Köln – Nein. Diesen Erfolg wollen Uwe Eichner und Jochen Ott nicht einfach so im Stillen genießen. Fünfeinhalb Jahre, nachdem der Ex-Vorstand und der Ex-Aufsichtsrat des kommunalen Wohnungsunternehmens GAG in Chorweiler den Kauf von zwangsverwalteten Hochhäusern mit 1200 Wohnungen in der Stockholmer Allee, der Osloer Straße und der Göteborgstraße erfolgreich abschließen konnten, ist auch die letzte Auseinandersetzung beendet.
Die Sonderprüfung des Geschäfts ist abgeschlossen, die von Kleinaktionären angestrengt worden war. Das Urteil: Der Kauf der Wohnblocks war rechtmäßig. Die Aktionäre hatten befürchtet, der Kauf werde sich negativ auf ihre Renditen auswirken und sich bei ihrer Beschwerde auf das Aktienrecht berufen.
Im Sommer 2018 hatte das Landgericht Köln auf Antrag von Minderheitsaktionären den Sonderprüfer bestellt. Eine Beschwerde der GAG gegen diesen Beschluss hat das Oberlandesgericht Köln im Februar 2019 abgewiesen. Die GAG hat die Arbeit des Sonderprüfers daraufhin mit insgesamt sechs umfangreichen Datenlieferungen unterstützt.
„Im Kern ging es um die Frage, ob bei einem kommunalen Unternehmen, das den Auftrag hat, für preisgefördertes Wohnen zu sorgen, die soziale Frage beim wirtschaftlichen Ergebnis eine Rolle spielen darf“, sagt der damalige GAG-Vorstand Uwe Eichner, der inzwischen die Geschäftsführung des Gelsenkirchener Wohnungsunternehmens Vivawest übernommen hat.
„Das wurde von den Aktionären bisher nie so gesehen. Jetzt steht fest, dass uns dieser satzungsgemäße Auftrag von börsennotierten Unternehmen unterscheidet. Die GAG soll dafür sorgen, dass bezahlbarer Wohnraum breiten Bevölkerungsschichten zur Verfügung steht. Damit lassen sich Aktionen begründen, wie wir sie damals in Chorweiler durchgezogen haben.“
Dem Kauf gingen mühsame Verhandlungen voraus
Der Kauf der 1211 Wohnungen zum Preis von 51,1 Millionen Euro, besiegelt am 24. August 2016, kam nur zustande, weil er durch eine sogenannte Betrauung durch die Stadt Köln abgesichert wurde. Vorausgegangen waren mühsame Verhandlungen mit 30 Gläubigern und der Pleite gegangenen ehemaligen Privatbesitzerin aus Hamburg.
Die Betrauung war für die Wohnungswirtschaft ein völlig neues Verfahren, das einen komplizierten Vertrag erst ermöglichte. „Die Stadt musste damals einen Weg finden, das Ganze zu subventionieren. Sie konnte kein Interesse daran haben, dass die Wohnblöcke versteigert und von einem Investor erworben werden, der nur das Interesse verfolgt, maximale Renditen zu erwirtschaften“, sagt Eichner.
Von 2010 an lagen diese sogenannten Heuschrecken-Geschäftsmodelle voll im Trend. „Wir haben immer auf Finkenberg gezeigt und gewarnt. Schaut euch an, was passiert, wenn man solche Großsiedlungen dem freien Spiel der Kräfte überlässt. Das hat den Druck erhöht“, erinnert sich Jochen Ott.
Die Rettung der Häuser, die völlig heruntergekommen waren, lag auch deshalb im Interesse der GAG, weil sie selbst in Chorweiler rund 3000 Wohnungen besitzt und keinerlei Interesse daran haben konnte, dass die Verwahrlosung des Stadtteils weiter voranschreitet.
„Im Gegenteil. Wir wollten zukaufen und investieren, das Wohnumfeld verbessern. Wir hatten ein großes Interesse an einer Veränderung des Bestands in Chorweiler und schon seit 2011 versucht, den Fuß in die Türe zu kriegen“, so Eichner. „Natürlich musste die Wirtschaftlichkeit gegeben sein. Es musste einen Sinn ergeben, das zu tun. Ohne städtische Subventionen, die mit dem Betrauungsakt abgesichert wurden, hätten wir das niemals hinbekommen.“
Stadt subventionierte den Kauf
Diese Idee der damaligen Stadtkämmerin Dorothee Schneider war der Schlüssel zum Erfolg. Was bei öffentlichen Verkehrsunternehmen wie den Kölner Verkehrs-Betrieben schon lange üblich ist, wurde im August 2016 erstmals in der Wohnungswirtschaft angewandt. „Die Stadt betraut die GAG mit der Aufgabe und subventioniert das Ganze“, so Jochen Ott.
