Von der Südstadt nach Ehrenfeld, die Venloer, die Zülpicher, die Innere Kanalstraße: Wir geben Tipps für sichere Alternativrouten.
Fahrradfahren in KölnDie schlimmsten Radwege der Stadt – und wie man sie schön umfährt
Obwohl in Köln über kaum ein anderes Thema so viel gesprochen wird wie über die Verkehrswende, ist Radfahren für viele Menschen nach wie vor nicht nur mit Stress, sondern auch mit Gefahr verbunden. „Das Tempo beim Ausbau der Radwege hat zwar zugenommen. Aber um mehr Menschen fürs Radfahren zu überzeugen, muss sich die Qualität der Infrastruktur erheblich verbessern“, sagt Christoph Schmidt vom ADFC Köln.
Bis dahin allerdings müssen sich Radfahrer selbst behelfen, um zumindest den chaotischsten und gefährlichsten Straßen aus dem Weg zu fahren. Der Experte sagt: „Das Wichtigste ist: Wer aufs Rad umsteigt, sollte sich einen neuen Stadtplan angewöhnen.“ Unsere Redaktion stellt sieben der schlimmsten Verkehrswege für Radfahrer vor und gibt gemeinsam mit dem ADFC Tipps, wie man um sie herum kommt.
Venloer Straße: Trampelpfad statt Tempo 20
Wuselig ging es auf der Venloer Straße schon immer zu. Seit der Streckenabschnitt zwischen Innerer Kanalstraße und Ehrenfeldgürtel aber zur Tempo-20-Zone erklärt wurde, ist das Chaos komplett. Wer hier wann Vorfahrt hat, wo Radfahrer überhaupt lang fahren dürfen und an welchen Ecken Fußgänger die Straße überqueren dürfen, ist in diesem Schilder- und Markierungsdschungel kaum noch zu überblicken.
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Wer auf dieses Verkehrsabenteuer keine Lust hat, kann glücklicherweise auf einige Nebenstraßen ausweichen. Parallel zur Venloer Straße verläuft südlich die frisch sanierte Vogelsanger Straße, die zwar auch viel befahren ist, aber immerhin etwas mehr Übersicht bietet. Nördlich der Venloer Straße empfiehlt Schmidt die Subbelrather Straße oder die Stammstraße, die über einen Trampelpfad an der Moschee vorbei zu erreichen ist. „Dort gibt es zwar viele parkende Autos, dafür geht es wesentlich ruhiger zu“, sagt er. (fho)
Aachener Straße: Bis zum 1. FC Köln im Grünen
Die Aachener Straße zwischen Rudolfplatz und Moltkestraße ist einer der beliebtesten Ausgehmeilen in Köln – und war für Fahrradfahrer lange auch einer der gefährlichsten Streckenabschnitte der Stadt. Seitdem ein Autofahrstreifen an Radfahrer abgegeben wurde, hat sich die Lage deutlich entspannt. Doch die Aachener Straße ist lang – und der Verkehr dort nach wie vor enorm. Wer mit dem Rad etwa nach Braunsfeld will, kann dem Autoverkehr aber gut ausweichen. Am Aachener Weiher vorbei, geht es über den Clarenbachkanal und dem Rautenstrauchkanal durch eine grüne Oase bis an den Stadtwaldgürtel.
Auch Christoph Schmidt empfiehlt die Route: „Man kann den Weg über den Stadtwald sogar bis nach Müngersdorf erweitern. So schafft man es komplett im Grünen vom Aachener Weiher aus bis zum FC-Stadion!“ (fho)
Zülpicher Straße: Stur durch die Mitte
Wer an der Uni Köln studiert, wird an der Zülpicher Straße kaum vorbeikommen. Als Studi kann man hier wunderbar am Mäuerchen oder in einer der vielen Bars versacken. Doch wer mit dem Fahrrad zur Uni fährt, wird früher oder später auch mit den Straßenbahngleisen auf der Zülpicher Straße Bekanntschaft machen. Wer in den Gleisen noch nie hängen geblieben ist, hat entweder sehr dicke Reifen oder sehr viel Glück. Einen Radweg gibt es nicht. Die enge Straße müssen sich Autofahrer, Lieferwagen und die Linie neun teilen. Doch gute Alternativen für alle, die aus der Stadt kommend Richtung Uni wollen, gibt es kaum. Am ehesten kommt noch die Bachemer Straße infrage, die nördlich von der Zülpicher Straße verläuft.
