Nur wenig lässt Gäste mehr verzweifeln als lange Wartezeiten im Restaurant. Woran es manchmal liegt und was dann zu tun ist, weiß Vincent Moissonnier.
Vincent Moissonnier verrät'sWarum es manchmal so lange dauert im Restaurant – und was dann zu tun ist
Sie ahnen gar nicht, wie oft man als Gastronom Katastrophenalarm auslösen und zum Krisenmanager werden muss. Da kommen die Gäste früher als angekündigt. Oder sie treffen gleich reihenweise zur selben Zeit ein. Schon steht der Service unter Strom. Die Bestellungen wollen aufgenommen und bearbeitet werden. Zügig, aber bitte nicht hektisch! Hochspannung beim Service, während Sie als Gast tiefenentspannt dasitzen, sich unterhalten, auf Ihr Essen warten … und warten und warten.
Irgendwann werden Sie erst aufmerksam, dann ungeduldig oder gar ungehalten: Die Leute da am Nebentisch – die sind doch viel später gekommen. Jetzt haben die schon ihre Vorspeise, und wir nicht. Skandal!
Wirte müssen entscheiden, welcher Gast länger warten kann als ein anderer
Aber was tun? Erster Schritt: verstehen, was los ist. Tatsächlich konzentrieren sich Engpässe beim Service und die damit verbundenen Wartezeiten auf den Beginn des Abends mit den Vorspeisen. Sind die erst mal raus, kann die Küche die nächsten Gänge ganz anders planen, und die zeitlichen Abläufe normalisieren sich in aller Regel recht schnell.
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Bis dahin muss man sich als Wirt auf die Philosophie des Kanalisierens verstehen. Anders gesagt: Man braucht ein Auge oder einen sechsten Sinn dafür, welcher Gast womöglich etwas länger warten kann, etwas mehr Geduld hat als ein anderer.
Manche Gäste haben es eiliger als andere
Fühlen Sie sich also nicht direkt geringgeschätzt oder vernachlässigt, wenn Sie am Nebentisch schon Gäste essen sehen. Kann sein, dass die à la carte essen, während Sie sich für ein Menü entschieden haben. Kann sein, dass die Vorspeise am Nebentisch kalt und damit schneller servierbereit ist als Ihre warme Vorspeise. Kann sein, dass die Gäste neben Ihnen schon mit der Ankündigung eingetroffen sind, sie müssten um halb zehn durch die Türe sein – Power eating wie im 7er BMW auf der Überholspur der A3 nach Frankfurt, während Sie sich doch von vornherein auf einen geruhsamen, langen, genießerischen Abend eingerichtet haben.
Trotz- und alledem kann einem die Warterei irgendwann unangenehm werden. Melden Sie sich, wenn Sie das Gefühl haben, Sie seien vergessen worden – und zwar, bevor Sie vor Zorn platzen. Dann bringen Sie es bestimmt auch entsprechend freundlich rüber. Ich sage ja immer: Krawall führt selten zu etwas – außer zu einem verdorbenen Abend.
Ein Glas „aufs Haus“ beweist Souveränität des Wirts
Ein guter Wirt beweist Souveränität mit einer freundlichen Erklärung für ungebührlich langes Warten und einer Entschuldigung – am besten verbunden mit einem Glas „aufs Haus“ oder einer anderen kleinen Köstlichkeit. Wenn ich mich selbst einmal im Stress bei einer ruppigen Reaktion ertappe (auch ich bin weniger perfekt, als ich den Anschein mache), dann ist das zugleich die beste Möglichkeit, die Scharte auszuwetzen, im Sinne der Gastlichkeit und zum Wohl der Gäste. Aufgezeichnet von Joachim Frank
In unserer Stilkolumne „Wie geht's?“ beantworten Experten Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Zum Beispiel Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, der die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete hat. Oder Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, der sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an: Stilkolumne@dumont.de