Gut fünf Jahre später gilt das Projekt als gelungen und als Vorbild für eine Wende in der Stadtentwicklungspolitik. Die Häuser sind zum Großteil renoviert, die Mieten gestiegen, das Umfeld mit Zuschüssen von Land und Bund deutlich aufgewertet.
Für die anderen Großsiedlungen in Köln, die sich in einem schlechten Zustand befinden, taugt das Chorweiler-Modell als Vorbild aber nur bedingt. Die Großsiedlung in Finkenberg, die damals von Talos ersteigert wurde, ist in einem derart erbärmlichen Zustand, dass eine Übernahme wirtschaftlich nicht darstellbar scheint.
„Die Bestände sind halb so groß wie in Chorweiler“, sagt Ott. „Dort bleibt der Stadt nur die Möglichkeit, den Eigentümer systematisch unter Druck zu setzen, jede Ordnungswidrigkeit konsequent zu verfolgen. Das Wohnungsaufsichtsgesetz sieht bei jedem Verstoß hohe Strafen vor.“
Einnahmen sind durch Zahlungen der Stadt gesichert
Investoren in „Heuschrecken-Siedlungen“ wie Finkenberg reagierten erfahrungsgemäß nur, wenn es ihnen ans Geld geht. „Wenn die jedes Mal zahlen müssten, verlieren sie das Interesse. Die Stadt zahlt die Mieten für die Hartz IV-Empfänger. Damit sind die Einnahmen gesichert.“
Am Kölnberg sei die Lage wegen der vielen Einzeleigentümer noch viel schwieriger. „Die haben die Mieteinnahmen in der Regel eh schon abgeschrieben“, sagt Eichner. „Die kann man nur belangen wenn man sie zwingt, sich entweder zu kümmern oder zu zahlen. Das geht nur über das Ordnungsrecht.“
GAG-Vorstand: Unser Vorgehen ist bestätigt worden
Der Vorstand der GAG Immobilien AG hat das Ergebnis der gerichtlich angeordneten Sonderprüfung mit Genugtuung zur Kenntnis genommen.
Der Wirtschaftsprüfer Michael Wahlscheidt von der international renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Baker Tilly war in seinem mehr als 600 Seiten starken Abschlussbericht zu dem Ergebnis gekommen, dass sowohl der Erwerb der Wohnungen als auch der mit der Stadt Köln abgeschlossene Belegungsrechtsvertrag „keine nachteiligen Rechtsgeschäfte“ der GAG gewesen sind.
Beide Vorgänge und die Bedingungen, die dazu geführt haben, seien „insgesamt angemessen und halten einem Drittvergleich statt“. Daher hätten „sowohl der Vorstand als auch der Aufsichtsrat nicht entgegen dem Wohle der Gesellschaft gehandelt“, heißt es in dem Prüfungsbericht.
Prüfer: GAG nicht allein auf Gewinnerzielung ausgerichtet
„Wir waren von Anfang an davon überzeugt, dass dieser Bericht die Wirtschaftlichkeit und Rechtmäßigkeit unseres Handelns feststellt. Umso schöner ist es, dass unser Vorgehen und unser Geschäftsmodell nun auch Schwarz auf Weiß vom Sonderprüfer bestätigt wurden“, sagt Vorstandsmitglied Kathrin Möller dazu.
Anhand von Vergleichen bestimmter Kennziffern sei ersichtlich geworden, dass „die aus dem Projekt Chorweiler für die GAG ergebende positive Rendite innerhalb marktüblicher Bandbreiten liegt“.
Dabei wurden insbesondere Vergleichswerte börsennotierter Immobilienkonzerne herangezogen. Beim Belegungsrechtsvertrag, den die GAG mit der Stadt Köln abgeschlossen hat, lässt sich „keine einseitige Bevor- oder Benachteiligung einer Partei erkennen“. Folglich gebe es auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die GAG zu einem für sie nachteiligen Vertrag von der Stadt Köln gedrängt worden sei.
Bei der Prüfung aller Unterlagen und Sachverhalte legte der Sonderprüfer auch großes Gewicht auf den Gesellschaftszweck der GAG, der „nicht allein auf Gewinnerzielung und -maximierung gerichtet ist, sondern neben dem ‚Wohle der Gesellschaft‘ auch das ‚Gesamtinteresse der Kommune‘ und soziale Aspekte zum Inhalt hat“.