Wilde Urwälder, Burgen und Wandern in NRWDen Zauber des Siebengebirges entdecken
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Vor 25 Millionen Jahren begann die Geschichte des Siebengebirges
Warum „Siebengebirge“ wenn es mehr als 50 Hügel sind?
Unser Siebengebirgs-Spezial bietet viele Tipps und macht Lust auf den nächsten Ausflug!
Königswinter – Es ist von Köln aus gut zu sehen, wenn man etwas weiter oben steht. Von einem der Hochhäuser, natürlich auch vom Domturm aus, schweift der Blick nach Südosten und fällt auf eine kleine, aber markante Kette von sieben Gipfeln. Der Porzer blickt einfach nur über den Acker. Nur 30 Kilometer südöstlich von Köln liegt das Siebengebirge, in 30 Minuten ist man mit dem Auto dort.
Mit der Regionalbahn erreicht man Oberdollendorf oder Königswinter in 40 Minuten ohne Umsteigen, von hier geht es mit dem Bus hinauf auf die Höhen, nach Kloster Heisterbach, zum Weilberg oder auf die Margarethenhöhe. In Königswinter fährt die alte Zahnradbahn direkt hinauf auf den Drachenfels.
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Das Siebengebirge liegt sozusagen direkt vor den Toren Kölns. Mit einem Irrtum aber müssen wir direkt aufräumen: nicht sieben, sondern nahezu fünfzig Gipfel zählt das Siebengebirge. Manche sind so winzig, dass wir sie kaum wahrnehmen wollen, der Kleine Oelberg ist ein gutes Beispiel. Neben seinem großen Bruder, dem Großen Oelberg, dem mit 461 Metern höchsten Gipfel des Siebengebirges steht der Kleine Oelberg als winzige Kuppe in der Landschaft, gar nicht richtig wahrzunehmen, aber: Er wird mitgezählt.
Woher kommt der Name Siebengebirge?
Warum das Siebengebirge denn nun Siebengebirge heißt, darüber streiten die Experten. Zum einen sind es tatsächlich immer sieben Kuppen, die sich aus der Ferne erkennen lassen, wenn man nicht zu genau zählt und schon mal eine kleinere Kuppe ignoriert. Das Wort sieben war damals auch nicht so ganz wörtlich zu nehmen, Sprachforscher meinen es eher als „zahlreich“, so wie es im Begriff „Siebensachen“ oder „Buch mit sieben Siegeln“ steckt.
Andererseits kann der Name auch vom Begriff „Siefen“ oder „Siepen“ herrühren. Das sind tiefe, steile Schluchten, Kerbtäler durch Erosion geschaffen, Ablaufrinnen des Wassers, deren hat das Siebengebirge sehr viele. So mag es sein, das das Wort „Siepen“ mit der Zeit zu „Sieben“ wurde. Wem das alles zu wissenschaftlich klingt, der freundet sich vielleicht mit der Sage von den sieben Riesen an, die einst im Rheintal eine Staumauer wegschaufelten und dann ihre sieben gewaltigen Spaten abklopften – sieben Dreckhügel blieben übrig.
Traumhaftes Ausflugsziel
Wie auch immer, das Siebengebirge ist ein traumhaft schönes Ausflugsziel. Es steckt voller Naturerlebnisse und Abenteuer. Es ist eine alte Kulturlandschaft voller historischer Zeugnisse, es ist Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen. Es bietet touristische Hotspots und vollkommen einsame Gegenden.
Tipp: Die Geschichte des Siebengebirges, seiner Natur- und Kulturlandschaft zeigt das Siebengebirgsmuseum in Königswinter, Kellerstraße 16.
Gewaltig begann vor 25 Millionen Jahren die Geschichte des Siebengebirges. In die Berglandschaft des Rheinischen Schiefergebirges war vor 30 Millionen Jahren keilförmig die Niederrheinische Bucht eingebrochen und von Norden her drang die Nordsee in dieses tieferliegende Gebiet vor. Die Nordsee plätscherte damals bei Bonn an ihre Küsten.
Praktisch, mag der Bonner nun denken, schnell wäre man am Strand, aber so schön war es damals wohl nicht, denn an der Küste machten sich im Erdzeitalter Miozän riesige Sumpfwälder breit, aus denen später die heutigen rheinischen Braunkohlelagerstätten entstanden. Also von wegen Strand, Sümpfe, ein wahrscheinlich schwül-warmes Klima und sicherlich viele lästige Insekten hätten die Bonner gepiesackt.
