Am Freitag machten russische Behörden den Tod des Kremlkritikers Alexej Nawalny bekannt, nun werden immer mehr Details bekannt.
Bericht über blaue Flecken am KörperLeichnam von Alexej Nawalny soll in Krankenhaus aufbewahrt werden
Nach dem Tod von Alexej Nawalny, der am Freitag bekannt wurde, dauert die Suche nach Aufklärung und den wahren Hintergründen zum Tod des Kreml-Kritikers an. Während viele Fragen weiter offen sind, wurden am Wochenende einige neue Details bekannt.
Der Leichnam von Alexej Nawalny befinde sich in einer Leichenhalle des Bezirkskrankenhauses von Salekhard, einer russischen Kleinstadt in Nordsibirien. Dies berichtet die Moskauer Zeitung Nowaja Gazeta, sie gilt als eines der wenigen verbliebenen unabhängigen Medien in Russland. Teams des russischen Untersuchungsausschusses und des Föderalen Strafvollzugsdienstes (FSIN) seien von Moskau nach Salechard gereist, um den Fall zu untersuchen.
Neue Hinweise zum Aufenthalt der Leiche von Alexej Nawalny
Den Angehörigen und Anwälten von Nawalny sei allerdings noch immer nicht mitgeteilt worden, wo sich der Leichnam des ermordeten russischen Oppositionspolitikers befinde, obwohl der tote Körper Nawalnys bereits seit Freitagabend im Krankenhaus aufbewahrt werde, heißt es. Zuvor sei der Leichnam zunächst nach Labytnangi gebracht worden, die Stadt liegt rund 20 Kilometer entfernt von Salechard im nordwestlichen Teil des Westsibirischen Tieflandes auf Höhe des Polarkreises. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht.
„Ehrlich gesagt haben viele von uns aufgeatmet, als wir erfuhren, dass das föderale Untersuchungskomitee eingetroffen war“, zitiert die Zeitung eine anonyme Quelle, die darauf hofft, dass die Experten die Todesursache bestimmen könnten.
Leichnam von Alexej Nawalny blaue Flecken aufweisen – noch keine Autopsie
Nowaja Gazeta zitiert in einem Bericht vom Sonntag einen Mitarbeiter der Ambulanzstation Salechard, der angab, dass Nawalnys Körper keine Schusswunden aufweise. Bislang sei keine Autopsie durchgeführt worden, ob und wann das geschehe, sei seinen Informationen nach noch unklar. Außerdem will die Quelle mitbekommen haben, dass Nawalnys Körper blaue Flecken aufweise, unter anderem am Oberkörper. Dies seien Merkmale, wie sie typischerweise nach Reanimationsversuche auftreten würden, berichtet die Zeitung.
Dies deckt sich mit Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass, die mitgeteilt hatte, dass der nach vielen Tagen in immer wieder angeordneter Einzelhaft körperlich geschwächte Nawalny nach russischen Behördenangaben am Freitag bei einem Hofgang in seinem sibirischen Straflager bei eisigen Temperaturen zusammengebrochen war. Wiederbelebungsversuche seien nach Angaben des Strafvollzugs erfolglos geblieben.
Kreml gibt keine neuen Informationen zum Tod von Alexej Nawalny bekannt
Ansonsten hält sich Russland weiter bedeckt, was den Tod des politisch inhaftierten Aktivisten angeht. Zur Sache an sich gibt es seit Freitag im Grunde keine neuen Informationen, die Berichterstattung der staatlichen Nachrichtenagenturen konzentriert sich seither darauf, die westlichen Medienberichte zu verurteilen.
Der Kreml halte die aus dem Westen stammenden Erklärungen zum Tod von Alexej Nawalny für „völlig inakzeptabel“, zitiert Tass Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Es gäbe noch keine Informationen zur Todesursache. Menschenrechtler werfen dem russischen Machtapparat Mord vor. Auch die Mitarbeiter des prominenten Anti-Korruptionskämpfers gingen davon aus, dass Nawalny gezielt getötet wurde.
Tod von Alexej Nawalny: Marco Buschmann fordert Freigabe von Leichnam
In Deutschland werden indes die Forderungen nach einer Freigabe des Leichnams von Alexej Nawalny laut. Bundesjustizminister Marco Buschmann forderte die Herausgabe der Leiche sowie eine unabhängige Untersuchung. „Die russischen Behörden müssen umgehend Alexander Nawalnys Leiche freigeben“, sagte der FDP-Politiker am Sonntag. „Dieses letzte Mindestmaß an Respekt sollten die russischen Herrscher dem toten Nawalny und seiner Familie entgegenbringen – nachdem sie dem lebenden Nawalny dies bereits versagt hatten.“
Buschmann sagte, es brauche nun umgehend eine unabhängige Feststellung der Todesursache, und die Umstände müssten aufgeklärt werden. „Nur mit einer unabhängigen Untersuchung kann für die Weltöffentlichkeit und die Menschen in Russland festgestellt werden, was eigentlich schon jeder weiß: Putin hat Nawalny umgebracht - direkt oder indirekt durch die Haftbedingungen.“ (mit dpa)