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Museum SchnütgenSonderführung mit Barbara Schock-Werner zu gewinnen

Lesezeit 4 Minuten
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Das Christuskind aus Elfenbein

  1. Die beeindruckende Sammlung des Museum Schnütgen ist um ein Ausstellungsstück reicher: ein segnendes Christuskind aus Elfenbein.
  2. Die ungefähr fingerlange Figur ist in Süddeutschland an der Wende zur Renaissance entstanden. Vorläufig hat das Museum sie auf den Anfang des 16. Jahrhunderts datiert.
  3. Eine Einladung zur nachweihnachtlichen Weihnachts-Betrachtung von Barbara Schock-Werner.

Köln – Weihnachten dauert länger als nur bis zum zweiten Feiertag. Das möchte ich dieses Jahr nicht einfach bloß behaupten, sondern praktizieren. Deswegen schlage ich Ihnen vor, sich in den ruhigen Tagen zwischen den Jahren oder auch noch danach doch einmal die vielfältigen Darstellungen im Museum Schnütgen anzusehen, die mit dem Geburtsfest Christi zu tun haben. Eine Einladung zur nachweihnachtlichen Weihnachts-Betrachtung, so möchte ich das mal nennen.

Einen konkreten Anlass dafür gibt es auch: Neu in der Sammlung des Schnütgen ist ein segnendes Christuskind aus Elfenbein – so entzückend, wie ich selten eines gesehen habe. Die ungefähr fingerlange Figur ist in Süddeutschland an der Wende zur Renaissance entstanden. Vorläufig hat das Museum sie auf den Anfang des 16. Jahrhunderts datiert. Für die genauere Bestimmung werde aber noch ein bisschen Spurensuche notwendig sein, sagt die stellvertretende Direktorin Manuela Beer. Nach ihrer Einschätzung war die Figur ein privater Andachtsgegenstand, hatte aber wegen des wertvollen Materials und der sorgfältigen Gestaltung zudem den Charakter eines Kunstkammer-Objekts, das man auch für seine besondere Kunstfertigkeit bewunderte. Einfachere, preisgünstigere Varianten waren aus Pfeifenton für den breiteren Markt gefertigt. Christkind-Figuren wurden nämlich gern zu Neujahr verschenkt. Oder man gab sie jungen Novizinnen beim Eintritt ins Kloster mit. Das waren dann aber meistens größere, bisweilen annähernd lebensgroße Exemplare. Ich will jetzt nicht sagen, als Ersatz für die Kinder, die die künftigen Nonnen nie bekommen würden.

Sonderführung

Ausgewählte Weihnachtsdarstellungen aus der Sammlung des Museum Schnütgen zeigt Barbara Schock-Werner Leserinnen und Lesern des „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Samstag, 28. Dezember, um 15 Uhr und noch einmal um 16.30 Uhr. Die Zahl der Teilnehmer an den Sonderführungen ist auf jeweils 30 beschränkt.

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Für die Teilnahme senden Sie eine Mail an folgende Adresse: gewinner-koeln@dumont.de

Einsendeschluss ist Freitag, 20. Dezember. Bitte geben Sie an, ob Sie allein oder in Begleitung (maximal eine Person) kommen und welchen der beiden Termine Sie wahrnehmen möchten. Sollten sich mehr Interessenten melden, als Plätze vorhanden sind, entscheidet das Los.

Die Gewinner werden per Mail informiert. Bitte drucken Sie die Mail aus und bringen Sie sie mit. Nur die Vorlage der Benachrichtigung berechtigt zur Teilnahme. Die Führung ist kostenlos. Der Eintrittspreis für das Museum beträgt 6 Euro (ermäßigt 3,50). Karten an der Museumskasse. (jf)

www.museum-schnuetgen.de

Das Elfenbein-Christkind im Schnütgen ist farbig gefasst, was den weißen Hautton des Materials noch besser in Szene setzt. Auffallend sind die leichten Schlitzaugen. Ein gemaltes Halskettchen mit Anhänger erinnert an den Brauch, größeren Christkind-Figuren einen Rosenkranz umzuhängen.

Ungewöhnlich ist auch, dass der Künstler die Statuette nicht – wie sonst üblich – auf eine Grasnarbe gestellt hat, sondern auf ein Prunkkissen. Ich musste spontan an das „Balance Pad“ denken, das ich mir auf Ratschlag meines Physiotherapeuten für gymnastische Übungen gekauft habe. Das Jesuskind auf seinem Kissen bewegt sich allerdings wesentlich graziler als ich. Die Beinstellung, den Kontrapost, findet man bei vielen Standbildern seit der griechischen Antike.

Christkind als Weihnachtsgeschenk

Das Figürchen stammt aus Privatbesitz: Das Ehepaar Inge und Manfred Schubert aus dem Schnütgen-Freundeskreis hat es voriges Jahr bei Lempertz ersteigert und dem Museum jetzt zukommen lassen. Das Christkind als Weihnachtsgeschenk. Ist das nicht schön?

Ebenfalls im vergangenen Jahr neu erworben hat das Museum eine hinreißend schöne Verkündigungs-Szene vom Anfang des 15. Jahrhunderts. Der Besuch des Engels Gabriel bei der Jungfrau Maria mit der Ankündigung von Schwangerschaft und Geburt ist ja sozusagen die Voraussetzung für Weihnachten, passt also zum Thema. Maria und der Engel erscheinen jeweils in einer Vierpass-Maßwerkform. Diese und die Figuren sind aus Marmor gearbeitet, alabasterfarben bemalt und vergoldet. Allein diese Stücke, wenn Sie sie noch nicht gesehen haben, lohnen den Besuch. Ich habe sie mir selber auch erst vor wenigen Wochen zum ersten Mal angeschaut. Dass Werke von solcher Qualität heute überhaupt noch zu bekommen sind und ins Museum gelangen, grenzt an ein Wunder.

Zu den Objekten, die Sie sich ebenfalls unbedingt anschauen sollten, gehört die Christkind-Wiege aus dem 14. Jahrhundert in einer Vitrine gleich neben dem Elfenbein-Jesus. Es handelt sich um eines der frühesten bekannten Beispiele solcher Wiegen, die in Frauenklöstern sehr gebräuchlich waren. An Weihnachten betteten die Nonnen eine Figur des Christkinds dort hinein, sangen ihm Wiegenlieder und schaukelten es die ganze Nacht hindurch. Aus dem 16. Jahrhundert ist überliefert, dass solche Wiegen auch in Kölner Bürgerhaushalten standen, wo die Familien dann zu Weihnachten darum herum tanzten.

Die Christkind-Wiege im Schnütgen macht den Kunsthistorikern Kopfzerbrechen wegen der Kopfbilder an den beiden Langseiten. Die erstaunlichste Theorie lautet, die Porträts seien eine Anspielung auf ein Männerkloster in der Nachbarschaft des Nonnenkonvents, das mit diesem durch einen unterirdischen Gang verbunden gewesen sei. Da können Sie sich jetzt selber überlegen, was das wohl zu bedeuten hatte...

Aber um Sie nicht auf allzu unfromme Gedanken zu bringen, empfehle ich Ihnen für den Rundgang im Schnütgen zu guter letzt die prächtige, vor lauter Erzählfreude schier berstende neapolitanische Krippe. Danach ist Ihnen dann bestimmt nach „O du fröhliche“ zumute.

Aufgezeichnet von Joachim Frank