Wie haben sich die Krankenhäuser in Köln auf das Coronavirus und die steigenden Patientenzahlen vorbereitet?
Das Antonius-Krankenhaus in Bayenthal stellt für mehr als 100.000 Menschen im Kölner Süden die medizinische Grundversorgung. Und nun noch Corona.
Wir haben mit dem ärztlichen Direktor Prof. Frank M. Baer und dem Hygienebeauftragten der Klinik Dr. Ernst-Albert Cramer über das Virus, Maßnahmen und den Sinn eines Mundschutzes gesprochen.
Wie viele Corona-Patienten haben Sie in stationärer Behandlung?
Prof. Baer: Aktuell haben wir einen positiven Patienten, der bei uns stationär behandelt wird und sieben unter Beobachtung, da warten wir auf die Testergebnisse.
Welche Vorsorge-Maßnahmen haben Sie bislang getroffen, um für die nächsten Wochen mehr Corona-Fälle aufnehmen zu können?
Prof. Baer: Wir haben ganz bewusst die Gesamtbettenbelegung heruntergefahren und halten eine Station für Corona-Patienten völlig frei. Durch diese Maßnahme können wir bei Einzelisolierung 14 und bei der sogenannten Kohorten-Isolierung 28 Patienten aufnehmen. Wir haben aber die Möglichkeit, zusätzlich noch weitere Stationen zu rekrutieren.
Das Robert Koch Institut (RKI) empfiehlt die Kapazitäten der Intensivstationen zu verdoppeln, ist das realistisch?
Prof. Baer: Die intensivmedizinische Aufstockung ist sehr problematisch. Wir haben nur zwölf Intensivbetten und vier Langzeitbeatmungsplätze. Wir können zusätzlich die Geräte aus den OP-Räumen benutzen, damit hätten wir die vom RKI geforderte Verdoppelung. Man darf aber nicht vergessen, dass auch der normale Krankenhausbetrieb weiterläuft. Notfälle, sowohl in der Chirurgie oder der Kardiologie, Herzinfarkte, Schlaganfälle – dafür brauchen wir auch Intensivplätze.
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Und wenn die acht Maschinen besetzt sind, dann muss der neunte Patient warten?
Dr. Cramer: Das ist das Szenario, das sich niemand wünscht. Dafür gibt es in Köln aber eine zentrale Stelle, der wir täglich unsere freien Kapazitäten melden müssen. Das ist eine gute Lösung. Damit können die Corona-Patienten gleichmäßig auf die Kölner Krankenhäuser verteilt werden. Die Viruslast wird gleichmäßig verlagert und das schafft einen kleinen Puffer, damit wir auch für die anderen Patienten noch Platz haben.
Haben Sie genug geschultes Personal, Ärzte und Pfleger?
Prof. Baer: Wir haben insgesamt 52 Ärzte, die im Dreischichtsystem arbeiten. Aktuell versuchen wir, die Kollegen aus der Chirurgie oder Anästhesie, also die Fachfremden, in die Internistische Praxis zu integrieren. D.h. sie werden angelernt, um bspw. die hochkomplizierten Beatmungsgeräte zu bedienen, damit sie in der Notsituation einsatzbereit sind.
Gibt es bei Engpässen einen Plan, eventuell Ärzte aus dem Ruhestand zu reaktivieren?
Prof. Baer: Das wäre der letzte Schritt, denn moderne Beatmungsmedizin erfordert ein sehr präsentes Wissen, was die Bedingungen angeht. Man kann altgediente Kollegen rekrutieren, aber nicht in diesem Bereich.
Fahren Sie Ihr normales OP-Programm aktuell weiter oder werden geplante OPs verschoben?
Prof. Baer: Alle elektiven Operationen, wie etwa Knieprothesen, neue Hüften oder Leistenbrüche werden sukzessive verschoben. Seit Montag dieser Woche haben wir täglich 20 Operationen abgesagt und sind damit vorbereitet.
