Wahrscheinlich jeder in Köln war schon einmal im Café Waschsalon in der Ehrenstraße. Ein Blick in die bewegte Geschichte.
Fünf Ehen entstanden30 Jahre Café Waschsalon – bewegte Geschichte einer Kult-Kneipe
Was das Besondere am Café Waschsalon in der Ehrenstraße ist, versteht man wahrscheinlich am besten, wenn man Miriam El Maanis Geschichte kennt. Sie ist seit der ersten Stunde 1993 Betriebsleiterin im Waschsalon. Bei der Arbeit hat sie ihren Mann Tarik kennengelernt, der hier seit vielen Jahren Kellner ist. Ihr gemeinsamer Sohn jobbt mittlerweile selbst ab und zu hier, um sein Studium zu finanzieren. „Uns findet man schon so lange in diesem Laden, dass wir nirgendwo mehr hingehen können, ohne dass man uns erkennt, sogar auf dem Flug in den Urlaub: Der Pilot war ein Stammgast von uns“, erzählt El Maani.
Die beiden sind nicht die Einzigen, die sich bei der Arbeit im Waschsalon kennengelernt haben und ein Paar geworden sind: Fünf Ehen sind innerhalb des Personals entstanden. Der Großteil der Angestellten arbeitet seit vielen Jahren im Lokal, die meisten sogar seit mehr als zehn Jahren, was in der Gastronomie wirklich selten ist.
Eigener Song von BAP über den Waschsalon
Der Waschsalon ist aber nicht nur für die Angestellten wie ein zweites Zuhause, sondern auch für die Gäste. Das Publikum ist eher jung, viele Studenten treffen sich hier, aber auch Menschen, die zum Einkaufen in die Innenstadt gehen. Auch Sportler und Musiker gehen ein und aus. Die Kölner Haie haben hier 2002 ihre Meisterschaft gefeiert, FC-Spieler kommen nach dem Shoppen auf einen Kaffee.
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„Als die Plattenfirma EMI Electrola noch in Köln war, hatten wir auch sehr viele bekannte Musiker zu Gast, von Depeche Mode über Roxette bis Simply Red“, erzählt Walter. Von BAP gibt es sogar einen eigenen Song über den Laden, in dem es heißt: „Ich jonn su unwahrscheinlich jähn met dir enn der Waschsalon.“ Gemeint ist zwar der echte Salon zum Wäschewaschen, trotzdem hat Wolfang Niedecken bei einem Kaffee den Originaltext hier gelassen: „Den haben wir natürlich sicher aufbewahrt“, sagt Walter.
Mietvertrag ging nur neun Monate
Nicht nur beim Personal, sondern auch bei den vielen Stammgästen haben sich schon einige Paare gefunden, die jetzt mit ihren Kindern kommen und sagen: „Guck‘ mal, hier haben wir uns kennengelernt“. Dass ihr Café so nachhaltig Menschen zusammenführen würde, hätten die beiden Betreiber Jürgen Walter und Dirk Holzmann niemals geglaubt, als sie vor 30 Jahren den Laden gründeten. Der Waschsalon war bei seiner Eröffnung am 27. Februar 1993 nämlich nur ein Provisorium im alten Gerling-Gebäude an der Friesenstraße. Hier war etwas frei, die Vermieter wollten bis zum geplanten Abriss Leerstand vermeiden und Holzmann und Walter zogen ein. Walter hatte bereits Erfahrung in der Gastronomie, schließlich hat er die Live Music Hall und andere Kneipen ins Leben gerufen. Auch Holzmann ist ein Urgestein der Gastro-Szene. Der ursprüngliche Mietvertrag war für nur neun Monate angesetzt, danach sollte alles abgerissen werden. Nicht viel zu verlieren also.
„Das Friesenviertel braucht einen Waschsalon!“, fanden Walter und Holzmann, kauften 100 alte Waschmaschinen-Trommeln und bauten sie zur Einrichtung um. Fertig war das erste Café Waschsalon. „Eigentlich war alles nur ein großer Spaß, aber aus den neun Monaten sind sechs Jahre im Gerling-Quartier geworden, bis es dann tatsächlich abgerissen wurde“, erzählt Walter. Der Laden lief so gut, dass an Schließen nicht zu denken war. Nach dem Abriss zog der Waschsalon 1998 an seinen heutigen Platz in der Ehrenstraße und bekam die wertvolle Außengastronomie in der belebten Einkaufsstraße dazu.
Walter und seine Betriebsleiterin El Maani bemerken allerdings seit ein paar Jahren, dass es mit den bummelnden Einkäufern in der Ehrenstraße weniger wird. „Seit Corona kommen nicht mehr so viele Leute in die Innenstadt, weil viele im Homeoffice arbeiten. Wahrscheinlich haben einige auch noch Angst vor Ansteckung oder sie haben sich einfach daran gewöhnt, nicht mehr ins Café oder in die Kneipe zu gehen“, vermutet Walter. Der Waschsalon, der früher eigentlich immer offen und von Frühstück über Mittagessen, Kaffee und Kuchen bis zum Kölsch für alles zu haben war, musste deshalb die Öffnungszeiten anpassen: Sonntags und montags ist komplett geschlossen, dienstags bis donnerstags von 15 Uhr bis 23 Uhr geöffnet und freitags und samstags von 11 Uhr bis 3 Uhr „oder so lange, wie es eben dauert“, wie El Maani sagt.
Stammgäste aus New York zu Karneval
Und dauern kann es, wenn die Gäste in Stimmung kommen. Besonders beliebt ist der Waschsalon zu Karneval. „Wir haben eine Clique aus New York, die seit Jahren jedes Jahr zu Karneval anreist und bei uns fünf Tage lang durchfeiert. Die kamen irgendwann mal eher zufällig zu uns und kommen seitdem immer wieder“, erzählt Walter. In der jecken Zeit ist es hier gut gefüllt, aber nicht zu voll, was wahrscheinlich auch ein Grund dafür ist, dass der Laden zum Feiern so beliebt ist. „Hier ist immer viel los, aber wir haben so gut wie nie Ärger. Man kann sich hier sicher fühlen“, sagt Walter. „Möglicherweise auch deshalb, weil viele Polizisten in ihrer Freizeit herkommen“, ergänzt El Maani.
Neun Monate waren am Anfang geplant, geworden sind daraus 30 Jahre mit einigen Liebespaaren, mehreren Kindern, unzähligen Kölsch, vielen Stars und Geschichten ohne Ende. El Maani und Walter als alte Hasen wissen, dass 30 Jahre Erfolg in der Gastronomie nicht selbstverständlich sind und sind demütig: „Vor allem, weil wir vor drei Jahren mit dem Beginn von Corona nicht sagen konnten, ob und wie es weiter geht.“ Zum Jubiläum ist eine große Party mit Live-Musik geplant, wegen der Nähe zu Karneval aber wahrscheinlich erst Anfang oder Mitte März.
Über dem Waschsalon soll gebaut werden
Ganz kurz hatte Walter Angst, dass der Waschsalon schon Ende des Jahres so enden könnte wie er begann, nämlich mit einem Abriss. Das Flachdach in der Ehrenstraße soll mit weiteren Geschossen aufgestockt werden, wegen der Statik müsste dazu das alte Gebäude abgerissen und alles neu aufgebaut werden. „Zwei oder mehr Jahre Baustelle hätten wir wahrscheinlich nicht überlebt“, glaubt Walter. Aber wie das in Köln so ist, werden die Bauarbeiten erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben – in diesem Fall zum Glück.