Als der Kremlchef nach der deutschen Außenministerin gefragt wird, stockt er beim Namen Baerbock leicht – und holt dann zur Kritik aus.
„Feindselig gegen das eigene Land“Wladimir Putin kritisiert Annalena Baerbock in Interview scharf
Der russische Präsident Wladimir Putin hat die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock in einem Fernsehinterview scharf kritisiert und seine Abneigung gegen die 43-Jährige zum Ausdruck gebracht.
Die Grünen-Politikerin sei nicht nur feindselig gegenüber Russland eingestellt, so Wladimir Putin in Moskau, Baerbock verhalte sich „auch feindselig gegenüber dem eigenen Land“, sagte er weiter und bezog dies auf die Energiepolitik der Grünen. Der Kreml veröffentlichte am Mittwochabend auf seinem Telegram-Kanal und am Donnerstagmorgen in den staatlichen Nachrichtenagenturen vorab Auszüge des Interviews für die Sendung „Moskau. Kreml. Putin“.
Wladimir Putin sieht Annalena Baerbock als Gegnerin Russlands
Die Grünen schürten die Furcht der Menschen vor dem Klimawandel. Seien sie aber dank dieser Angst an die Macht gekommen, verfolgten sie eine ganz andere Politik: In Deutschland werde jetzt mehr Energie aus Kohle erzeugt, sagte Putin.
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Dabei verschwieg der russische Präsident, dass Anstieg des mit Kohle produzierten Stroms im Jahr 2022 eine direkte Folge des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine war, in dessen Folge Deutschland weitgehend auf russische Importe verzichtete und seine Energieversorgung kurzfristig umbaute.
Im Jahr 2023 war der Anteil des Kohle-Stroms in Deutschland stark rückläufig, die Stromproduktion aus Braun- und Steinkohle war im Vergleich zum Vorjahr um 29,6 Prozent gesunken. Der Anteil aus Erneuerbaren Energien dagegen ist auf rund 60 Prozent der Gesamt-Stromerzeugung gestiegen.
Wladimir Putin führt nicht belegbare Behauptungen zu Baerbock nicht aus
Zu Baerbocks behaupteter Feindschaft gegen das eigene Land sagte der Kremlchef: „Es ist schwer, sich vorzustellen, dass eine Politikerin dieses Ranges sich so geringschätzig zu den wirtschaftlichen Interessen ihres Landes, ihres Volkes verhält.“ Er führte dies nicht näher aus.
Als Hintergrund lässt sich die Politik der Ampel-Regierung vermuten, Deutschland wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine unabhängig von russischem Gas zu machen. Baerbock macht aus ihrer Kritik an Russland keinen Hehl und tritt für eine starke europäische Unterstützung der Ukraine ein.
Gegenüber Putin hat sie sich wiederholt klar positioniert. Mit dem russischen Präsidenten könne man „derzeit nicht verhandeln“, es gehe ihm „um Vernichtung. Selbst von Kindern“, so Baerbock in einem Interview wenige Monate nach Kriegsbeginn.
Journalist spricht Wladimir Putin auf Großvater von Annalena Baerbock an
Putin musste sich in dem Interview erst vergewissern, dass er den Namen Baerbock richtig ausspricht. Anlass der Äußerungen über die deutsche Außenministerin war, dass der Journalist Pawel Sarubin ihn nach der Verstrickung von Baerbocks Großvater in den Nationalsozialismus fragte.
Die Grünen-Politikerin spricht offen über ihren Großvater, der Offizier der Wehrmacht im Einsatz an der Ostfront war. Hier nahm Putin die deutsche Außenministerin und die jüngere Generation in Deutschland in Schutz. „Ich glaube nicht, dass die heutige Generation von Deutschen die volle politische Verantwortung tragen sollte für das, was Nazi-Deutschland angerichtet hat“, sagte der Kremlchef.
Putin äußert sich zu US-Wahlkampf – und spricht sich überraschend für Biden aus
Putin sprach in dem Interview auch über die anstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA. Nach eigenen Worten sei eine weitere Amtszeit von US-Präsident Joe Biden wünschenswerter als eine Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus, so Putin. Auf die Frage eines Journalisten, welchen Sieger bei der US-Präsidentschaftswahl am 5. November sich Russland wünsche, antwortete Putin am Mittwoch in Moskau: „Biden, er ist erfahrener. Er ist vorhersehbar, er ist ein Politiker der alten Schule.“
Die russische Regierung werde aber „mit jedem US-Führer zusammenarbeiten, in den das US-Volk Vertrauen hat“, versicherte Putin.
Putin bezeichnet US-Außenpolitik als „schädlich und falsch“
Zu verbreiteten Bedenken wegen Bidens hohen Alters von 81 Jahren sagte der russische Präsident: „Als ich Herrn Biden vor drei Jahren getroffen haben, haben die Leute tatsächlich bereits über seine Unzulänglichkeiten gesprochen, aber ich habe nichts dergleichen gesehen.“ US-Umfragen zufolge bestehen bei den Wählern in den Vereinigten Staaten große Bedenken hinsichtlich der Amtsfähigkeit des Demokraten angesichts seines hohen Alters.
Putin äußerte am Mittwoch jedoch auch deutliche Kritik an der US-Außenpolitik unter Biden. „Was wir untersuchen müssen, ist die politische Haltung, und die der gegenwärtigen Regierung ist extrem schädlich und falsch“, sagte der Kreml-Chef. Biden ist ein entschiedener Unterstützer der Ukraine, gegen die Russland seit bald zwei Jahren eine Militäroffensive führt. (pst mit dpa)