Die Haushaltsrede des Bundeskanzlers im Bundestag war mit Spannung erwartet worden. Buhrufe gab es von der Opposition.
GeneraldebatteScholz bietet „Deutschland-Pakt“ an – Kölner Grüne Dröge attackiert Merz
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in seiner Haushaltsrede im Bundestag Länder, Kommunen und der demokratischen Opposition einen „Deutschland-Pakt“ vorgeschlagen, um Deutschland künftig schneller und moderner zu gestalten. Ein umfassendes Maßnahmenpaket soll unter anderem die Digitalisierung vorantreiben und Genehmigungs- und Planungsprozesse vereinfachen.
„Es ist den Bürgern schlichtweg nicht zu erklären, dass sie im Internet einkaufen, Geld überweisen und ihren Urlaub buchen können, aber grundlegende Verwaltungsleistungen immer noch nicht überall in Deutschland online möglich sind“, erklärte Bundeskanzler Scholz weiter. Das Vorhaben scheitere nicht an Geld, das Paket solle auch das Problem „stauanfälliger Straßen und maroder Brücken“ angehen.
Bundestag: Bundeskanzler Olaf Scholz bietet Opposition und Ländern „Deutschland-Pakt“ an
Das sogenannte Onlinezugangsgesetz werde die flächendeckende Digitalisierung vorantreiben. Bis Ende 2024 sollen 15 Leistungen für Bürgerinnen und Bürger online verfügbar sein. Dazu gehöre die Ummeldung des Wohnsitzes, die Beantragung des Führerscheins, des Personalausweises, des Elterngeldes sowie des Bürgergeldes.
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Die Bundesregierung will zudem 58 Milliarden Euro im kommenden Jahr in den Klima- und Transformationsfond investieren. Dieser soll beispielsweise für Wasserstoffprojekte, Sanierung von Gebäuden, digitale Infrastruktur und Halbleitertechnologien verwendet werden. Hinzu kämen im Bundestag beschlossene Projekte für Ladesäulen für E-Autos oder die Sanierung von Bahnstrecken.
Generaldebatte: Olaf Scholz will „kaputtgesparte Bahn“ modernisieren
„Wir gehen den Investitionsstau bei der kaputtgesparten Bahn an“, erklärte Scholz weiter. Deutschland sei dabei, zu „dem Halbleiterstandort in Europa“ zu werden. Scholz erhielt während seiner Rede viel Zuspruch, allerdings auch Buhrufe. Während seiner Rede wurde CDU-Politiker Philipp Amthor gezeigt, der auf sein Smartphone schaute, statt der Rede zu folgen. Zahlreiche weitere Unionspolitiker schlossen sich ihm an.
„Nach drei Krisenjahren steht der Bundeshaushalt 2024 für die Rückkehr zur Normalität und einen solide finanzierten Staat. Wir investieren, ohne an der falschen Stelle zu kürzen“, erklärte Scholz. Der Bundeskanzler trat nach seinem Jogging-Unfall am Wochenende mit einer Augenklappe ans Rednerpult.
Generaldebatte: Friedrich Merz wirft Ampel vor, Zeitenwende falsch einzuschätzen
Unionsfraktionschef Friedrich Merz hatte Scholz und der Ampel-Regierung zuvor vorgehalten, mit dem Haushaltsentwurf für das kommende Jahr dem Anspruch einer „Zeitenwende“ nicht gerecht zu werden. Er habe erhebliche Zweifel, ob man die Dimension des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und deren weitreichende Auswirkungen übereinstimmend richtig einschätze, erklärte Merz zum Auftakt der Generaldebatte.
Der CDU-Vorsitzende kritisierte vor allem eine mangelhafte langfristige Finanzierung der Bundeswehr. Großer Verlierer seien Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), die Soldaten der Bundeswehr - und auch die Bündnispartner hätten Vertrauen verloren, sagte Merz.
Bundestag: Karl Lauterbach spricht nach Merz-Rede von „Polemik“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kritisierte Merz' Rede als „in Teilen polemisch“: „Die Rede würde heißen: keine Kindergrundsicherung, kein Heizungsgesetz, höhere Ausgaben Bundeswehr, weniger Geld für Arbeitslose und dazu Grenzkontrollen. Stillstand für Umwelt und Kinder, nichts zur Wirtschaft“, monierte Lauterbach.
Die Kölner Grünen-Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge attackierte Merz ebenfalls scharf. Sie bezog sich vor allem auf eine Aussage des CDU-Vorsitzenden im Bierzelt in Gillamoos, in dem Merz erklärt hatte: „Nicht Kreuzberg ist Deutschland. Gillamoos ist Deutschland.“
„Sie Herr Merz, haben das vor ein paar Tagen in Gillamoos getan. Herr Merz, dass sie diesen Vergleich gewählt haben, ist kein Zufall“, erklärte Dröge. Der CDU-Politiker habe in der Vergangenheit bereits ukrainische Geflüchtete als „Sozialtouristen“ bezeichnet oder Kinder mit Migrationshintergrund „kleine Paschas“ genannt.
Generaldebatte im Bundestag: Kölner Abgeordnete Katharina Dröge attackiert Aussagen von Friedrich Merz
„Was an Berlin-Kreuzberg ist nicht deutsch? Was macht die Menschen in Gillamoos deutscher? Ist das, weil Menschen in Kreuzberg Menschen aus vielen verschiedenen Nationen leben?“, fragte Dröge Merz und erntete viel Applaus von den Rängen. Eine CDU, die anfange zu definieren, wer deutsch ist und wer nicht, gehe einen „gefährlichen und verantwortungslosen Weg“.
Dröge warf Merz vor, die Debatte um das Bürgergeld zu polemisieren. „Sie entdecken ihr Herz für diejenigen, die hart arbeiten und trotzdem jeden Monat mit wenig Geld nach Hause kommen, immer nur dann, wenn es darum geht, gegen diejenige zu polemisieren, den es noch schlechter geht.“
Bundestag: Grüne beharren auf Industriestrompreis – Scholz schließt diesen aus
Die Kölner Grünen-Abgeordnete erklärte zugleich, dass die Grünen für einen Industriestrompreis kämpfen werden. Kanzler Scholz hatte diesen in seiner Rede noch abgelehnt.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr begrüßte in seiner Rede den Deutschlandpakt und erklärte: „Der Bundeskanzler hat heute richtigerweise einen Deutschlandpakt vorgeschlagen. Der Bundestag hat die Möglichkeit, diesen Pakt bereits mit dem neuen Bürokratieentlastungsgesetz von Marco Buschmann einzulösen.“