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Hochhaussiedlung in Köln-ChorweilerDie Stadt der Hoffnung

Lesezeit 3 Minuten

Das Dach des City Center Chorweiler ist gleichzeitig Park und Spielplatz.

  1. Das städtische Wohnungsbauunternehmen GAG ist offiziell neue Besitzerin von 1.211 Wohnungen im Stadtteil Chorweiler.
  2. Auf dem Dach des City-Centers an der Florenzer Straße begleiteten Oberbürgermeisterin Henriette Reker, NRW-Bau-Minister Michael Groscheck sowie der GAG der Vorstandsvorsitzende Uwe Eichner und Aufsichtsratschef Jochen Ott die Übergabe der Immobilien.

Chorweiler – Wäre nicht in den vergangenen Tagen aufgeräumt und gemäht worden, hätte die Oberbürgermeisterin und der Landesbauminister in meterhohem Gras, Müll und Verwesungsgeruch gestanden. Das City Center Chorweiler hat zur Feier des Tages sein Dach aufgeräumt, die vielen Besucher an diesem unwirklichen Ort dürfen staunen: Eine Tischtennisplatte, Reste einer Minigolf-Anlage und Kinderspielgerät zeugen von vergangenen, besseren Tagen in Chorweiler.

Nun soll der Platz wieder das werden, was er in den Anfangsjahren der Großsiedlung war: Ein grüner Veedelstreffpunkt auf dem Dach eines Einkaufszentrum inmitten gut geschnittener Wohnungen mit Balkon – stünde dieser Komplex in der Südstadt oder irgendeinem anderen innenstadtnahen In-Viertel würde man die Mieten wahrscheinlich nicht bezahlen können. Am Mittwoch ist er der richtige Ort um Aufbruchstimmung zu verbreiten.

Heruntergekommene Wohnungen, frustrierte Mieter

Die Promis auf dem Dach sprechen über diejenigen, die auf dem Balkon oder hinterm Vorhang skeptisch das Treiben beobachten. Die Menschen hier seien von Spekulanten zu einem Renditeobjekt degradiert worden, sagt Bauminister Michael Groschek. Aber sie hätten sich nicht entmutigen lassen.

Alles zum Thema Jochen Ott

Viel Ausdauer sei nötig gewesen, um ein Projekt umzusetzen, dass bundesweit für Aufmerksamkeit sorgt: Die städtische Wohnungsgesellschaft GAG übernimmt 1211 Wohnungen aus der Zwangsverwaltung. Land und Stadt helfen mit Geld. Der Stadtrat hat den Weg für einen komplizierten Betrauungsvertrag frei gemacht, durch den direkte Subventionen möglich werden.

Nach mühsamen Verhandlungen mit 30 Gläubigern und der Pleite gegangenen, ehemaligen Besitzerin ist die GAG nun Eigentümerin von drei riesigen Häuserkomplexen mit heruntergekommenen Wohnungen und vielen frustrierten Mietern. Die Herausforderungen sind groß, aber über die Probleme wollte am Mittwoch auf dem Dach des City-Centers keiner reden.

Groschek – bekannt für markige Worte – sprach von einem „Tag des Sieges“. In Anspielung auf die Geschäftspraktiken internationaler Immobilienunternehmen, die schnelles Geld verdienen wollen und nicht in den langfristigen Erhalt der Häuser investieren, sagte der SPD-Minister: „Wir haben eine Heuschreckenplage vertrieben. Das war der erste Schritt auf dem Weg, Chorweiler zur Stadt der Hoffnung zu machen.“

In Feierlaune: Eichner, Groschek und Ott in Chorweiler (v.l.n.r).

Auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker sprach von einem „guten Zeichen gegen Heuschrecken, das weit über Köln hinaus geht. Wir haben gemeinsam ein großes Ziel erreicht.“

Vergessen waren alle Querelen – Reker freute sich zusammen mit ihrem Gegenkandidaten im Oberbürgermeister-Wahlkampf, Jochen Ott, der seinerseits in seiner Funktion als als GAG-Aufsichtsratschef ihr Engagement in dieser Frage würdigte. Sogar Exponenten von Organisationen, die in den letzten Monaten nicht immer hilfreich waren, wurde gedankt.

Unter den Gästen, die zum kleinen Fest anlässlich der Besitzübertragung der Hochhäuser gekommen waren, war auch die Mannschaft der GAG, die sich nun um die Mieter kümmern wird: Sozialarbeiter, Objektbetreuer, Streetworker und „kölsche Huusmeister“, wie GAG-Chef Uwe Eichner sagte. „Wir können nicht alles zu hundert Prozent von heute auf morgen instand setzen, was hier über Jahre liegen geblieben ist. Aber wir können uns um die Menschen kümmern.“

Eine Befragung aller Mieter – sozusagen als erste Kontaktaufnahme – hat schon stattgefunden. Die Mängel- und Wunschliste, die in den nächsten Monaten und Jahren abgearbeitet werden soll, dürfte lang sein.

Eichner machte noch einmal deutlich, dass es nicht nur um die aus der Zwangsverwaltung befreiten 1211 Wohnungen geht, sondern um den gesamten Stadtteil. Er sei sich „sehr sicher“, dass er sich nach zehn Jahren „spürbar geändert haben wird“. Ott sprach von einem Beitrag gegen Politikverdrossenheit und Staatsferne. Stadt und Land würden zeigen, dass sie sich um die Menschen kümmern. Bei Groschek klang die gleiche Botschaft so: „Nicht die Südstadt ist der Ernstfall sondern Chorweiler.“