15 Menschen sterben im HochwasserDer Alltag im Kreis Euskirchen ist lahmgelegt
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Kreis Euskirchen – Das Unwetter hat den Kreis Euskirchen überrollt. Besonders schlimm hat es den südlichen Teil des Kreises getroffen. Mindestens 15 Menschen sind laut Kölner Polizei bei dem Unwetter ums Leben gekommen.
Schleiden/Gemünd
„Die Lage in Schleiden und Gemünd ist die absolute Katastrophe“, berichtet Stephan Everling, Reporter dieser Zeitung. Drei Meter hoch steht das Wasser in der Dreiborner Straße, auch der Marienplatz ist vollkommen überschwemmt. Die Läden sind leergespült, die Inhaber wissen nicht mehr weiter. „Viele Leute trifft es doppelt: Sowohl Wohnhäuser als auch Geschäfte wurden überflutet“, so Everling. Hinzu komme, dass es seit Mittwochabend keinen Strom gebe und nur selten Handyempfang. „Bis vor ein paar Stunden war Schleiden quasi von der Außenwelt abgeschnitten. Man konnte nicht weg und vor Ort nicht einkaufen. Die Leute hatten teils nicht mal was zu essen“, sagt Everling.
Auch die Aufräumarbeiten kommen nur sehr beschwerlich in Gang: „Der Kreisverkehr in Schleiden kann nicht abgepumpt werden, weil direkt nebenan die Tankstelle ist und man Angst hat, der Kraftstoff könnte ausgelaufen sein“, so der Anwohner.Das einzig Gute: In solchen Momenten ist die Solidarität groß. „Die Nachbarn packen alle mit an. „Auf mich kam sogar ein Mann zu, der gar nicht hier wohnt und hat mir Hilfe angeboten. Er meinte, er sei immer zum Fotografieren in der Region und wollte jetzt auf diese Art etwas zurückgeben“, berichtet Everling.
Die Situation rund um die Steinbachtalsperre blieb bis Redaktionsschluss extrem angespannt. Sachverständige stuften die Lage als „sehr instabil“ ein, sagte Landrat Markus Ramers (SPD) am Donnerstag. Die Orte Schweinheim, Flamersheim und Palmersheim müssen aufgrund der Situation an der Talsperre evakuiert werden.
Gerüchte, dass die Oleftalsperre bei Hellenthal gebrochen sei, bestätigte die Polizei nicht, sondern und bezeichnete das als Falschmeldung.
Euskirchen
In Euskirchen mussten sowohl in der Nacht als auch am Tag danach in einigen Ortschaften Menschen evakuiert werden. Personen, die selbst mobil sind, suchten Verwandte oder Bekannte auf. Sowohl der Strom als auch die Handyverbindung gingen nicht mehr. Auch die Innenstadt wurde regelrecht überspült (siehe „Schlamm schwappte in die Geschäfte“, Seite 22).
Mechernich
„Bitte nur noch bei aktueller Lebensgefahr Kontakt zum Rathaus aufnehmen“, kam die Meldung aus dem Mechernicher Rathaus am frühen Donnerstagmorgen. Im Rathaus ist die Technik zusammengebrochen, die Telefone sind überlastet. Die Notrufnummer 112 ist ebenfalls ausgefallen. Auch sonst sieht es im Stadtgebiet schlimm aus: Mehrere Brücken wurden fortgerissen, ganze Ortslagen stehen unter Wasser.
Wo das Hochwasser langsam abfließt, ist alles voller Schlamm. Zusätzlich zu den eigenen Betroffenen nahm die Stadt 2000 Evakuierte aus Schleiden und Gemünd auf.
Bad Münstereifel
Die Kurstadt gleicht einem Trümmerfeld, die Fluten haben eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Vom Orchheimer Tor bis hinunter zum Bahnhof klafft die Straße vor Löchern, Pflastersteine wurden samt Asphalt aus dem Boden gerissen. In Geschäftslokalen stand meterhoch das Wasser. Auch die Ortsteile Eicherscheid, Schönau, Arloff und Iversheim wurden arg getroffen. Werkshallen liefen voll Wasser, in Iversheim stürzte ein Haus in sich zusammen, zudem trieben dort Behälter mit Gefahrenstoffen auf der Erft. Worum es sich dabei handelte sowie ob und wie viele Menschen beim Unwetter zu Schaden kamen, ist noch unklar.
Zülpich
In Zülpich ist es, wie in den anderen Städten, zu erheblichen Beeinträchtigungen und Schäden durch die Wassermassen gekommen. Im gesamten Stadtgebiet seien Keller vollgelaufen, vielerorts sei der Strom ausgefallen, teilte die Stadt am Donnerstag mit. Zwei Meldungen von Todesfällen lagen der Stadt bis Redaktionsschluss vor. „Nach wie vor ist die Lage sehr ernst“, sagte Bürgermeister Ulf Hürtgen. „Wir haben alle verfügbare Rettungskräfte im Einsatz.“
Damit die Einwohner sich trotzdem an die Stadt wenden können, hat die Verwaltung eine Notruf-Hotline unter 0151/40243068 eingerichtet. „Sobald die Verwaltung wieder telefonisch erreichbar ist, erhalten Sie über diese Hotline alle wichtigen Informationen“, so die Stadt.
Weilerswist
In Horchheim halte ein Überlaufbecken dem Wasserdruck nicht mehr Stand, teilte der Kreis Euskirchen mit. In Folge dessen kam es zum Übertritt von Wasser, betroffen war insbesondere die Ortslage Vernich. Von Wassermassen wurde auch ein Auto erfasst. Einsatzkräfte der Feuerwehr, die zur Hilfe eilen wollen, wurden kurzfristig selbst von Wasser eingeschlossen, konnten sich jedoch selbst befreien.
Die A 1 zwischen Wisskirchen und Mechernich ist gesperrt. Dort sind die Pfeiler der Talbrücke Krebsbachtal unterspült worden. Zudem liegen mehrere Stromleitungen frei, teilt der Kreis mit.