten die Winterruhe, um später im Jahr viele Blüten und Früchte zu tragen.
Auch der phänologische Winter ist in den vergangenen 30 Jahren im Schnitt um 19 Tage kürzer geworden. Er endet, wenn die Hasel blüht – und das sei im vergangenen Jahr schon Ende Dezember passiert, sagt Plückhahn.
Dass wir uns in Zukunft ganz vom Wechsel der Jahreszeiten verabschieden müssen, glaubt die Meteorologin allerdings nicht. „Wir werden eher mediterrane Bedingungen haben“, erklärt sie mit Blick auf das kommende Jahrhundert. Mittelmeerklima mit Wetterextremen, so könne man es vereinfacht sagen. Dass diese Entwicklung noch aufzuhalten sei, hält sie nicht für möglich. (RND)
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