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Zwangsversteigerung möglichGAG pokert um Hochhausblock

Lesezeit 4 Minuten

Die zwangsverwalteten Hochhäuser in Chorweiler.

Chorweiler – Eine unerwartete Hürde macht es der GAG schwer, einen Hochhausblock in Chorweiler aus der Zwangsverwaltung zu übernehmen. Die Familie der pleite gegangenen Vorbesitzerin will von der Wohnungsgesellschaft offenbar mehrere Millionen Euro, um den Weg für das Geschäft freizugeben.

Es wird seit Wochen gepokert. Das städtische Unternehmen will den Betrag nicht bezahlen. Mittlerweile scheint nicht mehr ausgeschlossen, dass es doch zu einer Zwangsversteigerung der rund 1200 Wohnungen kommt. Grund zur Sorge, dass der Übernahme-Plan platzen könne, müsse man sich aber nicht machen, so GAG-Chef Uwe Eichner. „Es geht nicht mehr um die Frage, ob wir die Häuser übernehmen. Es geht nur darum, wann es passiert.“

Mitte des Jahres gab es grünes Licht

Nach der Auszählung der Oberbürgermeisterwahl herrschte Ernüchterung. Nur rund 1000 von über 6800 Wahlberechtigten hatten in Chorweiler abgestimmt. Unter 15 Prozent Wahlbeteiligung – das war absoluter Minusrekord. Vor allem in der SPD war die Enttäuschung groß: 480 Wahlberechtigte hatten für Jochen Ott gestimmt – ein magerer Lohn für sein Engagement, hieß es im Rathaus. Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) hatte die Rettung der zwangsverwalteten Häuser schon 2009 zum Wahlkampfthema gemacht. Ott war als Wohnungspolitiker im Landtag und GAG-Aufsichtsratschef an allen Planungen beteiligt, hatte den offenen Konflikt mit den sogenannten „Heuschrecken“ in Finkenberg und Chorweiler gesucht. Die Hoffnung, dass sich der Wähler dafür bedanken könnte, wurde nicht erfüllt. Auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte sich für das Rettungspaket in Chorweiler starkgemacht. Sie bekam 324 Stimmen. Die Schwäche der Großen bei niedriger Wahlbeteiligung sorgt dafür, dass Rechtspopulisten hier stärker aussehen als im Rest der Stadt: Über 10,5 Prozent wählten AfD und Republikaner. Stadtweit waren es 4,5 Prozent.

Alles zum Thema Jochen Ott

„Die Wahrnehmung der Menschen im Stadtteil ist eine völlig andere als die der Politiker im Rathaus“, sagt ein Sozialarbeiter in Chorweiler. Solange kein Baugerüst stehe, glaube man den Ankündigungen nicht. Die Menschen fühlten sich eher in ihrer Überzeugung bestätigt, dass man sich nicht um sie kümmere. „Aus Sicht der Leute wird viel geredet, aber nichts getan.“

Der Stadtrat hat beschlossen, der GAG bei der Übernahme der Hochhäuser durch einen sogenannten Betrauungsakt zu helfen. Das Unternehmen bekommt zehn Jahre lang einen jährlichen Zuschuss von rund 3,2 Millionen Euro für die „Instandsetzung und soziale Stabilisierung des Quartiers“. Ohne diese Subvention wäre das Engagement der GAG in Chorweiler wirtschaftlich nicht darstellbar. (fra)

Seit Jahren arbeiten Stadt und GAG an dem Plan, um ein bundesweit viel beachtetes Projekt umsetzen zu können. Köln will in einem konkreten Fall zeigen, welchen Beitrag eine Kommune zur Entwicklung von Hochhaussiedlungen leisten kann. Das städtische Wohnungsunternehmen soll die sanierungsbedürftigen Häuser übernehmen, die den Stadtteil regelrecht erdrücken und seit Jahren unter Zwangsverwaltung stehen. Nach Debatten in den Fraktionen und im GAG-Aufsichtsrat gab der Stadtrat im Juni grünes Licht für eine Millionensubvention.

Zwangsversteigerung droht

Nun, fünf Monate später, sind die Verträge immer noch nicht unter Dach und Fach. Teil des komplizierten Geschäfts mit vielen Partnern ist, dass die GAG mit allen Gläubigern aus dem Insolvenzverfahren Einigungen über Abfindungen erzielt. Danach kann sie die Immobilien vom Insolvenzverwalter für den symbolischen Preis von einem Euro kaufen.

Tatsächlich gelangen Vereinbarungen mit privaten Unternehmen wie der häufig von Experten als „Heuschrecke“ kritisierten Thalos-Gruppe oder der zunächst wenig kooperationsbereiten NRW-Bank, die mit zweistelligen Millionenbeträgen im Grundbuch stehen.

Übrig blieb nach vielen Gesprächen und Verhandlungen die vergleichsweise überschaubare Forderung von einer Million Euro. Schuldner ist nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ die Tochter der Ex-Besitzerin Marietta Bergstedt.

GAG droht Bergstedt

Wie es heißt, soll sich die GAG bereits vor dem Ratsbeschluss im Juni mit Bergstedt einig gewesen sein. Nach dem Beschluss seien dann neue Forderungen gestellt worden – offensichtlich in der Hoffnung, den Zeitdruck der GAG auszunutzen. So hätten Bergstedt und ihre Tochter aus der im Grundbuch eingetragenen Schuld von einer Million Euro fünf Millionen machen wollen.

Die GAG will nicht zahlen und droht nun damit, die Zwangsversteigerung, die sie selbst mehrfach verhindert hat, doch noch zuzulassen. Dann gingen die Bergstedts möglicherweise ganz leer aus. Da die GAG bis dahin die Schulden aller großen Gläubiger übernommen hat, bestehe keine Gefahr, dass ein anderes Unternehmen mit nennenswerten Geboten in die Versteigerung geht.

Allerdings würde ein neues Zwangsversteigerungsverfahren zu weiteren Verzögerungen führen. Zuletzt war man bei der GAG davon ausgegangen, die Häuser zum 1. Januar 2016 übernehmen zu können. Selbst wenn Bergstedt doch noch einlenkt, scheint der Termin nicht mehr zu halten.