Fabian Kienbaum, Chef des Kölner Beratungshauses Kienbaum, erklärt, warum es für Unternehmen wichtig ist, sich zu gesellschaftlichen Themen zu positionieren.
Unternehmer Fabian Kienbaum„Die AfD ist schon längst nicht mehr wählbar“
Vor einigen Tagen haben Sie an eine Werbekampagne erinnert, an der Sie vor einigen Jahren mit 50 Familienunternehmen teilgenommen haben: „Made in Germany. Made by Vielfalt“. Darin hatten sich Firmen wie Kienbaum zu Toleranz, Weltoffenheit und gegen Fremdenfeindlichkeit positioniert. Haben Sie in diesen Tagen ein Déjà-vu?
Die Kampagne hat damals genau das Thema behandelt, das aktuell wieder in den Schlagzeilen ist. Mich freut es, dass wir jetzt diese starke Mobilisierung gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit erleben und die sonst schweigende Mitte nicht länger schweigt. Als ich die Demonstrationen auf mich habe wirken lassen, kam mir die Kampagne von damals wieder in den Sinn. Und auch das Gefühl, noch einmal etwas Klarheit schaffen zu wollen.
Sie meinen, dass Unternehmen von der Vielfalt leben, sowohl im Kreise der Beschäftigten als auch der Kunden?
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Absolut. Damals war das schon so und es ebbte vielleicht in Teilen wieder ab, das klarzumachen. Wir haben zu lange nicht dazu Stellung bezogen und der Triggerpunkt war, als offenkundig wurde, dass es dieses Treffen in Potsdam gab …
Zu Person und Unternehmen
Fabian Kienbaum (39) ist gemeinsam mit Bibi Hahn Co-Chef von Kienbaum Consultants International, einem Beratungsunternehmen in Köln-Gremberghoven. Die mehr als 600 Beschäftigten geben vor allem Empfehlungen zu Personalfragen und Firmenorganisation. Das Familienunternehmen hatte Großvater Gerhard Kienbaum gegründet und sich vor allem rund um die Suche von Führungskräften einen Namen gemacht. Ende 2016 verlegte Kienbaum den Sitz von Gummersbach an den Rhein.
Das Interview ist eine redaktionell überarbeitete und gekürzte Fassung einer Ausgabe von „ekonomy mit K“, dem Wirtschafts-Podcast des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Sie können ihn auf allen gängigen Podcast-Plattformen abrufen oder unter: ksta.de/podcast
… auf dem Rechtsextremisten mit Vertreterinnen und Vertretern von AfD und Wertunion unter anderem das mögliche Verdrängen deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund sprachen. Welche Schlüsse ziehen Sie noch?
Wir sind jetzt gerade wieder in Gesprächen, ob wir die Kampagne neu aufleben lassen können. Ich glaube, diese Zeichen zu setzen im öffentlichen Raum ist entscheidend gerade: Die Stimme zu erheben und sich klar rechts und links gegen extremistische Sichtweisen zu positionieren.
Waren Sie auch demonstrieren?
Ja. Und ich habe wirklich mit Freude wahrgenommen, dass es nicht nur in Metropolen stattgefunden hat, sondern ja auch in kleineren Städten. Ich glaube, dieses Momentum müssen wir hochhalten.
Wie schauen Sie auf einen großen Familienunternehmer, den Molkereibesitzer Theo Müller? Er nennt AfD-Chefin Alice Weidel eine Freundin. Und er hat der CDU in Sachsen eine Koalition mit der AFD nahegelegt, solange die CDU den Ministerpräsidenten stelle. Wenn er jetzt sagen würde, ich möchte bei dieser Vielfaltskampagne mitmachen: Wie würden Sie das in der Runde der Familienunternehmen bewerten?
Der adäquate Umgang mit der AfD und ihren Figuren ist ein schmaler Grat. Die Stimmung ist aufgeheizt und eine Versachlichung fällt schwer. Doch ich positioniere mich klar gegen die AfD. Innerhalb der AfD wird offenkundig zu viel toleriert. Und damit ist die Toleranz für die AfD nicht mehr gegeben – selbst wenn es einige Positionen in der Wirtschaftspolitik gibt, die sinnvoll erscheinen. Die AfD ist schon längst nicht mehr wählbar. Sympathisanten, die das nicht sehen, passen dann aber auch nicht mehr zu einem Wertekanon, der sich klar zu etwas positioniert, was nicht diskutierbar ist, nämlich, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Ich finde also seine öffentliche Positionierung angesichts der Gemengelage schwierig, aber es ist seine freie Entscheidung.
Sie sind in Kontakt mit vielen Aufsichtsgremien und Vorstandsetagen großer Firmen und Familienunternehmen. Wie wird dort das Thema der öffentlichen Positionierung diskutiert?
Mehr Wirtschaftslenkerinnen und -lenker positionieren sich da ganz bewusst, auch öffentlich. Das ist sinnvoll und in unserer aktuellen Corporate Governance Studie haben wir fast 120 Spitzenkräften genau diese Fragen gestellt: Muss man sichtbarer und lauter werden? Fast 70 Prozent haben der Aussage zugestimmt, dass sich Vorstände an öffentlichen Debatten beteiligen sollten. Das wird nicht nur als moralische Verpflichtung gesehen, sondern auch eine wirtschaftliche. Für Deutschland ist es hochrelevant, wie all das, was hier geschieht, im Ausland wahrgenommen wird und ob der Standort dadurch noch als attraktiv gilt – nicht nur für qualifizierte Arbeitskräfte, sondern auch für Investitionen aus dem Ausland.
Aber es läuft ja bei weitem nicht alles rund für Unternehmen. Welche Sorgen plagen die Firmen aus ihrer Sicht am meisten?
Es gibt wahrhaftig eine Vielzahl. Um mal drei zu nennen: Das sind zum einen die Energiekosten. Das Preisniveau war schon vor all den Schocks wie dem Krieg gegen die Ukraine zu hoch. Dann ist das Steuerniveau insgesamt zu hoch. Und ein dritter wesentlicher Punkt sind Bürokratie und Regulierung. Da treten in den Details wirklich Blüten ans Licht, die das Gefühl entstehen lassen, dass die unternehmerische Mündigkeit geraubt wird. Unternehmen fühlen sich gegängelt.