AboAbonnieren

Blaue-Funken-Funktionär abgestürztDie letzten Minuten der Kölner Cessna im Protokoll

Lesezeit 4 Minuten
Cessna 551 BEHM 050922

Unglücks-Cessna 551 und Eurofighter über Köln.

Köln/Ventspils – Der Tod des Ehrenpräsidenten der Blauen Funken Peter Griesemann bei einem Flugzeugabsturz über der Ostsee schockiert den Kölner Karneval. Daten des Flugs seiner Cessna auf dem Weg vom südspanischen Jerez in Richtung Köln geben Aufschluss über den Kurs und die letzten Minuten vor dem Absturz.

Laut Daten des Portals „flightradar24“ startet die Maschine zunächst planmäßig am Sonntag um 14:57 Uhr aus dem beliebten Ferienort in Richtung Flughafen Köln/Bonn. Die Maschine befindet sich zunächst auf Kurs, macht südwestlich von Paris gegen 17.10 Uhr eine starke Rechtskurve und fliegt Richtung Deutschland.

Flugzeugabsturz in der Ostsee: Kölner Blaue-Funken-Funktionär mit Cessna verunglückt

Laut Angaben der spanischen Flugverkehrskontrolle habe der Pilot kurz nach dem Start in Jerez Druckprobleme in der Cessna 551 gemeldet. Über Frankreich sei der Funkkontakt schließlich abgebrochen. Die Maschine war gegen 17.45 Uhr in den deutschen Luftraum rund 50 Kilometer südlich von Aachen eingetreten.

Sieben Minuten später flog die Maschine mit unverändertem Kurs in Richtung Nordosten über den Flughafen Köln/Bonn hinweg und anschließend in einer geraden Linie weiter. Zu diesem Zeitpunkt war der Funkkontakt zur Maschine bereits abgebrochen. Ersten Hinweisen zufolge war Peter Griesemann, der die Maschine flog, wohl bewusstlos geworden.

Gegen 18 Uhr bemerkte ein Junge zufällig am Kölner Luftraum, wie ein Eurofighter die Cessna über der Stadt in gerader Linie begleitete. Mit der Kamera des Vaters machte er eine Aufnahme, die die Familie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zur Verfügung stellte.

Cessna 551 BEHM 050922

Unglücks-Cessna 551 und Eurofighter über Köln.

Ein Pilot einer Privatjet-Airline erklärt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, wie es zu der Flugroute gekommen sein dürfte. Schon vor dem Start gebe man in den Flugcomputer eine Flugroute ein bis kurz vor dem Zielflughafen. Da man beim Start noch nichts über die exakten Wetterbedingungen und Landebahn am Zielort Bescheid wisse, erfolge die Programmierung bis zu einem Ort kurz vor dem Ziel. Erfolge keine weitere Angabe, fliege ein Flugzeug geradeaus weiter auf gleicher Höhe.

Alarmrotten der Bundeswehr, bestehend aus je zwei Eurofighter-Jets, hatten die scheinbar führerlose Maschine begleitet, nachdem der ungewöhnliche Flugverlauf aufgefallen war.

Durch Berechnungen über die verbleibende Treibstoffmenge an Bord des Fliegers soll die Bundeswehr nach Informationen des „Spiegel“ nicht von einer akuten Bedrohung – sprich von einem Absturz im deutschen Luftraums – ausgegangen sein. Eingegriffen hätte die Luftwaffe demnach wohl nur, wenn der Jet über Deutschland in den Sinkflug gegangen wäre.

Gegen 18.45 Uhr verließ die Maschine nordöstlich von Rügen den deutschen Luftraum, passierte anschließend die dänische Ostseeinsel Bornholm.

Ostsee: Bundeswehr-Jets beobachten Cessna nach Kontaktverlust

Die Maschine befand sich nach dem Start dauerhaft auf einer Flughöhe von knapp 10.950 Metern, bis gegen 19.30 Uhr über der Ostsee plötzlich der Sinkflug einsetzte und das Flugzeug rasch an Höhe verlor.

Nach einer leichten Rechtskurve kreiselte die Maschine ab 19.40 Uhr in Richtung Meer, bis der Kontakt um 19.44 Uhr komplett abbrach. Die Maschine war laut Aufzeichnung der automatischen Datenübertragung beim Aufprall mehr als 475 Stundenkilometer schnell.

Bei einem Druckabfall in großer Höhe bleiben Piloten nur wenige Sekunden Reaktionszeit. In der Flughöhe von 10950 Metern sind das etwa 20 Sekunden. In dieser Zeit müsse man sich eine Maske aufsetzen und den Jet so schnell wie möglich auf eine niedrigere Höhe bringen. Dieser Versuch unterblieb bei dem Flug am Sonntag.

Laut Angaben der lettischen Seerettungskoordinationsbehörde wurden bei einer nächtlichen Suchaktionen Wrackteile der zerstörten Cessna entdeckt, die in die östlich gelegene Hafenstadt Ventspils gebracht werden sollen.

Lettische Küstenwache führt die Rettungsaktion

Die Suche an der Absturzstelle geht auch am Montagvormittag weiter, sagte eine Sprecherin der lettischen Küstenwache dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es seien drei Schiffe in der Absturzregion im Dienst, zwei der Marine und eines der Küstenwache. Ein Hubschrauber fliege regelmäßige Einsätze.

Bislang habe man drei Teile gefunden, die aber noch nicht eindeutig dem Flugzeug zugeordnet seien. Die Teile befänden sich noch auf einem der Schiffe. Sobald sie an Land seien, könnten Flugzeugexperten mit der Identifikation beginnen. Es seien keine Körperteile entdeckt worden.

Da die Maschine im lettischen Ostseeraum abstürzte, hätten die lettischen Behörden nach kurzzeitiger Hilfe durch schwedische Rettungskräfte die Ermittlungen und die Bergungsaktion übernommen, sagte Sprecher Peteris Subotta im lettischen Fernsehen. Die Ostsee ist an der Absturzstelle etwa 60 Meter tief.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Cessna gehört der GG Rent GmbH, die in Bergisch Gladbach ansässig ist. Peter Griesemann war einer der Geschäftsführer des Unternehmens. Die Maschine war in Österreich registriert, Griesemann selbst flog wohl häufiger die Maschine.

Der Kölner Karneval zeigte sich bestürzt über den Tod von Griesemann, dessen Ehefrau und Tochter sowie deren Lebensgefährten. „Ich bin fassungslos über den plötzlichen Tod von Peter Griesemann, seiner Frau und Tochter, mein tiefes Mitgefühl gilt der Familie“, sagte Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees Kölner Karneval.