Christoph Schmidt sagt: „Seitdem die Zülpicher Straße auf Höhe der Unimensa gesperrt ist, kommen Radfahrer hier schon wesentlich besser durch. Die Zülpicher kann sogar ganz angenehm zu fahren sein. Jedenfalls dann, wenn man stur mittig zwischen den Gleisen fährt. Unfälle passieren eigentlich nur, wenn man sich an den Rand der Straße drängen lässt. Wer sich von Straßenbahnen und Autos nicht beirren lässt, kann hier wunderbar durchkommen.“ (fho)
Innere Kanalstraße: Von einem Park in den nächsten
Wer in Ehrenfeld wohnt und in Niehl arbeitet, hat Glück gehabt – die Fahrradstrecke ist so schön, dass man gar nicht mehr mit Bahn oder Auto fahren will. Der schnellste Weg führt über einen holprigen, aber sicheren Fahrradweg parallel zur Inneren Kanalstraße, aber der Lärm der vier- bis sechsspurigen Straße ist ohrenbetäubend. Wesentlich ruhiger ist es, wenn man stattdessen die Liebigstraße bis zur Escher Straße wählt. Ab da folgt der wunderschöne, sehr erholsame und vor allem quasi ungebremste Teil durch verschiedene Kölner Parks, beginnend mit dem Lohsepark. Der führt vorbei an vielen Sportplätzen und bietet selbst noch eine kleine Fitness-Einheit an der Unterführung neben der Skater-Rampe, wo es erst steil nach unten und dann ebenso steil wieder hochgeht. Es folgt der kleine Lis-Böhle-Park hinter der Kuenstraße, danach das Highlight: der Johannes-Giesberts-Park mit großer Hundewiese und viel Himmelblick. An dessen Ende überquert man die Xantener Straße und nimmt einen kleinen Weg durch einen sehr gepflegten Schrebergarten, um anschließend in den Nordpark zu gelangen. Von dort ist es nur noch ein kleines Stück bis zur Amsterdamer Straße in Niehl. (jym)
Der ADFC-Experte stimmt zu: „Gerade im Kölner Norden kann man sich von Park zu Park hangeln und Wege fahren, die fast komplett durchs Grüne führen. Auch wenn der Weg dadurch etwas länger wird, hat man dafür keine Ampeln. So könnte sich die Fahrtzeit auch wieder ausgleichen. Außerdem kommt einem dort kein Auto in die Quere.“
Aus der Südstadt nach Ehrenfeld: für Eilige und Genießer
Zugegeben, seit es auf den Ringen eine regelrechte Fahrradautobahn gibt, hat sich die Fahrt aus der Südstadt nach Ehrenfeld entspannt. Aber beschaulicher als die Ringstrecke ist die Fahrt durch die Nebenstraßen immer noch. Es gibt zwei Schleichwege aus dem Süden in den Norden, einen für Eilige und einen für Genießer. Der für Eilige geht entlang der parallel zum Ring laufenden Lothringer Straße, bis hin zu der beliebten Bar „Stereo Wonderland“ (hier kurz über den Bürgersteig schieben). Dann über Ampeln und Gleise rein in die Hochstadenstraße, im Zickzack durchs Zülpicher Viertel und um den Rathenauplatz herum bis hin zur Brüsseler Straße. Am Brüsseler Platz schließlich über die Neue Maastrichter Straße auf die Vogelsanger Straße einbiegen. Und von da dann nur noch geradeaus. Für Genießer geht es über den Vorgebirgswall am Volksgarten vorbei bis hin zur Luxemburger Straße. Und dort dann in den Grüngürtel hinein. Ab da: Parkpanorama und Freizeit-Vibes bis hin zur Venloer Straße. (eul)
Das sagt der ADFC-Experte: „Das Projekt Ring Frei finde ich gut. Dadurch haben Radfahrer mehr Platz und seitdem gibt es auf den Ringen auch weniger Unfälle. Aber gerade an Kreuzungen ist das Fahren auf den Ringen noch sehr hektisch. Viele Radfahrer wollen sich das nicht antun. Alternativ kann man über die Wälle fahren, also über Friesenwall, Mauritiuswall, Gereonswall und Co. Dort gibt es weniger Ampeln und man fährt mitten durch die Veedel.“
Kalker Hauptstraße: Auf Umwegen durch den Industriepark
Die Kalker Hauptstraße ist so etwas wie das rechtsrheinische Pendant zur Venloer Straße - gespickt mit Restaurants, Cafés, Geschäften und jeder Menge ungeduldiger Verkehrsteilnehmer. Als Radfahrer wechselt man hier alle paar hundert Meter zwischen Straße und Bürgersteig auf der Suche nach dem schmalen Radweg. Und muss dabei hoffen, von unachtsam geöffneten Autotüren und kurz entschlossenen Fußgängern verschont zu bleiben, die einem vors Fahrrad laufen.