Kölner hätte es keine gegeben, denn das Gebiet des heutigen Kölns lag unter dem Meeresspiegel. Vor 25 Millionen Jahren drang an einer Bruchzone der Erdkruste, an der die Niederrheinische Bucht absank, vom Erdmantel her Magma nach oben und sammelte sich unterhalb der Region des heutigen Königswinters. Da Magma immer Gas enthält, sammelte sich auch vulkanisches Gas über den Magmakammern, und auf einmal war der Druck des Gases so gewaltig, dass die darüber liegende Erdkruste diesem Druck nicht mehr standhalten konnte.
Lava und Aschewolken
Die Erde riss auf, gewaltige Lavamengen wurden herausgeschleudert, zwanzig Kilometer hohe Aschewolken standen über der Landschaft und bedeckten den Raum zwischen Porz und Remagen mit einer bis zu 200 Meter mächtigen Ascheschicht, aus der das Gestein Tuff entstand. Eine Senke am Fuße des Petersberges, in der heute der Wintermühlenhof des Parfümfabrikanten Mühlens liegt, wird von Geologen als Caldera gedeutet, als eine entleerte und eingestürzte Magmakammer.
Nach diesen Ausbrüchen war erst einmal Ruhe, eine Million Jahre lang, dann drang erneut Magma nach oben, allerdings langsam und in viel kleinerem Ausmaß. Da drängelten sich an vielen Stellen durch Erdspalten Magmamassen nach oben, bis hinein in den Tuff, dort blieben sie ganz kurz unter der Erdoberfläche stecken. Hat es in der Region des Siebengebirges in dieser Zeit auch Vulkanausbrüche gegeben, wie es sie kürzlich in der Eifel gab?
Man weiß es nicht, 25 Millionen Jahre sind eine lange Zeit, und alles ist verwittert und abgetragen. Diese steckengebliebenen Vulkanite jedoch, die im Tuff erkalteten und zu festem Gestein wurden, sind noch da. Als der relativ weiche Tuff von der Verwitterung abgetragen wurde, blieben diese knallharten Vulkanite stehen: Es sind die Berge des heutigen Siebengebirges. Gewaltige Naturkatastrophen vor Jahrmillionen schufen die Voraussetzung für eine der schönsten Landschaften des Rheinlandes.
Steinabbau, Zerstörung und Rettung
Aber nicht immer war das Siebengebirge so schön, wie es heute ist. Vulkanische Gesteine sind wichtige und begehrte Baumaterialien und so wurde jahrhundertelang an den Bergen des Siebengebirges gehämmert und gemeißelt, die Kuppen wurden zerklopft und abtransportiert. Und gerade die Kölner waren schuld daran, dass es beinahe so weit gekommen wäre, dass das Wahrzeichen des kleinen Gebirges, der Drachenfels, verschwunden wäre.
Schon die Römer hatten erkannt, dass sich hier wertvolle Baumaterialien gewinnen ließen und bauten am Drachenfels den Trachyt ab und transportierten ihn nach Köln. Wer sich in Köln an römischen Bauten umsieht, wird den hellen Trachyt mit seinen großen hellen Sanidinkristallen erkennen. Als dann aber die Kölner auf die Idee kamen, einen Dom zu erbauen und damit im Jahre 1248 begannen, da ging es dem Drachenfels richtig an den Kragen. Zu praktisch war seine Lage direkt am Rhein, Gesteine wurden abgebaut und auf einen Lastkahn verladen, der sie zur Dombaustelle brachte.
Eines der ersten deutschen Naturschutzgebiete
Die Steinhauergewerkschaft hätte wahrscheinlich den Drachenfels komplett abgetragen, hätte ihn nicht 1836 der preußische König für 10000 Taler gekauft und so vor dem sicheren Ende bewahrt. Schon war ein Teil der Drachenfelsburg hinab gestürzt, zum Entsetzen der Romantiker, die das Siebengebirge und das dahinter folgende Mittelrheintal in Bildern und Gedichten idealisierten und bewunderten.
Die mittelalterlichen Burgen, die steilen Felsen, die Sage der Nibelungen, all dies machte das Rheintal für wohlhabende Engländer ab 1817 zum bevorzugten Reiseziel. Was wäre geworden aus der Nibelungensaga, wenn der Siegfriedfelsen am Drachenfels nicht mehr stünde? Dort, wo der Ritter Siegfried den Drachen tötete, wäre heute vielleicht ein Parkplatz mit Supermarkt? Unvorstellbar.
Der Drachenfels und der Naturschutz
Dank des preußischen Königs kam es anders, der Drachenfels wurde die Keimzelle eines der ersten deutschen Naturschutzgebiete. Kaum ein Kölner, der nicht eine Klassenfahrt zum Drachenfels machte, auch wenn dieser heute oft eher einem Jahrmarkt gleicht, wenn sich an schönen Sommertagen Hunderte auf den Weg nach oben machen, oft mit der historischen Zahnradbahn. Die Legenden aber leben weiter, auf dem Weg nach oben passieren wir die Nibelungenhalle, die Wagners Ring der Nibelungen vergegenwärtigt. Dahinter gibt es einen Reptilien-Zoo mit kleinen lebenden „Drachen“ und einem gewaltigen Drachen aus Beton.