Wie können wir uns schützen? Händewaschen 20 Sekunden lang, das klingt eigentlich sehr simpel. Woher weiß man das so genau und reicht das wirklich aus?
Dr. Cramer Ja das ist in Untersuchungen nachgewiesen, das empfehlen alle Virologen. Das gehäufte Händewaschen über den Tag bis knapp über das Handgelenk mit normaler Seife ist der beste und effektivste Schutz. Die Wassertemperatur ist dabei völlig egal. Und das simple Händewaschen ist dann so effektiv wie ein Desinfektionsmittel.
Wie viele Viren hat man auf den Handflächen und wie viel Prozent kann man wegwaschen?
Dr. Cramer: Die Mikrobiologen sagen uns, dass durch eine richtige Händewaschaktion die Keime komplett weg sind. Eine Neubesiedlung ist natürlich jederzeit möglich.
Innerhalb von?
Dr. Cramer: Das hängt natürlich davon ab, in welche Gefahr ich mich begebe. Dieses Coronavirus bleibt auf toten Flächen wie Türklinken, Aufzugknöpfen und Tankzapfsäulen nach vorsichtiger Schätzung in der Regel nur wenige Stunden bis maximal 3 Tage aktiv.
Wie wirksam sind Mundschutz, Masken oder reichen auch ein Schal und Lederhandschuhe zum Schutz beim Einkaufen?
Dr. Cramer: Das kann man tun, das beruhigt möglicherweise, aber der Effekt ist bei diesen Sachen gleich null. Wenn Sie auf eine Virusinsel fassen, dann ist der Handschuh kontaminiert und sie verteilen dann das Virus umso mehr. Der Mundschutz, der hilft nur dem Corona-Positiven, dass er seine Viren nicht uns Negativen ins Gesicht schleudert. Dem Nichtinfizierten hilft der einfache Mund-Nasenschutz nicht gegen eine Infektion. Ganz anders ist das bei den professionellen FFP-Masken, die bieten einen guten Schutz für Pflegende und Ärzte bei der Versorgung Infizierter. Der Verzicht auf den Handschlag und der Abstand von mindestens 1,5 Metern bringt in der Bevölkerung effektiven Schutz.
Wie beurteilen Sie die aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung?
Prof. Baer: Wir fahren alle auf Sicht und das ist gut so. Je nach Entwicklung muss nachjustiert werden. Wir sind gut vorbereitet, aber das Nadelöhr im Antonius wird die intensivmedizinische Versorgung sein. Wir haben nur vier feste Beatmungsplätze. Wer einmal an dieser Maschine liegt, der blockiert sie zehn Tage. Wenn wir es schaffen, das Ausbreitungstempo des Virus zu verlangsamen, dann, so der notärztliche Dienst, werden wir Ende März bis Anfang April etwa 250 Beatmungsgeräte in Köln brauchen. Wenn eine Verlangsamung nicht gelingt, dann werden es 2500 bis 3000 sein.
Gibt es eine Hotline am Antonius-Krankenhaus?
Dr. Cramer: Eine Hotline gibt es nicht, aber auf der Homepage unseres Krankenhauses gibt es wichtige Telefonnummern und Links, wohin sich der Bürger wenden kann. Wir versuchen, unser Krankenhaus weitestgehend zu entlasten, um freie Kapazitäten zu haben für das, was auf uns in den nächsten Wochen noch zurollt.
Wir versuchen, die Menschen, die zu uns kommen, im Eingangsbereich des Krankenhauses durch einen Arzt zu screenen. Wir prüfen, ob eine Atemwegsstörung oder Fieber besteht. Ist das nicht der Fall, dann wird der Patient in die ambulante Behandlung zum Hausarzt geschickt. Wird medizinisch ein Verdacht festgestellt, dann wird der Patient stationär aufgenommen, sofort isoliert und abgestrichen. Menschen, die gesund sind und nur testen möchten, ob sie Corona-positiv sind, müssen wir an die niedergelassenen Ärzte zur Abklärung verweisen, um unsere personellen Ressourcen frei zu halten.