Wer sich diesen Stress ersparen will, muss einen Umweg in Kauf nehmen. Noch vor dem Polizeipräsidium kann man in südlicher Richtung über die Gießener Straße auf die Dillenburger Straße ausweichen. Dort geht es zwar auch eng zu, doch so vollgemöbelt mit Verkehr wie auf der Kalker Hauptstraße ist es bei weitem nicht. Zumindest ab der Ecke Rolshover Straße gibt es dann auch Radwege, die relativ entspannt durch den Technologie- und Industriepark Richtung Vingst und Höhenberg führen.
„Nördlich der Kalker Hauptstraße soll jetzt außerdem eine Fahrradstraße über die Kapitel- und Thumbstraße errichtet werden, die entspannteres Radfahren erlauben soll“, sagt Christoph Schmidt vom ADFC. Allerdings: „Die Schleichwege bleiben sehr umständlich. An der Kalker Hauptstraße kommt man kaum vorbei.“ (fho)
Statt Deutz-Mülheimer-Straße: Etwas hubbelige, aber schöne Alternative
Ja, es gibt sie, die Wege nach Deutz. Startet man vom Wiener Platz aus, muss man sich seit einigen Jahren erstmal den Weg unter der halbabgerissenen Mülheimer Brücke hindurch suchen und landet somit automatisch auf der Deutz-Mülheimer-Straße. So weit, so gut – schönes Radfahren fühlt sich allerdings anders an. Nun bleibt den behelmten Zweiradfahrerinnen und Fahrern zunächst auch nur dieser eine Weg – es sei denn, man begibt sich direkt hinunter ans Rheinufer und schlängelt sich zwischen Passanten und Kinderwagen hindurch.
Möchte man idyllisch fahren, zwingt einen der berühmte Katzenbuckel einmal über den Rheinarm, anschließend geht es auf einer dezent hubbeligen Strecke über die Mülheimer Halbinsel bis in den Rheinpark. Die Strecke ist mit ein wenig mehr Zeit und Erschütterungstoleranz trotzdem eine sehr schöne Alternative zur Deutz-Mülheimer-Straße, die sich zwar bis Deutz fortsetzt, aber spätestens ab dem KHD-Gelände keine angenehme Radstrecke mehr darstellt. Abgesehen von der optischen Tristesse wird man dort nämlich ständig und teils ausgesprochen waghalsig überholt, ein abgetrennter Weg für Radler ist nicht vorhanden.
Hat man es also über die Halbinsel geschafft und den Rheinpark erreicht, begrüßen einen dort grüne Wiesen, gute Radwege und, zumindest auf dem frühmorgendlichen Arbeitsweg, nur wenige Fußgänger – ein angenehmer Schleichweg, der allerdings kein Geheimtipp ist. Entlang des Rheins geht es dann bis Deutz, oder noch weiter über den Rheinboulevard und schließlich über eine der Brücken in die Innenstadt. (hey)
Das sagt der Experte vom ADFC: „Ganz gut kommt man am Rhein entlang von Mülheim nach Deutz. Zumindest morgens, wenn nicht viele Fußgänger unterwegs sind. Der Auenweg ist auch nicht ganz schlecht. Der Radweg ist zwar nicht toll, aber immerhin sind Radfahrer hier vom Autoverkehr getrennt.“