Aber auch andere Kuppen des Siebengebirges wurden abgebaut, 40 große Steinbrüche finden sich unter anderem am Oelberg, am Weilberg, am Stenzelberg, die Kuppen des Meerberges und des Minderberges sind verschwunden, ebenso die des Asberges, weithin sichtbar sind die Felswände des Himmerich und der Rabenley. Pisten für Fuhrwerke und Schienen für Lorenbahnen führten durch die geschundene Landschaft, die wahrscheinlich auch wenig bewaldet war, denn aus dem Holz der Bäume wurde als Energieträger Holzkohle gewonnen – auch im Siebengebirge wurde Erz abgebaut, zu dessen Verhüttung Holzkohle benötigt wurde.
Wilde Urwälder
Vor allem der Basalt des Siebengebirges war begehrt, Straßen wurden damit gepflastert, das Rheinufer befestigt, die Nordseeküste damit vor Sturmfluten geschützt. Weil sich diese Steinbrüche immer weiter ausdehnten, trafen sich im Jahre 1869 einige Herren zur Gründung des „Verschönerungsvereins für das Siebengebirge – VVS“ mit dem Ziel, das Siebengebirge unter touristischen und Naturschutz-Aspekten weiterzuentwickeln und es vor der Steinbruchindustrie zu retten. Der preußische König genehmigte eine Lotterie, vom Gewinn kaufte der VVS immer mehr Gebiete im Siebengebirge. Ihm ist es zu verdanken, dass letztendlich das Siebengebirge nach Neandertal und Lüneburger Heide das drittälteste Naturschutzgebiet Deutschlands wurde. Heute geht der Naturschutz dank des VVS ganz neue Wege, es werden Wildnisgebiete geschaffen, Gebiete also, in denen der Mensch gar nichts mehr macht. Da werden noch die Fichten rausgerissen, die die alten Förster angepflanzt haben, weil sie so schnell wachsen, dann wird der Wald sich selbst überlassen. Er wächst, wie es ihm gefällt, Totholz bleibt liegen, ein regelrechter Urwald soll entstehen.
Wildnis im Siebengebirge
Wildnisgebiete gibt es bisher zwischen Petersberg und Stenzelberg, am Oelberg und an der Löwenburg, 660 Hektar sind sie insgesamt groß. Und die Tierwelt weiß es zu schätzen: Schwarzspecht und Schwarzstorch brüten im Siebengebirge ebenso wie der Uhu. Mindestens eine Wildkatze hält sich hier auf, und auch die Spuren eines durchziehenden Wolfes wurden entdeckt.
Im Herbst 2015 ließ der VVS neue Wegweisersteine im gesamten Naturpark Siebengebirge aufstellen, die Orientierung ist deshalb relativ einfach. Auf den in Felsbrocken eingelassenen runden Steinscheiben sind alle wichtigen Orte markiert. Dennoch empfiehlt es sich, eine Wanderkarte mitzunehmen. Im September 2015 ist eine aktualisierte Wanderkarte des Naturpark Siebengebirges 1:25 000 erschienen, sie ist erhältlich in jeder Buchhandlung, an der Drachenfelsbahn, in der VVS-Geschäftsstelle auf der Margarethenhöhe und im Internetbuchhandel.
Startpunkte für Ausflüge
Das Siebengebirge ist verkehrsmäßig gut erschlossen, drei wichtige Straßen führen hindurch und bieten Parkplätze als Ausgangspunkte für Wanderungen und Ausflüge.
Von Oberdollendorf führt die Straße vorbei an Kloster Heisterbach mit großem Parkplatz, etwas weiter oben vor Heisterbacherrott gibt es Wanderparkplätze am Stenzelberg und am gegenüber gelegenen Weilberg.
Von Königswinter zum Ölberg
Von Königswinter führt eine Straße vorbei am Petersberg hinauf zum Ölberg, an seinem Fuße liegt die Margarethenhöhe mit zwei großen Wanderparkplätzen. In Königswinter selbst gibt es große Parkplätze an der Talstation der Drachenfelsbahn.
Durch das Schmelztal führt eine Straße von Bad Honnef hinauf nach Aegidienberg, es ist eine einsamere Gegend des Siebengebirges, aber es ist eine schöne. Fünf Parkplätze gibt es im Schmelztal: am Jagdhaus, am Einsiedeltal, durch das der Weg hinauf zur Löwenburg führt und auch an der Servatiuskapelle, von wo aus der Himmerich gut erreichbar ist.